Seit fünf Jahren wird die umgestaltete Kalker Stadtteilbibliothek sehr rege genutzt. Doch Direktorin Hannelore Vogt und ihr Team haben noch kühnere Ideen.
Kölner StadtteilbibliothekenErfolgsbilanz und spannenden Pläne
Die Arbeitskojen, in denen Jugendliche zusammen lernen, sind am Nachmittag fast immer voll besetzt, die gemütlichen Lesesessel sehr beliebt, und auf dem Riesenkaninchen können sich die Kalker Kinder auch dann zum Lesen einkuscheln, wenn das Personal nicht da ist. Vor fünf Jahren wurde die Kalker Stadtteilbibliothek als sogenannter „Dritter Ort“ wiedereröffnet – heute ist sie die meistbesuchte Stadtteilbibliothek in Köln. Und ein deutschlandweit bekanntes Erfolgsprojekt.
Neben der großen Aufenthaltsqualität der Bibliothek, einem Ort, an dem Begegnung, Lernen oder Lesen ohne Konsumzwang möglich sind, hat sich auch die Ausweitung der Öffnungszeiten bewährt. Nach dem Konzept der Open Library kann sie von Mitgliedern auch dann genutzt werden, wenn kein Servicepersonal vor Ort ist. Beschädigungen oder Diebstähle gab es seit der Eröffnung keine.
Stattdessen freut sich Hannelore Vogt, Direktorin der Stadtbibliothek Köln, darüber, dass die Zahl der Neuanmeldungen in der Kalker Zweigstelle im Vorjahresvergleich um 35 Prozent gestiegen ist. Hier machen Elf- bis 20-Jährige gut 30 Prozent der Nutzenden aus; an sie richtet sich auch das Gros der über 200 Veranstaltungen im Jahr. Ab Februar 2023 wurde die kostenfreie Nutzung, die zuvor bis zu 18. Lebensjahr möglich war, auf bis 21-jährige Kölnerinnen und Kölner ausgeweitet. „Wir vermuten, dass vor allem 18- bis 21-Jährige jetzt wieder Mitglieder der Stadtbibliothek werden, weil sie drei weitere Jahre kostenfrei dabei sein können. Das freut uns sehr!“, so Vogt.
Nach der 2018 umgestalteten Kalker Bibliothek wurde sukzessive die Aufenthaltsqualität zahlreicher anderer Veedelsbibliotheken gesteigert, sie in „Dritte Orte“ umgewandelt. Auch das Konzept der Open Library soll am Ende in den meisten Stadtteilbibliotheken und auch in der neu gestalteten Zentralbibliothek umgesetzt werden.
Kooperation mit dem Fitnessstudio klapp perfekt
Gut genutzt werden auch die 2022 neu konzipierte Bibliothek in Nippes und die Zweigstelle in Rodenkirchen; auch sie kann nach dem Open-Library-Prinzip genutzt werden. Das geht in Rodenkirchen - anders als in Kalk - sogar sonntags. „Wir haben eine Kooperation mit dem benachbarten Fitnessstudio, das schließt beispielsweise sonntags das Bibliotheksgebäude auf und abends auch wieder zu“, erläutert Vogt. In Kalk sei man an die Öffnungszeiten des Bezirksrathauses gebunden. Zum 50. Geburtstag der Rodenkirchener Stadtteilbibliothek in diesem Jahr hat Vogt sich eine besondere Aktion einfallen lassen. Mitglieder sollen das Sportstudio zeitlich befristet günstig nutzen können – und auch für die Sportler soll es ein „Schnupperangebot“ geben. „Das Studio hat schon zugesagt“, so Vogt schmunzelnd.
Seit vier Wochen hat auch Ehrenfeld seinen „Dritten Ort“. Das neue Mobiliar der Stadtteilbibliothek wurde teils mit Landesfördermitteln angeschafft, jetzt gibt es auch hier gemütliche Sessel, kunterbunte Teppiche und die bei den Kindern beliebten braunen Kaninchensessel. In der ehemaligen Sparkassenfiliale eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, sei gar nicht so einfach gewesen, erinnert sich Vogt. Und die nächste Wiedereröffnung steht schon an: Mitte Januar wird der neu konzipierte Kinderbereich der Porzer Bibliothek eröffnet – ein einladender Ort für die Jüngsten und ihre Eltern oder Großeltern.
Menschen in Neubrück planen ihre Bibliothek ganz entscheidend mit
Noch ein ganz anderes, völlig neues Konzept setzen Hannelore Vogt und ihr Team in der Stadtteilbibliothek in Neubrück um. Die in einem freistehenden Flachbau mitten in der Einkaufspassage untergebrachte Bibliothek hat großen Sanierungsbedarf – ebenso wie die Räume des örtlichen Bürgervereins im angrenzenden Flachbau. Jetzt sollen beide Bauten gemeinsam genutzt werden. Das vergrößert die nutzbare Fläche sowohl für den Bürgerverein als auch für die Bibliothek und spart Kosten – etwa, weil die barrierefreien Sanitäranlagen nur einmal gebaut werden müssen. Vor allem aber schafft die gemeinsame Nutzung die Möglichkeit zu Begegnung und Austausch. „Wir beziehen die Menschen vor Ort in zahlreichen Bürgerbeteiligungsworkshops in die Umgestaltung mit ein. Sie können wesentlich mit erarbeiten, wie der zur Verfügung stehende Raum zukünftig genutzt und wie die Fläche aufgeteilt wird. Daran beteiligen sich sowohl die Nutzer und Nutzerinnen der Bibliothek als auch die Mitglieder des Bürgervereins sehr rege“, freut sich Vogt.
Während das neue Projekt langsam Gestalt annimmt, haben Hannelore Vogt und ihr Team auch ihren ersten „Dritten Ort“ in Kalk weiter im Blick. Hier ist das große, von außen durch die Scheibe sichtbarere riesige Kaninchen ein Anziehungspunkt für die Kalker Kinder. Viel geliebt und viel bespielt, muss es immer mal wieder ausgebessert werden. „Unser Riesenkaninchen gibt es so leider nicht mehr zu kaufen“, sagt die Chefin der Kölner Stadtbibliothek mit einem Schmunzeln. „Deshalb haben wir eins auf Ebay ersteigert. Als Reserve, falls es irgendwann einmal einfach nicht mehr zu flicken ist.“