Kölner SchulenWas man zum möglichen Aus der Mehrfachanmeldung wissen muss
Köln – Mehrfachanmeldungen an weiterführenden Schulen soll es künftig nicht mehr geben. Dies sieht ein Änderungsentwurf des NRW-Schulministeriums vor, der am Montag durchsickerte und nun in den Gremien beraten wird. Die kursierende Nachricht platzte in den Schulausschuss beim Tagesordnungspunkt zum strittigen Thema Anmeldeverfahren an weiterführenden Schulen und überraschte Politik und Verwaltung.
Die Vorsitzende der Stadtschulpflegschaft Köln, Nathalie Binz, informierte über den bis dahin nicht bekannten Entwurf des NRW-Schulministeriums zur „Fünften Verordnung zur Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Sekundarstufe I“, der ihr zugespielt worden sei. Demnach könnten Mehrfachanmeldungen gesetzlich bald nicht mehr zulässig sein.
Der Änderungsentwurf des Schul-Ministeriums
In dem der Rundschau vorliegenden Entwurf steht unter anderem der Satz: „Anmeldungen an mehr als einer Schule sind nicht zulässig. Der Schulträger kann zusätzlich einen Zweit- oder Drittwunsch hinsichtlich einer weiteren Schule oder einer bestimmten Schulform abfragen.“ Der Entwurf wurde an Gremien und Verbände zur Anhörung geschickt, von Gewerkschaften bis Elternvertretungen.
Die Vorgeschichte: Eine Schulplatz-Lotterie
Der Änderungsvorschlag ist von besonderer Bedeutung für Köln. In der Kommune mangelt es vor allem an Plätzen an Gesamtschulen und Gymnasien, zuletzt mussten knapp 1000 Kinder an Gesamtschulen abgelehnt werden. An Gymnasien bekamen etliche nicht den Wunschplatz, sie mussten teils in mehrere Auswahlrunden. Das vielfach kritisierte „Anmelde-Chaos“ und die Schulplatz-Lotterie mit Mehrfachanmeldungen sorgte im Frühjahr für viel Empörung und Tränen bei Familien, die etwa mangels Platzkapazitäten an besonders gefragten Gymnasien nicht an ihrer Wunschschule unterkamen. Auch das Instrument der Einrichtung von Mehrklassen stieß an die Grenzen, die Klassen sind proppenvoll.
Die Position des Schulministeriums
Das NRW-Schulministerium, unter Leitung der neuen Ministerin Dorothee Feller (CDU), bestätigt das auf Anfrage der Rundschau. „Schulministerin Dorothee Feller hat schon kurz nach ihrem Amtsantritt deutlich gemacht, dass es für die Anmeldung an weiterführenden Schulen einer Regelung bedarf, die im Interesse aller Beteiligten für Klarheit und Verlässlichkeit sorgt“, heißt es es aus dem Ministerium. Deshalb habe das Ministerium „bereits eine erste Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Sekundarstufe I auf den Weg gebracht, die Mehrfachanmeldungen künftig nicht mehr zulassen sollen.“
Gremien beraten jetzt den Entwurf
Der entsprechende Änderungsentwurf durchläuft seit Montag die Beteiligung der Verbände und wird dort beraten, Vorschläge diskutiert. „Ziel der Landesregierung ist, dass die geplante Änderung schon zum Anmeldeverfahren für das kommende Schuljahr 2023/24 wirksam wird.“ Dafür ist nach der Verbändeanhörung, die eine Rückmeldefrist bis 9. September haben, eine Entscheidung durch das Parlament erforderlich.
Schulträger muss genug Plätze schaffen
Unabhängig von der geplanten Anpassung des Anmeldeverfahrens gelte: „Damit alle Schülerinnen und Schüler einen Schulplatz an der gewünschten Schulform erhalten können, müssen die Schulträger ausreichend Schulplätze zur Verfügung stellen. Hierzu bedarf es einer bedarfsorientierten und möglichst interkommunal abgestimmten Schulentwicklungsplanung durch die Schulträger vor Ort“, so das NRW-Schulministerium. „Bei dieser wichtigen Aufgabe, die in § 80 des Schulgesetzes festgeschrieben ist, stehen die Bezirksregierungen den Schulträgern beratend zur Seite.“
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Verbesserungsvorschläge im Schulausschuss
Im Schulausschuss legte die Kölner Schulverwaltung Montag eine Mitteilung zum Anmeldeverfahren vor, die den Landes-Entwurf noch nicht berücksichtigt. Sie teilte mit, dass das NRW-Schulministerium in einem Schreiben gebeten wurde, „die Möglichkeit der Mehrfachanmeldung rechtlich auszuschließen. Dies wird noch geprüft.“ Solange noch nicht absehbar sei, ob zum kommenden Schuljahr Mehrfachanmeldungen weiterhin zulässig sein werden, „wird eine Parallelstrategie entwickelt, um auf beide Möglichkeiten vorbereitet zu sein.“ Da bahnt sich Neues an.
Zur Unterstützung der Schulen im Anmeldeverfahren werde ein Leitfaden erstellt, es sollen Schulungen für Sekretariate angeboten werden. Die Möglichkeit zur Nutzung eines digitalen Anmelde-Tools werde geprüft. Eine weitere personelle Unterstützung der Schulen im betreffenden Zeitraum sei vorgesehen.
Kommentar: Kein Allheilmittel
Die neue NRW-Schulministerin ist kaum im Amt, da hat sie schon eines der heißesten Eisen der Schulpolitik angepackt und mit dem Entwurf einen Überraschungs-Coup gelandet. Mehrfachanmeldungen: Unzulässig. Das heftig kritisierte Anmeldeverfahren für weiterführende Schulen mit Mehrfachanmeldungen hatte besonders in Köln mit knappen Platzkapazitäten zu Problemen geführt, Schulplatz-Lotterie und Verlosungen bei der Vergabe an Gymnasien lösten große Empörung aus.
Mehrfachanmeldungen für unzulässig zu erklären, wurde viel diskutiert und gefordert. Nun rückt mit dem Entwurf eine landesweite Lösung in greifbare Nähe, die einem möglichen erneuten Anmelde-“Chaos“ zumindest die Spitzen nehmen könnte und für rechtliche Klarheit sorgt. Aber dringend nötige zusätzliche Schulplätze schafft das in Köln und anderswo nicht. Die Stadt ist nun in der Pflicht, das Anmeldeverfahren besser zu organisieren mit klaren Kriterien, schneller mehr Schulen zu bauen nach dem Motto Bildung first. Herausforderungen gibt es mehr als genug...
Erste Reaktionen zum Entwurf des Ministeriums
Robert Voigtsberger, Bildungs-Dezernent: „Die immer schon rechtlich zulässigen Mehrfachanmeldungen abzuschaffen, ist eine Forderung, mit der ich mich bereits vor etwa einem Jahr an das Land gewandt habe. Wenn das Anmeldeverfahren dahingehend geändert wird, dass es für die Familien keine lange Zitterpartie mehr mit sich bringt und die Schulen entlastet werden, ist die neue Regelung im Sinne aller.“
Helge Schlieben (CDU): „Das Ministerium hat geliefert. Jetzt muss die Stadt noch mehr liefern und mehr Schulplätze schaffen. Die Änderung macht das Verfahren aber einfacher.“
Oliver Seeck (SPD): „Eine solche Änderung wäre gut, um das Anmeldechaos einzudämmen, aber es ändert nichts daran, dass Schulplätze fehlen.“
Bärbel Hölzing (Grüne): „Ich konnte es zuerst gar nicht glauben. Ich bin froh, wenn es so kommt. Es würde eine Entspannung bringen.“
Stefanie Ruffen (FDP): „Eine solche Regelung würde helfen, das Verfahren zu beschleunigen. Aber es schafft keinen Schulplatz mehr und der Frust wird bleiben von Eltern, die nicht den Wunschplatz fürs Kind bekommen.“ Nötig seien schnellere Bauprozesse.
Heiner Kockerbeck (Linke): „Wichtig ist, dass Eltern und Kinder mehrere Wünsche mit gestufter Wichtigkeit angeben können. Und die Stadt muss den Schulen Hilfen zur Verfügung stellen, etwa eine App – und Schulen schneller an den Start bringen.“ (MW)