Unheilbarer Brustkrebs: Zwei Patientinnen berichten von ihren Erfahrungen mit Naturheilmethoden.
Brustzentrum in Köln-HohenlindWenn Akupunktur die Lebensqualität steigert
Leises Vogelgezwitscher ist zu hören, und es duftet nach Tannennadeln. Wer die Augen schließt, könnte beinahe vergessen, dass dies kein echter Wald ist, sondern der Flur vor der ambulanten Chemotherapie im Brustzentrum des St. Elisabeth-Krankenhaus in Hohenlind. Neben den Wald-Fotografien und den Birkenstämmen an der Wand wartet Simone Schaumburg auf ihre Behandlung. Alle vier Wochen auf eine Knochenspritze, jeden Donnerstag auf ihre Akupunktur.
Ein Wundermittel gegen Krebs gibt es nicht, das weiß auch Simone Schaumburg. Neun Monate lang, so kann man es nachlesen, versuchte Apple-Gründer Steve Jobs seine Krebserkrankung nur mit Fruchtsäften und Akupunktur zu heilen. Er scheiterte. Dass Naturheilkunde neben der Schulmedizin jedoch längst eine wichtige Säule in der integrativen Onkologie geworden ist, ist unumstritten.
Wichtige Säule in der integrativen Onkologie
Die Nadeln in Simone Schaumburgs Ohr haben alle eine eigene Funktion: Eine Nadel ist gegen Verdauungsbeschwerden, eine weitere gegen Gelenkschmerzen, eine dritte gegen Schlafstörungen. Es sind alles Nebenwirkungen der Krebstherapie, mit denen Simone Schaumburg wie Millionen andere Patientinnen und Patienten leben muss. Mit der wöchentlichen Ohrakupunktur im St. Elisabeth-Krankenhaus sind sie weniger geworden - mit Akupressur, Mistel-Therapie und Leberwickeln fast verschwunden. „Ich bin wirklich schwer begeistert. Mir hilft das ungemein“, sagt die 55-Jährige.
Als Simone Schaumburg wenige Monate nach der Geburt ihrer Tochter wegen eines Knotens in der Brust zum Arzt ging, ahnte sie noch nicht, was dann folgen sollte: Antihormontherapie, Chemotherapie und Bestrahlung. „Das volle Programm. Und mein Kind war im Maxicosi immer dabei“, erinnert sich die 55-Jährige. Schon damals schwört sie auf Naturheilkunde. Sie bestellte, ermutigt von ihrer Frauenärztin, Algen-Tabletten in den USA und spritzte sich Extrakte aus der Mistelpflanze - aber nur heimlich, denn der Chefarzt in der Leverkusener Klinik, in der sie sich damals behandeln ließ, konnte mit Naturheilkunde nichts anfangen.
21 Jahre sind seitdem vergangen. Zuerst verschwand der Krebs, 2020 kam er mit den Wechseljahren mit voller Wucht zurück und bildete Metastasen. Heute kann sich Schaumburg die Therapie im Krankenhaus ohne die Naturheilkunde nicht mehr vorstellen. Seit fünf Jahren wird die integrative Onkologie in Hohenlind praktiziert. „Wir kombinieren das Beste aus der onkologischen Behandlung und evidenzbasierter Naturheilkunde“, erklärt Dr. Susanne Brandner, Oberärztin in der Ambulanz für medikamentöse Tumortherapien.
In Hohenlind werden vor allem Patientinnen beraten, die an Brustkrebs erkrankt sind. Mehr als 80 Prozent von ihnen nehmen das Angebot in Anspruch. In der Beratung geht es in erster Linie um die Hilfe zur Selbsthilfe, etliche Seminare werden angeboten, in denen gezeigt wird, wie zum Beispiel Wickel, Düfte oder Akupressur helfen können, aber auch welche Rolle die Ernährung bei der Behandlung spielt.
Auf seriöse Angebote achten
„Die verschiedenen Verfahren lindern die Nebenwirkungen einer Therapie und fördern so die Lebensqualität“, erklärt Dr. Susanne Brandner. Wenn dadurch das Wohlbefinden und die Lebensqualität steige, verbessere sich auch die Prognose für die einzelnen Patientinnen. Wichtig sei es jedoch, bei Verfahren der Naturheilkunde auf seriöse Anbieter zu vertrauen, so Brandner. Da es auch Wechselwirkungen geben könne, sollte darauf geachtet werden, dass die Therapie immer individuell auf den zu Behandelnden zugeschnitten ist.
Sie selbst bietet die Ohrakupunktur in Hohenlind an, rund 500 Patienten hatte sie im vergangenen Jahr. „Über das Ohr kann man den ganzen Körper erreichen. Dazu wird auch die Datenlage immer besser“, so die Medizinerin, die sich bereits seit ihrem Studium in Naturheilkunde weiterbildet. „Wenn ich eine Pause von der Akupunktur mache, merke ich das“, sagt Simone Schaumburg. Im Wald-Flur lernte sie eine Mitpatientin kennen, die ebenfalls in Dr. Brandners wöchentliche Sprechstunde geht. Wer fragt, was die beiden verbindet, bekommt nicht die Antwort „Brustkrebs“. Es ist die Liebe zur Nordsee. Die 62-jährige Kölnerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, bekam nach einem Urlaub auf ihrer Lieblingsinsel Sylt hohes Fieber. Der Arzt stellte fest, dass sich bereits im ganzen Körper Metastasen gebildet hatten. „Ich bin als palliativ eingestuft worden“, sagt die 62-Jährige. „Neben der Chemotherapie mit der Naturheilkunde zu beginnen, was das Beste, was ich gemacht habe. Ich habe kaum Nebenwirkungen und meine Lebensqualität ist hoch.“
Übelkeit, Unsicherheit, Schwindel, Schlafmangel. „Frau Dr. Brandner sieht das an meinem Ohr auf den ersten Blick, ohne dass ich es anspreche“, so die 62-Jährige. Jahrelange Übung sei das Geheimnis, sagt die Ärztin darauf bescheiden. Sie versteht sich besonders darauf, die Patientinnen so anzuleiten, dass sie zuhause selbst Behandlungen vornehmen können. „Alleine zu wissen, dass ein Lavendelöl mich beruhigt, oder ich bestimmte Akupressurpunkte stimulieren kann, sorgt oft für Besserung“, so Brandner. „Die Patientinnen kommen dadurch wieder in die Aktivität. Das ist gerade bei einer Erkrankung, die uns so passiv werden lässt, so ungemein wichtig.“ Die Stärkung der Selbstwirksamkeit und des Körpergefühls wirke sich positiv auf die mentale Gesundheit aus - und somit wieder auf den kompletten Körper.
5. Hohenlinder Onkologietag
Am Mittwoch, 6. November, findet der 5. Hohenlinder Onkologietag zum Thema „Mehr Lebensqualität mit Naturheilkunde“ statt. Es erwarten Sie verschiedene Vorträge zum Thema sowie Raum für einen gemeinsamen Austausch und die Kontaktaufnahme mit unseren kooperierenden Selbsthilfegruppen.
Beginn ist um 16 Uhr in der Caritas-Akademie Hohenlind innerhalb des Krankenhauses, um 17 Uhr beginnen die Vorträge. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, der Eintritt ist frei.