Kölnisches StadtmuseumSo wird sich das neue Interim in Köln präsentieren
Köln – „Ich bin ein Museum“, verkündet ein großes Transparent an der Minoritenstraße 13. Zwar ist der Eingang noch verschlossen, doch nach jahrelangem Leerstand tut sich was im ehemaligen Modehaus Franz Sauer, das 2016 seine Pforten schloss. Handwerker verlegen Kabel, Leitungen und neue Böden, richten den 80er-Jahre-Bau für seinen neuen Zweck her: In der zweiten Jahreshälfte 2022 wird hier das Kölnische Stadtmuseum sein Übergangsquartier eröffnen.
Viele Fragen werden gestellt
Große Aufkleber an der Glasfront deuten bereits an, wohin die Reise geht, wecken bei vorbeikommenden Passanten Neugier auf das, was hier in etwa einem Dreivierteljahr zu sehen sein wird: Woran glauben wir? Was lieben wir? Worauf hoffen wir? Diese und fünf weitere Fragen sind der Leitfaden, unter den die Kuratoren Stefan Lewejohann und Sascha Pries ihre Neukonzeption der Ausstellung gestellt haben. Man habe sich schnell gegen eine chronologische Erzählung entschieden, denn die sei am neuen Standort schon aus Platzgründen gar nicht möglich, sagt Pries.
Gemeinsam mit dem Gestaltungsbüro „neo.studio neumann schneider architekten“ aus Berlin wurde ein völlig neues Ausstellungskonzept erstellt, das auch den Besonderheiten des ehemaligen Kaufhauses Rechnung trägt. Im Mittelpunkt stehen acht emotionale Fragestellungen, unter denen man Verbindungen von der Gegenwart in verschiedene Epochen der mehr als 2000-jährigen Stadtgeschichte schaffen will.
Am Donnerstag stellte das Museumsteam erstmals Details und Visualisierungen des Konzepts vor. Die Herausforderung war groß: Im Zeughaus, wo das Stadtmuseum seit 1958 residierte, hatte man 5000 Objekte auf rund 2500 Quadratmetern gezeigt – von der Ritterrüstung bis zum Ford Taunus. Im Modehaus Sauer werden es künftig auf lediglich 750 Quadratmetern nur noch 550 Objekte sein – gut ein Zehntel der bisherigen Menge.
Aus der Not machte man eine Tugend. „Am neuen Standort werden wir ein ganz neues Kapitel aufschlagen“, kündigte die stellvertretende Museumsdirektorin Silvia Rückert an. Statt einer „lexikonartigen“ chronologischen Erzählung wolle man mit einem modernen Konzept an die Erfahrungswelten der Besucher anknüpfen. Geplant seien besondere Inszenierungen, ergänzt durch vielfältige digitale Angebote und taktil erfahrbare Objekte. So soll etwa eine Kopie einer Marmorbüste der Kölner Stadtgründerin Agrippina präsentiert werden, die mit den Fingern ertastet werden darf. Barrierefreiheit wird groß geschrieben – dank Aufzügen ist das Gebäude rollstuhlgerecht. Erläuterungstexte wird es auf Deutsch und Englisch geben, Angebote in leichter Sprache sowie für Sehbeeinträchtigte sind geplant.
Interim kostet 725.000 Euro Miete pro Jahr
1986 eröffnete der Neubau des Modehauses Sauer an der Minoritenstraße. 30 Jahre lang wurde dort hochwertige Damen- und Herrenbekleidung verkauft, 2016 war Schluss. Die Stadt Köln versuchte das Gebäude zu kaufen, bot 9,95 Millionen Euro, doch das reichte nicht. Eine Versorgungskasse erwarb das Objekt.
Die Kommune durfte nicht erheblich mehr als den Verkehrswert bezahlen. Sie hat das Gebäude 2019 für zehn Jahre gemietet, das kostet nach Rundschau-Informationen anfangs rund 725 000 Euro Miete pro Jahr. Hinzu kommen rund eine Million Euro Umzugskosten.
Nach einem Wasserschaden und Asbestfunden war die Dauerausstellung des Stadtmuseums im Zeughaus seit 2017 geschlossen. Das Interim im Modehaus Sauer sollte ursprünglich bereits 2020 starten, doch der erforderliche Umbau verzögerte sich mehrfach. Eine dauerhafte Heimat soll das Stadtmuseum in der geplanten „Historischen Mitte“ am Roncalliplatz finden. Zurzeit laufen dazu Vorplanungen, ein Baubeschluss könnte 2022 fallen. Mit der Fertigstellung und einem erneuten Umzug ist nicht vor 2029 zu rechnen. Völlig offen ist, was mit dem maroden denkmalgeschützten Zeughaus passiert. (fu)
„Wir wollen mit den Kölnerinnen und Kölnern ins Gespräch kommen“, fasst Kurator Lewejohann das Konzept zusammen, das „Überraschungseffekte und Aha-Erlebnisse“ bieten wolle. Die Ausstellung beginnt bereits mit Vitrinen im Foyer, das ohne Eintrittsgeld besucht werden kann. Im „Auftaktraum“ sind das Kölner Stadtmodell und Highlights der Stadtgeschichte zu sehen. In acht Frageräumen werden Objekte aus verschiedensten Epochen kombiniert. So geht es etwa bei „Was bewegt uns?“ um Fortbewegungsmittel, Migration und die Tradition der Kölner Umzüge. Bei „Woran glauben wir?“ stehen Religion und Ideologie, aber auch Geld und Fußball im Mittelpunkt.
Und wie entgeht man dabei der Gefahr, beliebig zu werden? „Wir gehen offen damit um, das Geschichte immer ein Konstrukt ist“, sagt Pries. Kölns neuer Kulturdezernent Stefan Charles zeigte sich begeistert. Das Interim werde „eine kleine Sensation“ und ein „Labor“, um Neues auszuprobieren.