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„Limelight“ ist gerettetFamilienrestaurant im Truppenkino

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Köln – Es sah so aus, als drohe dem ehemaligen Kino der belgischen Streitkräfte in Junkersdorf dasselbe Schicksal wie der benachbarten Holzkirche. Jahrelanger Leerstand, dann Abbruch. Doch hinter den schmalen Fenstern des denkmalgeschützten Gebäudes aus den 1950er Jahren tut sich was: Drei Investoren ziehen dort mit einer Gastronomie-Idee ein, die maßgeschneidert für das Stadtwaldviertel mit seinen vielen Familien ist. Schon der Name des Familienrestaurants „The Kidchen“ spielt mit dem, was künftig im Mittelpunkt steht: Kinder und Küche.

Das Hauptquartier der belgischen Streitkräfte hatte 1948 seinen Sitz zunächst im Bonner Palais Schaumburg. Als Bonn vorläufiger Regierungssitz wurde, zogen die Belgier in die Kaserne Haelen, die ehemalige Etzel-Kaserne, nach Junkersdorf um.

Neben den alten Mannschaftsgebäuden wurden Reihenhäuser, frei stehende Offiziershäuser, ein Kino und eine Holzkirche gebaut. Im Dezember 1996 verließen die belgischen Streitkräfte das „Quartier Haelen“.

2000 schuf der Rat mit dem Bebauungsplan „Konversion Kaserne Haelen/Wohnen am Stadtwald in Junkersdorf“ die Grundlage für die Umwandlung der Militärbrache in ein Zuzugsgebiet. Zwischen den alten Belgierhäusern wurde stark nachverdichtet. Kultureller Treffpunkt und einziges Kneipenangebot war bis zu seiner Schließung das „Limelight“ im belgischen Kino. (koe)

Herz des Projekts ist die große Spiellandschaft, für die der ehemalige Kino- und Veranstaltungssaal reichlich Platz bietet. Durch einen überdimensionalen Kühlschrank können die Kinder in einen Parcours aus Küchengeräten klettern. Käsereibe, Backofen, Zitronenpresse und Waage wirken wie die Filmkulisse für eine Mischung aus „Alice im Wunderland“ und „Ratatouille“. Auf der abgestuften Zuschauertribüne haben die Eltern beim Essen die Kinder im Blick.

Das rote Deckensegel und die dazu passende plüschige Wandbespannung bleiben erhalten, ebenso wie die Bühne. Hier standen schon Stars wie Robbie Williams und Bon Jovi, als nach den Belgiern der Club „Limelight“ einzog. Unter dessen Regie erlebte das Gebäude rauschende Partys und glanzvolle kulturelle Veranstaltungen, aber auch schwarze Stunden mit Insolvenz und Zwangsschließung.

Lärm-Beschwerden aus der Nachbarschaft und ein sehr komplizierter Rechtsstreit um Baugenehmigungen beschäftigten die Gerichte und führten vor gut zwei Jahren zum endgültigen Aus für das „Limelight“ als Veranstaltungsort. Der Bau schien nicht mehr zu nutzen, Abriss und Wohnbebauung die einzige Alternative.

„Wir haben alle kleine Kinder gehabt und festgestellt, dass es sehr schwierig ist, mit Kindern essen zu gehen“, sagt Jochen Berger über die Grundidee der Investoren. Sie schauten sich Familienkonzepte ausländischer Hotelanlagen an und entwarfen ein Konzept, bei dem die Kinder genauso ernst genommen werden wie die Erwachsenen. Als Standort erschien ihnen einer der kinderreichsten Stadtteile Kölns ideal.

Innenarchitekt Benjamin von Pidoll hatte die Aufgabe, die neuen Ideen mit dem denkmalgeschützten Bestand zu verbinden. So werden die Garderobennischen des Kino-Foyers zu Kinderwagenparkplatz und Stillbereich. Alle Einbauten lassen sich auch wieder ausbauen. „Es ist ein Wahnsinnsgebäude mit einer offenen Struktur und tollen Fluchten“, schwärmt der Architekt.

Dem Ruhebedürfnis der Nachbarschaft trägt eine neue Schallschutzmauer am Parkplatz Rechnung, der Außenbereich schließt um 21.30 Uhr. Neuen Ärger fürchten die Investoren nicht. „Nach den Konzerten gingen 1000 Leute gleichzeitig nach Hause. Davon sind wir weit entfernt. Es wird ein stetiges, nicht zu spätes Gehen der Gäste“, sagt Berger. Geplant ist ein Ganztagsbetrieb. Nach der Eröffnung im Frühjahr 2015 sollen junge Eltern zum Frühstück kommen, Berufstätige aus der Umgebung zum Business-Lunch und Familien zum Abendessen.

Die Speisekarte des Restaurants und ihre Preise sind ein Spiegelbild der umliegenden Belgierhäuser, die längst keine einheitliche Siedlung mehr sind. Es gibt bodenständig renovierte Reihenhäuser mit Sonnenblumen und Bänkchen im Vorgarten und monumentale neue „Bauhaus-Villen“, auf deren Klingelschildern auch prominente Namen stehen. Im Restaurant trifft kölsches Flönz-Risotto auf Prime Steak vom Grill.

Betriebsleiter Thorsten Horrmann und Küchenchef Jens Dannenfeld haben Erfahrung in der Sternegastronie, doch bei Kindern als Gästen zählt nicht nur kulinarische Raffinesse, sondern auch der pädagogische Auftrag. „Spargel und Erdbeeren wird es im Winter nicht geben. Die Kinder sollen sehen, was gerade Saison hat“, erklärt Dannenfeld. Auch das passt zu einem Denkmal der 50er.