Kölns größter VermieterGAG präsentiert ihr neues Vorstandsmitglied
Köln – Anne Keilholz (54) muss an diesem Mittwoch für die Fotografen der Presse häufig auf Knopfdruck lächeln – dabei ist sie eigentlich vor allem eins: müde. Das hängt weniger mit ihrem neuen Job als neuem Vorstandsmitglied des Wohnungsbauunternehmens GAG zusammen, sie ist ja erst den vierten Tag da, als mit der Fußball-Europameisterschaft.
Keilholz ist aus Berlin ins Belgische Viertel gezogen, mittenrein nach Köln, in Nachbarschaft zu einem Italiener. Und, nun ja, das erfolgreiche Halbfinale der Italiener gegen Spanien am späten Dienstagabend hat für Krach im Viertel gesorgt, es ist spät geworden mit dem Einschlafen. Keilholz sagt zur Motivation für den neuen Job: „Ich freue mich auf die rheinische Frohnatur.“ Auch wenn das mal eine kurze Nacht bedeutet.
Weibliche Doppelspitze in Köln
Gemeinsam mit Kathrin Möller bildet sie die neue Doppelspitze der GAG, das Unternehmen ist mit knapp 45.000 Wohnungen Kölns größter Vermieter und gehört zu 88,24 Prozent der Stadt Köln gehört (siehe Info-Text). Die GAG ist damit ein Stück weit Teil des Politik-Betriebs, im Aufsichtsrat sitzen Mitglieder des Stadtrates und des Landtags wie der Vorsitzende Jochen Ott (SPD). Ott lobt Keilholz, sie habe sich bei der Auswahl „locker durchgesetzt“.
Zahlen und Fakten zur GAG
7,08 Euro pro Quadratmeter hat die durchschnittliche Quadratmetermiete in einer GAG-Wohnung im Jahr 2020 gekostet. Das ist laut GAG deutlich billiger als die 12,63 Euro, die der KSK-Immobilienbericht als Durchschnittsmiete in Köln angibt. Vorstandsmitglied Kathrin Möller sagte: „Wir sind die Mietpreisbremse der Stadt Köln.“ Der GAG-Auftrag ist nicht maximale Rendite, in der Satzung steht: „Gegenstand des Unternehmens ist die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit sicherem Wohnraum zu sozial angemessenen Bedingungen.“ Der GAG gehören Stand Ende 2020 nun 44 934 Wohnungen, jeder zehnte Kölner Mieter wohnt laut Möller bei der GAG.
26,43 Millionen Euro betrug der Bilanzgewinn 2020, laut GAG das zweitbeste Ergebnis der Geschichte – trotz Corona. Unter anderem liegt das zu einem sehr kleinen Teil daran, weil eine 900 000 Euro teure Sanierung in einem Seniorenheim wegen der Pandemie ausblieb. (mhe)
Auch andere Aufsichtsratsmitglieder bestätigen das, es hat ja zuletzt viel Knatsch gegeben um die Dezernentenwahlen der Stadtverwaltung, verbunden mit dem Vorwurf, die Kölner Politik habe mal wieder nach Parteibuch statt nach Eignung ausgewählt. Möller zumindest sagt auf die Frage, ob die GAG gute Leute bekommt, weil das Parteibuch weniger eine Rolle spielt: „Mit Sicherheit.“ Keilholz bestätigt, Mitglied keiner Partei zu sein: „Das ist so.“
Die vergangenen sieben Jahre hat Keilholz bei „Stadt und Land“ die Geschäfte geführt, es ist eine Wohnungsbaugesellschaft des Landes Berlin. Hört man sich in Berlin beispielsweise beim Mieterrat von „Stadt und Land“ um, hört man Lob für Keilholz, sie habe zugehört und sich gekümmert, wenn etwas anstand. Der Mieterrat vertritt die Interessen der Mieter. Vorher hat sie in New York, Frankfurt, Wiesbaden und Luxemburg gearbeitet – und jetzt eben Köln, ihr Abitur hat sie ganz in der Nähe in Brühl gemacht.
Rein formal folgt Keilholz auf Prokurist Ingo Frömbling, er hatte interimsmäßig für die Zeit übernommen, seit Ex-Vorstand Uwe Eichner Ende 2020 zum Wohnungskonzern Vivawest gewechselt war. Wie Eichner ist Keilholz für Personal und Finanzen zuständig. Am Mittwoch präsentiert sie sich leiser als Eichner, klar, der war seit 2007 dabei und ein Routinier, der eine Bilanzpressekonferenz auch teils schon mal wie ein Entertainer führen konnte. Eichner hatte den Vorsitz im zweiköpfigen Vorstand, das ist nun anders, Möller und Keilholz sind gleichberechtigt. Die Vorstandsjobs sind ja lukrativ, Eichner hat zuletzt 402.000 Euro im Jahr 2020 verdient, Möller 315.000 Euro.
Keilholz will die Herausforderungen meistern
Ihre Standpunkte macht Keilholz am Mittwoch aber klar, unter anderem, dass ihr in Berlin zuletzt die Rahmenbedingungen nicht mehr so ganz zusagten. Auf die Frage, ob sie den Mietendeckel meint, sagt sie: „Das war nicht die einzige Motivation.“ Ein Jobwechsel alle fünf bis sieben Jahre sei ganz gut sei, sie wolle gestalten – „und Herausforderungen gibt es viele“.
Es sind die Probleme, die fast alle Großstädte eint: Bauland finden und es bezahlen können, um darauf Wohnungen zu bauen – und zwar öffentlich geförderte Wohnungen mit gebundener Miete bei rund sieben Euro und nicht das nächste hochpreisige Wohnhaus. Für Forderungen ist am Mittwoch aber noch Möller zuständig, sie sagt: „Wir als GAG würden uns bei der Vergabe städtischer Grundstücke eine stärkere Berücksichtigung wünschen. Die Stadt hätte größere Spielräume, uns zu unterstützen.“