AboAbonnieren

Kölner SchornsteinfegerWie Olaf Hollweg in die Fußstapfen seines Vaters trat - und Glücksbringer wurde

Lesezeit 4 Minuten
Ein junger Schornsteinfeger umarmt einen älteren Mann.

Bezirksschornsteinfeger Olaf (r.) und Dieter Hollweg

Olaf Hollweg ist Bezirksschornsteinfeger von Köln-Mülheim wie einst sein Vater Dieter. Und er lässt sich anfassen.

In den nächsten Tagen und Wochen wird Olaf Hollweg wieder häufig angefasst werden. Beruflich. Die Menschen schütteln ihm die Hand, streichen über seine Schulter oder reiben einen der goldenen Knöpfe an seinem Oberteil. Der 36-Jährige ist Schornsteinfeger – und die bringen bekanntlich Glück, insbesondere fürs neue Jahr.

Das nun endende Jahr war ein besonderes für Familie Hollweg. Olaf ist nämlich Schornsteinfeger in zweiter Generation und hat im April den ehemaligen Kehrbezirk seines Vaters wieder übernehmen können. Zwischenzeitlich gab es einen anderen Bezirksschornsteinfeger. Für Mülheim, Stammheim und Niehl war sein Vater Dieter Hollweg einst rund drei Jahrzehnte verantwortlich. 1946 in Mülheim geboren machte er sich 1981 selbstständig. Als er in Rente ging, war sein Sohn gerade erst mit der Ausbildung fertig. Doch seit 2022 ist Olaf wie früher sein Vater selbstständiger Schornsteinfegermeister. Sehr vieles hat sich über die Jahrzehnte verändert.

Seinen Koller (so wird das traditionelle Oberteil genannt), seine Kehrhose, die Koppel mit Schloss (eine Art Gürtel) und den Zylinder trägt Olaf Hollweg meist nur zu besonderen Anlässen. Nach wie vor ist die klassische Zunftkleidung aber für viele Menschen ein Symbol. „Die Leute erkennen mich dann direkt als Schornsteinfeger“, sagt Olaf, und häufig sei die Reaktion positiv.

Für seinen Vater hingegen war das Outfit alltägliche Arbeitskleidung, wie ein Foto aus seiner Gesellenzeit belegt. „Wir haben den ganzen Tag nur Kamine gekehrt“, erinnert sich Dieter. Als der heute 78-Jährige anfing, als Schornsteinfeger zu arbeiten, wurde ausschließlich mit Kohle oder Öl geheizt. Bis zu sechs Mal im Jahr sah er die einzelnen Kunden. Teils wurde sogar nachts gearbeitet. Schon 1971 berichtete die Kölnische Rundschau über eine seiner zahlreichen waghalsigen Nachtschichten. „Um den Betrieb nicht zu stören, mussten wir nachts die Kamine der Hotels kehren“, erzählt Dieter. „Im Stockdunkeln ging es dann über die Dächer.“

„Das ist heute undenkbar“, sagt Olaf. Nicht nur im Hinblick auf die Arbeitssicherheit. Auch darf der dreifache Familienvater die Nächte zu Hause verbringen. Überhaupt sei Kehren kaum noch Teil seiner Arbeit. Neben den sogenannten „hoheitlichen Schornsteinfegertätigkeiten“, zu denen er bevollmächtigt ist, bietet er dank einer Zusatzqualifikation Energieberatung und -ausweise an. „Die Beratung steht insgesamt im Fokus“, sagt Olaf. „Ich kenne die Häuser dann ja meist schon gut und kann den Kunden dementsprechend Tipps geben.“ Er müsse auf dem aktuellsten Stand bleiben, da sich beim Thema Energie alles immer weiter entwickelt. Zurzeit nimmt er an Schulungen zum Thema Wärmepumpen teil.

Große Umstellungen im Beruf

Auch sein Vater erlebte große Umstellungen mit, insbesondere die auf Gasheizungen. Die Arbeit früher war eher körperlich, Schornsteinfeger heute verbringen auch viel Zeit am Schreibtisch, erzählt Sohn Olaf: „Ich muss nicht mehr so oft aufs Dach.“

Während sein Vater die ersten Rechnungen noch per Hand schrieb, geht beim Sohn heute natürlich alles digital. Und auch die Messinstrumente haben sich über die Jahre entscheidend verändert. „Am Anfang haben wir gar nichts gemessen“, erinnert sich Dieter Hollweg, erst später wurde Immissionsschutz ein Thema. Während im alten Holzkoffer vom Vater noch Flüssigkeiten sind und diverse Experimente durchgeführt werden mussten, um etwas messen zu können, hat sein Sohn heute im schicken Metallkoffer ein Kombigerät für alles.

Dass Olaf Hollweg in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist, freut diesen. Von klein auf habe der Sohn mitbekommen, dass die Familie als Team zusammenarbeitete. Und: „Papa war immer der Glücksbringer.“ Der vorauseilende Ruf der Schornsteinfeger, Glück zu bringen, geht aufs Mittelalter zurück. Dieter Hollweg erklärt: „Damals bedeuteten Schornsteinfeger im Dorf, dass sich die Brandsicherheit erhöhte.“ Dies sicherte Existenzen, waren Hausbrände zu der Zeit an der Tagesordnung. Das hat sich über die Jahrhunderte verändert, der Glaube an den Glücksbringer ist aber bestehen geblieben. Deswegen lässt sich auch der Sohn in diesen Tagen gerne anfassen. Olaf Hollweg sagt: „Besonders die Älteren rufen oft, wenn sie mich sehen: ,Da muss ich jetzt aber schnell Lotto spielen gehen.“