FDP-Ratsmann Ralph Sterck will den Fraktionsvorsitz abgeben und den obersten Listenplatz für einen neuen Kandidaten freimachen.
Kommunalwahl 2025Ralph Sterck macht bei der FDP Platz für eine neue Nummer eins
Ralph Sterck (58) ist seit 1999 für die Kölner Liberalen Mitglied des Stadtrats und Vorsitzender der Fraktion. Er kandidierte für die FDP auch mehrmals als Oberbürgermeister. Nach 25 Jahren will er zur Kommunalwahl 2025 nicht kürzer treten, aber Verantwortung weitergeben. Das Gespräch führte Moritz Rohlinger.
Herr Sterck, treten Sie bei der nächsten Kommunalwahl erneut als OB-Kandidat für die FDP an?
Nein. Wir treten mit einer neuen Oberbürgermeisterkandidatin oder einem neuen -kandidaten an. Zurzeit tagt eine Findungskommission, die sich um diese Frage und auch um die Besetzung unserer Ratsliste kümmert. Das wird bald auch spruchreif, weil wir am 21. September unsere Wahlversammlung haben.
Was bedeutet das für die Ratsliste der Liberalen?
Die Kandidatin oder der Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters müsste natürlich auf Platz eins sein. Für den Fall, dass sie oder er nicht zum Oberbürgermeister gewählt wird, muss man ja sagen, dass das, was sie oder er nicht als OB realisieren kann, macht sie oder er im Grunde im Stadtrat von der parlamentarischen Seite aus. Von daher werde ich auch auf der Liste nach hinten rücken und den Platz eins frei machen.
Sie waren sehr lange auf Listenplatz eins der Kölner Liberalen.
Ja, in diesem Herbst sind es komplette 25 Jahre. Auch 25 Jahre Fraktionsvorsitz. Und auch da, um Ihrer Frage vielleicht vorweg zu greifen, ergibt eine Veränderung Sinn. Wir wählen alle zwei Jahre unseren Fraktionsvorstand. Das heißt, im Herbst stehen die turnusmäßigen Wahlen wieder an und ich werde nicht mehr kandidieren, sondern Volker Görzel als meinen Nachfolger vorschlagen.
Wie kommt es zur Entscheidung?
Die Oberbürgermeisterin hat freundlicherweise gewürdigt, dass Ulrich Breite und ich schon so lange in dieser Stadt Politik machen. Wir haben uns unter der Überschrift 25 Jahre ins Gästebuch der Stadt eintragen können. Wenn dann neue gute Leute in den Startlöchern stehen und ein personelles Gesamtangebot an die Kölner Wählerinnen und Wähler gemacht werden soll, macht die Entscheidung sicherlich Sinn.
Aber Sie werden der Kommunalpolitik nicht den Rücken kehren?
Nein, ich werde mich wieder für den Rat bewerben, zunächst bei meiner Partei, dann bei den Kölnerinnen und Kölnern und hoffe, dass ich das Mandat dafür kriege, weil ich noch eine ganze Menge weiter begleiten und umsetzen möchte von den Dingen, die ich in den letzten Jahren angestoßen habe.
Was meinen Sie konkret?
Der neue Stadtteil Kreuzfeld im Kölner Norden ist eine Initiative der FDP gewesen, genauso wie die Umwandlung des Deutzer Hafens. Dinge, mit denen wir im ersten und zweiten Anlauf im Rat gescheitert sind, die aber heute allgemein anerkannte Stadtentwicklungspolitik sind. Und wenn man so große Projekte begleiten kann, ist das eine große Ehre.
Die FDP schlägt vor, im Deutzer Hafen eine Immobilie für die Stadtverwaltung zu entwickeln. Wieso ist Ihnen das so wichtig?
Ich bin der Meinung, dass wir bei der Entwicklung des Deutzer Hafens jetzt in die Immobilienkrise kommen und dass die Investoren nicht mehr Schlange stehen. Aus meiner Sicht ist es eine gute Idee, wenn die Stadt Köln als Ankernutzer dort mit den Aufschlag macht. Bevor wir uns im Stadthaus weiter mit den sehr unglücklichen und unvorteilhaften Verträgen auseinandersetzen müssen, würde ich lieber mit der Stadtverwaltung in eine größere Immobilie in den Deutzer Hafen gehen. Wir haben das vor einem Jahr beantragt, jetzt haben wir schon das erste Jahr verloren. Und ich hoffe, dass sich die Ratsmehrheit besinnt und wir dort möglichst schnell mit einer Entwicklung einsteigen können.
Was sagen Sie denn zu der neuen Strategie der Stadt, wieder mehr in Eigentum zu investieren bei den Büroflächen?
Das ist der richtige Weg. Deswegen schlage ich das auch für den Hafen vor. Wir haben jetzt eine Alternative für das Ostgebäude des Stadthauses, für den Westteil haben wir noch keine Alternative. Wir sind da als Stadt Köln aus meiner Sicht erpressbar von den bisherigen Eigentümern. Ich hätte da lieber noch eine richtige Strategie von Seiten der Stadt, wie man mit den Liegenschaften umgeht. Ohne ist es halbherzig.
Zurück zur FDP: Sie haben mit Stefanie Ruffen eine stellvertretende Vorsitzende. Warum übernimmt sie den Vorsitz nicht?
Das haben wir einvernehmlich so verabredet. Über Stefanie Ruffen bin ich sehr glücklich, denn sie ist eine hervorragende Vorsitzende des Bauausschusses. Endlich ist dort mal eine Architektin, die von dem Thema entsprechend Ahnung hat.Sie wird sicherlich auch in der kommenden Fraktion auch eine herausragende Rolle spielen.
Und welche Rolle spielen Sie?
Ich würde mich gerne auf die Stadtentwicklung konzentrieren. Also man hat natürlich als Fraktionsvorsitzender alle möglichen, auch repräsentativen Aufgaben. Das kann nun jemand anders machen. Aber in Köln tut sich doch noch eine ganze Menge, auch wenn viele Dinge viel zu langsam laufen. Ich würde mich gern auf die Wettbewerbe und Bauentwicklungen konzentrieren. Genauso wie die Verkehrsfragen, die ich im Rat für unseren sachkundigen Bürger Christian Beese vertrete. Das nimmt zurzeit in Form der Ost-West-Achse breiten Raum in meinem Engagement ein. Da kümmere ich mich gerne drum und würde das auch gerne in der neuen Periode tun.
Apropos Ost-West-Achse: Die Kölner Liberalen haben sich mehrfach für den Tunnel ausgesprochen. In der Öffentlichkeit scheinen die Tunnelgegner mit Demonstrationen und Kundgebungen aber wesentlich präsenter als die Tunnelbefürworter. Woran liegt das?
Ja, da sind natürlich einige sehr Bewegte unterwegs, die den Kölnerinnen und Kölnern den Tunnel madig machen wollen. Ich fordere die Initiative der Wirtschaft ein, also dass IHK, Handwerkskammer, Kreishandwerkerschaft, Einzelhandelsverband und DEHOGA sich entsprechend engagieren für den Tunnel.
Wie nehmen Sie denn die Meinung der Kölnerinnen und Kölner wahr?
Bei den öffentlichen Äußerungen, die ich dazu mache, auch zum Beispiel bei Social Media, stelle ich fest, dass es da eine ziemlich große, schweigende Mehrheit pro U-Bahn gibt. Da bekomme ich viel mehr Zustimmung als gedacht. Viele genießen es in anderen Städten, wie da der ÖPNV funktioniert. Ich war letztes Wochenende in München und das ist einfach ein Traum, wie dort die entsprechenden Verkehrsmittel ineinander greifen. Da müssen wir hinkommen.
Aber wenn wir über drei Kilometer Tunnel mehr als zehn Jahre diskutieren und zwei Ratsperioden ohne Entscheidung verstreichen, wie diskutieren wir dann überhaupt über die Verkehrswende in Köln und über die langfristige große Strategie?
Die Grünen tragen in Köln seit 24 Jahren Verantwortung und sind Teil einer Mehrheit, mit einem Jahr Unterbrechung. Sie stellen den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses, sie stellen den Vorsitzenden des KVB-Aufsichtsrates, sie stellen den Verkehrsdezernenten. Und der ÖPNV in Köln ist ein Desaster. Sowohl was die aktuelle Situation angeht, kann keiner mit der Leistung der KVB zufrieden sein, aber auch was die Ausbaupläne angeht. Die Fördertöpfe bei Bund und Land sind voll und die Stadt Köln hat keine einzige Planung baureif in der Schublade. Das muss ich den Grünen schon ankreiden. Man kann nicht nur Politik gegen das Auto machen, sondern man muss sich dann um die Alternativen kümmern, um einen attraktiven, leistungsfähigen ÖPNV. Und das ist sträflich vernachlässigt worden in den letzten Jahren und Jahrzehnten.
Wie wichtig ist es, vor der nächsten Kommunalwahl eine Entscheidung zu dieser Ost-West-Achse zu treffen?
Extrem wichtig! Einmal, weil die Kölnerinnen und Kölner das verdient haben, dass der Rat sich mit der Sache entsprechend final beschäftigt. Es wäre nicht gut, das Thema dann wieder in den Wahlkampf zu ziehen und noch einmal entsprechend zu zerreden. SPD und Volt zaudern gerade ein bisschen. Zur letzten Wahl haben beide ein ganz klares Bekenntnis zum Tunnel formuliert. Sie sind auch von den Wählerinnen und Wählern dafür gewählt worden. Ich kann nicht verstehen, warum irgendwer zaudert, vor allem, weil die Rahmendaten für den Tunnel durch die aktuelle Planung ja besser geworden sind, als ich das selber erhofft hatte. Also mit dem Kosten-Nutzen-Faktor von 1,4 mit 20 von 30 erfüllten Kriterien im Gegensatz zur oberirdischen Lösung, die nur zehn Kriterien erfüllt. Ich bin selbst positiv überrascht von dieser Planung.
Bei der SPD hat man jedoch das Gefühl, dass sie sich alle Türen für die Wahl offenhalten will.
Die SPD hat vor sechs Jahren den Fehler gemacht, die Sachfrage der Ost-West-Achse mit Machtfragen zu verbinden. Damit ist sie im wahrsten Sinne des Wortes vor die Wand gefahren. Ich hoffe, dass sie draus gelernt hat und dass es jetzt wirklich um die Ost-West-Achse an sich geht anstatt darum, sich als der bessere Koalitionspartner nach der Wahl anzudienen. Eine so wichtige Frage hat es nicht verdient, in machtpolitische Grabenkämpfe hineingezogen zu werden.
Sie sprechen das Thema Macht an: Die Europawahl hat gezeigt, dass die Grünen stärkste Kraft in Köln sind, aber nicht mehr so stark wie zuvor. Die FDP hat sich auf 6,7 Prozent verbessert. Wie sehen Sie ihre Chancen für die nächste Wahl?
Wir sind aus der Europawahl gestärkt hervorgegangen. Unser Wahlkampf hat sich gelohnt. Man sieht, dass wir im Vergleich zum Bundesdurchschnitt erheblich besser abgeschnitten haben. Dass die Kölnerinnen und Kölner uns wahrgenommen haben, nehmen wir als Motivation für die Köln-Wahl mit. Ein sechstes oder siebtes Ratsmandat ist ein schönes Ziel.
Was muss ihrer Meinung nach der FDP-Kandidat oder die Kandidatin mitbringen?
Die Leute wollen heute Persönlichkeiten wählen, denen sie das Vertrauen schenken. Weil man eben Wahlprogramme nicht liest, weil politischen Zusammenhänge alle zu viel oder zu kompliziert sind. Deswegen will man eine Führungspersönlichkeit dort haben. Diese Karte hätte die Oberbürgermeisterin viel öfter spielen können. Sie aus meiner Sicht den Fehler gemacht, alles auf die Karte Verwaltungsreform zu setzen, von der man nach neun Jahren als Bürger nicht so richtig den Eindruck hat, man könnte irgendeine Verbesserung feststellen. Ich würde mich freuen, wenn der nächste Oberbürgermeister mehr für seine eigenen Themen kämpfen würde, als die Oberbürgermeisterin das in der Vergangenheit gemacht hat. Wenn sie Verfechterin einer U-Bahn-Lösung für die Ost-West-Achse ist, dann erwarte ich auch, dass sie auch auf einem grünen Parteitag diese Position vertritt. Ein OB muss für seine Themen auch entsprechend um Mehrheiten kämpfen.
Sie haben gesagt, die Kölnerinnen und Kölner wollen gerne Persönlichkeiten wählen. Sie haben ja auch schon mal als OB kandidiert. Warum machen Sie es jetzt nicht mehr?
Ich habe dreimal kandidiert. Die Kölner hatten also die Chance, mich zu wählen (lacht) und haben sich anders entschieden. Das ist okay. Jetzt soll es jemand anders aus Reihen der Liberalen machen.