Kölns soziales GewissenSüdstadt-Pfarrer Hans Mörtter geht in Pension
Köln – Eine Ikone nimmt Abschied: Nach 40 Dienstjahren, davon 35 Jahre als Pfarrer der Lutherkirche in der Südstadt, geht Hans Mörtter (67) diese Woche in Pension. Am Sonntag, 4. September, feiert der evangelische Geistliche um 11.15 Uhr seinen Entpflichtungsgottesdienst als Gemeindepfarrer. Doch auch nach der offiziellen Verabschiedung in den Ruhestand werde es „nahtlos weitergehen mit all meinen Projekten, Planungen und Ideen“, versichert Mörtter.
Obdachlose, Geflüchtete, Kinderarmut – seine Hilfe war und ist notwendig
Seit seinem Dienstantritt in der Lutherkirche 1987 hat sich der gebürtige Bonner gemeinsam mit seinem katholischen Pendant in Vingst, Pfarrer Franz Meurer, zum sozialen Gewissen der Stadt entwickelt. Er setzt sich für Arme, Obdachlose und Geflüchtete ein, sammelt Spenden und unterstützt Initiativen wie den Vringstreff e. V. für wohnungslose Menschen. Auch der Kampf gegen Kinderarmut liegt Mörtter sehr am Herzen. Bei seiner „Weihnachtswunsch-Aktion“ organisiert er Geschenke für bedürftige Kinder, 2021 wurden so 545 Pänz Wünsche erfüllt.
Konflikte mit der Amtskirche nahm Mörtter stets gern in Kauf. 2017 schmolz er Playmobil-Figuren in Form von Martin Luther ein und kritisierte, die Kirche schweige dazu, wie viele Menschen in Afrika auf der Flucht sterben. „Ich höre auf, mache aber sofort mit neuer Energie weiter“, so der Südstadt-Pfarrer über seine Pläne.
Seine Projekte will Pfarrer Mörtter mit neuer Energie fortführen
Zu den wichtigsten Projekten, die er nun umsetzen möchte, gehört das „Sieben Sterne Haus“ – ein selbstverwaltetes Wohn- und Arbeitsprojekt von Wohnungslosen für Wohnen in Würde. „Wir planen das als Housing First und realisieren dafür einen Neubau“, erzählt Mörtter. Am 30. September lädt er in die Philharmonie ein, wo er bei „SOS – Save our souls“, einem Benefizkonzert für die Seenotretter von Sea-Watch, mit Wetterguru Karsten Schwanke über den Klimawandel sprechen wird. „Außerdem werde ich jetzt ein Buch über das Sterben schreiben. Früher bin ich nicht dazu gekommen“, erläutert Mörtter.
Im Oktober reist er nach Samos, will über die Lage der dort festsitzenden Geflüchteten aus Syrien berichten. Im Januar reist er nach Afrika, will dort Menschenrechtsverletzungen dokumentieren. Gottesdienste will er nur noch gelegentlich feiern, etwa an Weihnachten und Karneval. Auf seine bekannte Nubbel-Rede Karnevalsdienstag vor dem Südstadt-Lokal Filos werde er nicht verzichten, kündigt er an.
Da die Pfarrstelle aus finanziellen Gründen vorerst nicht nachbesetzt werde, würden künftig Laien „im freien Stil der Lutherkirche“ Gottesdienste, Taufen und Trauungen abhalten, so Mörtter. Seelsorge und Beerdigungen übernehmen die Geistlichen der Kartäuserkirche.