AboAbonnieren

Aus für FamilienbetriebLetzte Metzgerei in Köln-Weiden nach 83 Jahren geschlossen

Lesezeit 3 Minuten
fullsizeoutput_13b8

An der Aachener Straße 1264 gibt es keine Fleisch- und Wurstwaren mehr. 

Weiden – Zu Weihnachten gab es Geschenke und Tränen. Viele Stammkunden schauten noch ein letztes Mal bei der Metzgerei Egon Meyer an der Aachener Straße vorbei, um sich mit Fleisch und Wurst einzudecken, selbstgebackene Plätzchen und Stollen vorbeizubringen. Einige weinten. Denn der Einkauf war zugleich ein Abschied. Ralf und Rosemarie Meyer, die das Geschäft in dritter Generation betrieben, haben es geschlossen. Damit hat der letzte Metzger in Weiden dicht gemacht. Einer der wenigen noch verbliebenen Einzelhändler im Viertel ist verschwunden.

Krankheiten schwächten das kleine Team

Über Kundenmangel konnte sich Meyer nicht beklagen. Es fehlte ein Nachfolger und Personal. „Wir wollten eigentlich noch ein paar Jahre weitermachen“, erzählt Ralf Meyer. „Doch dann ist unser Geselle schwer krank geworden. Meine Frau hatte vergangenes Jahr eine Operation an der Hand und fiel einige Monate aus“, so der knapp 60-Jährige. „Wir mussten den Laden zu zweit stemmen und haben gemerkt, dass wir das einfach nicht mehr schaffen.“

Meyers produzierten und verkauften nicht nur Fleischwaren, sondern waren auch als Caterer unterwegs. Der Stress wurde zu groß für die kleine Crew. Neues Personal konnten sie nicht finden, Auszubildende erst recht nicht. „Unser Gewerk ist bei den jungen Leuten einfach nicht mehr so beliebt“, schildert Meyer, „ebenso wie andere Handwerke. Heute finden viele Betriebe keinen Nachwuchs mehr. Die jungen Leute wollen lieber studieren.“ Wenn Bewerbungen von Jugendlichen für einen Ausbildungsplatz kamen, waren es oft Verzweiflungstaten. Nach zwei, drei Monaten schmissen sie hin.

Meyer+3

Ralf Meyer mit seinen Spezialitäten 

Als der Metzgermeister Kollegen befragte, ob sie vielleicht jemanden kennen, der in seinem Betrieb arbeiten wolle, wurde er nur ausgelacht. „Wir suchen doch alle selbst Leute“, hätten sie geantwortet. Meyer bedauert das vorzeitige Ende seiner Berufszeit: „Das Metzgerhandwerk ist ein schöner Beruf und sehr kreativ“, betont er. Die Meyers kreierten gerne Spezialitäten wie den mageren Bauernschinken oder die Mischung aus Mettwurst und „Pfeffersack“ mit der mediterranen Gewürzmischung.

Familienbetrieb seit 1938 in Köln

Meyers Großvater hatte den Betrieb 1938 gegründet. Vater Egon übernahm ihn im Jahr 1970. Sohn Ralf stieß 1982 dazu. Später betrieb die Familie noch eine Filiale in Brauweiler. Doch dann eröffneten in Widdersdorf große Edeka- und Aldi-Filialen. Die Kunden machten sich nicht mehr die Mühe, extra zum Metzger zu gehen. Die Meyers schlossen das Geschäft wieder. Nun folgt das Stammhaus. Ralf Meyer versucht die Kunden zu trösten, empfiehlt die Metzgerei Paar in Frechen-Königsdorf, an deren Inhaber er einige Rezepte weitergab.

Das könnte Sie auch interessieren:

Doch Weiden muss auf einen weiteren Laden verzichten. „Früher war die Bahnstraße hier im Viertel die Einkaufsmeile“, erzählt Meyer. „Dort gab es zahlreiche kleine Geschäfte.“ Dann kam das Rhein-Center und später die bequeme Alternative online einzukaufen. Im Schatten des riesigen Einkaufstempels machten immer mehr Läden dicht.

Tochter und Enkel ziehen ein

Dort zogen vor allem Filialen großer Ketten ein. Kleine Geschäfte, in denen die Menschen ihren täglichen Bedarf decken, sind in Weiden kaum mehr zu finden. Wo bislang Ralf und Rosemarie Meyer Fleischwaren produzierten und verkauften, zieht nun ihre Tochter ein. Das Metzgerpaar hat Drillinge, die im Jahr 2000 zusammen das Kinderdreigestirn im Kölner Westen bildeten, und vier Enkelkinder. Einige davon werden im ehemaligen Fleischereibetrieb spielen. Die Räume sind bereits umgebaut. Für das Viertel wünscht Meyer sich, dass die Anwohner bald wieder einige schöne kleine Läden vor der eigenen Haustür finden.