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Kölner Kloster expandiertDas Erfolgsrezept von Schwester Emmanuela

Lesezeit 5 Minuten
Im September 2022 übernehmen die Benediktinerinnen aus Köln-Raderberg das Dominikanerinnenkloster Sankt Katharina von Siena in Düsseldorf-Angermund

Schwester Emmanuela im Kloster Angermund, der Zweigstelle der Kölner Benediktinerinnen. Foto: Johannes Spätling

Überall müssen Klöster schließen. Nur die Benediktinerinnen in Köln haben Zulauf und eröffneten eine Zweigstelle in Düsseldorf. Was machen sie anders?

Unauffälliger geht es nicht: Ein kleiner Parkplatz, ein Wohnwagen, ein alter Fiat mit Emblem des 1. FC Köln — direkt am Rande eines Wohngebietes im Düsseldorfer Norden. Ein rotes Backsteingebäude aus den sechziger Jahren, schlicht und imposant zugleich. Kaum zu glauben: Hier wohnen auf rund 2600 Quadratmetern sechs Benediktinerinnen und ein polnischer Priester, über welche in den letzten Monaten viel mediales, auch bundesweites, Interesse hereingebrochen ist. Rund ein Jahr nach ihrem Umzug vom Kölner Süden nach Angermund wollen sie ein wenig über ihr neues Leben preisgeben.

„Kommen Sie doch rein!“ Schwester Emmanuela Kohlhaas leitet die Niederlassung und hatte schon als junge Frau den Wunsch, Nonne zu werden. Die Dynamik der Neusserin ist spürbar. Stolz zeigt sie zunächst die neue Bleibe der Benediktinerinnen, die seit dem Spätsommer 2022 ihr Zuhause ist. Früher lebten und arbeiteten hier Dominikanerinnen in 63 Schwesternzimmern und mit bis zu 12 000 Übernachtungsgästen. „Eine typische Nachkonzilsanlage, von denen es nicht viele gibt“, betont die Ordensschwester. Die Weiträumigkeit und Stille lässt zunächst einmal staunen.

Bis zu 100 Gläubige kommen zum Gottesdienst in die Klosterkapelle

Überall schließen Klöster – doch die Kölner Benediktinerinnen in Raderberg hatten so viel Zulauf, dass sie eine Zweigstelle aufmachen mussten. Dies betraf dann Schwester Emmanuela, die dortige Priorin, und ihre Mitschwestern, welche nach anfänglichem Zögern mit Begeisterung ihr neues Kloster bezogen. „Von Köln nach Düsseldorf, ein ganz schönes Projekt. Einige Umzugskartons sind immer noch nicht ausgepackt“, lacht die Rheinländerin.

Die Benediktinerinnen begrüßen am Wochenende bis zu 100 Gläubige aus der Region zum Gottesdienst in der Klosterkapelle, dazu kommen zukünftig zahlreiche Übernachtungsgäste, die im Kloster einkehren möchten. „Es kommen schon tagsüber Besucher oder Gruppen, die Stille suchen oder Gespräche mit uns führen. Übernachtungen sind vorläufig noch nicht möglich, das wird aber bald schon der Fall sein.“

Wir wundern uns sehr über das große Interesse.

Beim Rundgang durch das Kloster wird deutlich, dass so manche Mitschwester der Priorin die ständige mediale Aufmerksamkeit irritiert. Temperamentvoller rheinischer Protest regt sich, als die Schwestern beim abendlichen Beisammensein unterbrochen werden. ARD, Spiegel und Co. waren schon vor Ort: „Wir wundern uns sehr über das große Interesse und haben dem Boulevard mehrfach abgesagt“, erklärt Schwester Emmanuela. Sie ist jedoch erfreut über das Kölner Interesse und führt eloquent durch den Klostergarten und die riesige Anlage: „Wir haben ja angeblich nur noch eine Kirchenkrise, aber das ist nicht der Kern dessen, warum Menschen Christen sind. Christsein lohnt sich für das Leben, was für uns im Miteinander spürbar wird. Das motiviert uns, in einer Baustelle zu leben“, sagt die frühere Priorin. „So ein Kloster ist ja praktisch ein mittelständisches Unternehmen.“

Im September 2022 übernehmen die Benediktinerinnen aus Köln-Raderberg das Dominikanerinnenkloster Sankt Katharina von Siena in Düsseldorf-Angermund

Der Weihbischof musste den Schwestern den Umzug erst schmackhaft machen, doch jetzt sind sie "vollauf begeistert". Foto: Johannes Spätling

Das Grundstück sei eine Schenkung des Grafen von Spee an die Dominikanerinnen gewesen, erläutert die studierte Musikwissenschaftlerin und Psychologin. Die gesamte Anlage atmet eine große Stille und erscheint perfekt zur inneren Einkehr, die Gäste künftig in Anspruch nehmen können. Im riesigen Garten erzählt Schwester Emmanuela, dass Weihbischof Dominik Schwaderlapp den Schwestern die Anlage für den Umzug aus Raderberg schmackhaft machen wollte. Der Name Düsseldorf rief zunächst Skepsis hervor, „aber bei näherer Betrachtung waren wir alle von der Anlage vollauf begeistert und bereuen den Umzug keineswegs.“

Sechs Benediktinerinnen leben hier und ein polnischer Priester

Mittlerweile leben sechs Benediktinerinnen in Angermund sowie ein Priester: Neben Oberschwester Emmanuela sind die Schwestern Tabita, Josephine, Benedikta, Raffael und Clara Teil der Gemeinschaft, dazu noch Priester Jan Opiéla .

„Die kleine Gemeinschaft ist sehr angenehm, jeder hat seine Aufgabe wie die Gartenpflege oder das Einkaufen. Benediktinerinnen sind sehr demokratisch, wie im Grunde alle Orden. Im Kirchenrecht ist festgelegt, dass nur mit Mehrheiten entschieden werden darf und die Priorin selbst nicht wählen darf. Zudem ist die Freiwilligkeit der Benediktinerinnen ein entscheidendes Merkmal.“

Die Ordensschwester gibt angesichts der kleinen Gemeinschaft zu bedenken: „Vielleicht ist es gut, dass wir so ein kleines Kloster sind. Ein Segelschiff bewegt sich nun mal schneller als ein Tanker. Man kann hier viel bewegen und hat schnell Kontakt mit den Menschen.“ Alles was dem Kloster gehört, muss selbst erwirtschaftet werden, die Ordensschwester besitzen kein Eigentum.

Eine erzwungene Partnerschaft funktioniert genauso wenig wie ein erzwungenes Zölibat.

Coachings, Beratungsseminare, Übernachtungsgäste, Spenden oder die Praxis der Heilpraktikerin Schwester Clara sollen zur Existenz des Klosters beitragen. „Auch einige Menschen in Leitungspositionen in der Wirtschaft gehören zu meinen Coaching-Anmeldungen und Seelsorge-Partnern.“

Zuletzt ließen deutliche Positionen der Benediktinerin in den Medien aufhorchen, unter anderem Kritik an den kirchlichen Hierarchien. Schwester Emmanuela möchte keine weiteren Kritikpunkte äußern, sieht aber vor allem die Kommunikation über die Kirche im Vordergrund: Man solle nicht immer wieder über die gleichen Themen sprechen, sondern an jeden Menschen offen und tolerant herantreten, nicht die Kirche, sondern den Christen im Gegenüber erkennen.

Im September 2022 übernehmen die Benediktinerinnen aus Köln-Raderberg das Dominikanerinnenkloster Sankt Katharina von Siena in Düsseldorf-Angermund

Im September 2022 übernehmen die Benediktinerinnen aus Köln-Raderberg das Dominikanerinnenkloster Sankt Katharina von Siena in Düsseldorf-Angermund

Sie habe jedoch nichts dagegen, wenn Priester in Partnerschaft lebten. „Eine erzwungene Partnerschaft funktioniert genauso wenig wie ein erzwungenes Zölibat. Wir sollen uns aber endlich auf das konzentrieren, was das Leben fördert. Religion gibt Antwort auf die Existenzfragen des Menschseins, daher brauchen wir sie. Die Bibel bietet die Grundlage für spirituelle Resilienz und mentale Sicherheit.“ Mit Geschick argumentiert die Ordensschwester für das Christentum und bezieht sich dabei nicht nur auf den Katholizismus, sondern auf alle Weltreligionen. „Ich habe mich auch sehr intensiv mit dem Zen-Buddhismus oder dem jüdischen Glauben befasst.“

Beim Coaching durch Schwester Emmanuela finden Viele Halt

Man kann sich gut vorstellen, dass verschiedenste Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen beim Coaching durch Schwester Emmanuela Halt finden. Der Zufluchtsort im Düsseldorfer Norden, der auf den ersten Blick eine kleine Gemeinschaft von Ordensleuten beherbergt, ist am Ende ein Treffpunkt für Menschen, die Sinn und Menschlichkeit suchen, und die hier einen Ort der Stille und Sicherheit finden.

Schwester Emmanuela will den Menschen mehr als nur den katholischen Glauben vermitteln: „Ich bin nicht wegen der Kirche in den Orden eingetreten. Es geht in unserer Zeit auch nicht darum, die Kirche zu retten. Sondern es geht darum, den Menschen Leben in einer tiefen Dimension und in Fülle zuvermitteln. Aber das ist ohne den Glauben nicht denkbar.“