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Kölsch-katalanische KrippeWenn sich der Hännesche fast in die Hose macht

Lesezeit 3 Minuten

Hier hockt das Hänneschen: Die Krippe im Buchladen Neusser Straße verbindet kölsche und katalanische Tradition.

Köln – Mit Jesus wurde Gott zum Menschen – und was ist menschlicher als vor Aufregung zur Toilette zu müssen? Die Katalanen haben das erkannt und setzen mit Begeisterung die Figur des „Caganer“ in ihre Krippen. In einer Krippe aus Barcelona, die in Köln zu sehen sind, übernimmt sogar das Hänneschen den Part des kleinen „Scheißerchens“.

„Die Krippe ist in Katalonien ganz wichtig“, erklärt Heike Keilhofer vom Städtepartnerschaftsverein Köln-Barcelona, die schon oft die Weihnachtstage dort verbracht hat. Und die wichtigste Figur in der Krippe ist der Caganer: ursprünglich ein Hirte, bei dem sich angesichts der Ehre, gleich dem Heiland zu begegnen, die Eingeweide melden. Er zieht sich hinter den Stall zurück, um sich zu erleichtern – lugt dabei aber immer noch um die Ecke, weil er nichts verpassen will.

Hoher Symbolwert

Partnerkrippen

Cluj-Napoca, die rumänische Partnerstadt, präsentiert beim Krippenweg seine Weihnachtstraditionen. So sind im Schaufenster des Bürgerbüros, Laurenzplatz 4, noch bis 6. Januar rumänische Ikonen zu sehen. Ikonen mit der Szene von Jesu Geburt sind der orthodoxen Kirche mehr verbreitet als figürliche Darstellungen. Das Besondere der rumänischen Ikonen gegenüber russischen oder griechischen ist die Technik der Glasmalerei.

Kyoto, die japanische Partnerstadt, gibt den Impuls für die Krippe bei den „Bücherwelten Ehrenfeld“: Ein japanischer Künstler fertigte sie als Origami-Kunstwerk.

Anmeldung für Führungen zum Krippenweg, auch noch am 2. Feiertag, gibt es unter koelner-krippenweg.de (sab)

Doch der Caganer, von Katalanisch „cagar“ für „kacken“, hat auch einen hohen Symbolwert: „Der kleine Scheißer, der hinter dem Stall sein Geschäft verrichtet, steht für Erneuerung, für den Kreislauf des Lebens“, sagt Heike Keilhofer. Gut gedüngt sollen die Felder eine reiche Ernte bringen. Der Caganer ist ein Glücksbringer und darf deshalb nicht fehlen. „Es ist ganz wichtig, den richtig aufzustellen.“

Mittlerweile werden oft Sportler oder Politiker als Caganer portraitiert: die Spieler vom FC Barcelona, der König oder auch Carles Puigdemont, der entmachtete Ministerpräsident.

Caganer in Köln zu sehen

Und: das Hänneschen. Als sich die Partnerstadt Barcelona vor einigen Jahren beim Kölner Krippenweg präsentierte, ließ der Verein Köln-Barcelona die kölsche Figur als Caganer produzieren. Zu sehen ist sie auch heute noch beim Krippenweg: Im Buchladen Neusser Straße, Station 66, hockt das Hänneschen etwas abseits von Maria, Josef und dem Jesuskind und – kackt.

Eine weitere Krippe aus Barcelona ist in der Kleinen Markthalle in Sülz zu sehen – ohne das Hänneschen, aber mit Caganer. Die Krippe ist in Katalonien wichtiger als der Weihnachtsbaum, erzählt Heike Keilhofer. Der käme erst seit kurzer Zeit in die Häuser und sei meist aus Plastik. Die Krippe dagegen ist überall präsent: Jedes Jahr zum Beispiel wird ein Künstler aufgefordert, vor dem Rathaus eine moderne Krippe zu gestalten. Was dabei herauskommt, gibt regelmäßig Anlass zu lebhaften Diskussionen unter den Besuchern. In diesem Jahr zum Beispiel stehen die Figuren von Maria oder Josef in einzelnen Kisten, Flucht und Vertreibung sollen thematisiert werden. „An dieser Krippe kommt man ins Gespräch“, beobachtet Keilhofer. Und das liegt in diesem Falle nicht am Caganer.