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Kölner FeuerwehrDeshalb ist die 24-Stunden-Schicht beim Rettungsdienst in Köln zurück

Lesezeit 5 Minuten
Die Zahl der Rettungseinsätze hat in den vergangenen Jahren in Köln zugenommen (hier ein Einsatz am Ebertplatz). Nun folgt für die Mitarbeitenden die ersehnte Rückkehr zur 24-Stunden-Schicht.

Die Zahl der Rettungseinsätze hat in den vergangenen Jahren in Köln zugenommen (hier ein Einsatz am Ebertplatz). Nun folgt für die Mitarbeitenden die ersehnte Rückkehr zur 24-Stunden-Schicht.

Die Kölner Feuerwehr erhöhte im Juni von zwölf Stunden auf 24-Stunden-Dienste. Direktor Christian Miller erklärt, warum das hilfreich ist.

So groß wie in den vergangenen zwei Jahren war das Interesse selten an den Vorgängen in der Feuerwache 8 am Hardtgenbuscher Kirchweg in Ostheim. Die Verantwortlichen verfolgten sehr genau die Arbeitsabläufe, Wissenschaftler führten Interviews und notierten Schlafgewohnheiten und Wohlbefinden der Belegschaft. Vor dem Dienst. Im Dienst. Und auch hinterher. In Ostheim ist ausgiebig ein neues 24-Stunden-Dienstmodell für den Rettungsdienst getestet worden, das seit dem 1. Juni nun in allen Kölner Feuerwachen umgesetzt wird. Feuerwehrchef Dr. Christian Miller hofft durch die Neuerung sogar auf eine „Trendwende“ bei der Personalgewinnung (siehe Interview).

Eine ganze Reihe von Erleichterungen bringt das neue Dienstzeitmodell im Rettungsdienst mit sich. Der Dienstbeginn im Rettungsdienst und im Brandschutz wurde vereinheitlicht. Der häufige Wechsel von Tages- und Nachtschichten hat ein Ende. Und die Beschäftigten müssen nun zwar länger arbeiten, aber dadurch auch seltener zum Dienst erscheinen. Da 70 Prozent der Menschen im Einsatzdienst außerhalb der Stadtgrenzen wohnen, bedeutet dies für viele eine bessere Vereinbarkeit mit dem Privatleben. „Rein rechtlich hat sich an der Arbeitszeitverordnung für die Feuerwehr nichts verändert. Wir haben aber festgestellt, dass akuter Handlungsbedarf besteht“, meint Projektleiter Daniel Richmann.

Wissenschaftliche Untersuchungen

Die ungeliebte Zwölf-Stunden-Schicht im Rettungsdienst war im Jahr 2011 eingeführt worden, nachdem die Einsatzbelastung immer stärker gestiegen war. Nun soll ein Ampelsystem eine Überlastung verhindern. Wird in den ersten zwölf Dienststunden eine bestimmte Einsatzzahl überschritten, wird Personal ausgetauscht. Dann wechselt die Besatzung eines Rettungswagens auf ein eher gering frequentiertes Einsatzfahrzeug der Feuerwehr. „In der Pilotphase haben wir Belastungsschwellen definiert und umfangreiche Tagebücher geführt“, erklärt Richmann. Neben der Einsatzzahl werden auch Schulungen, Einsatz-Nachbesprechungen, Medikamenten- und Gerätekontrollen berücksichtigt. Die Analyse sei so kleinteilig ausgefallen, dass Belastungsquoten für die Besatzung einzelner Dienstfahrzeuge berechnet worden sind.

Hofft auf neues Personal: Feuerwehrchef Dr. Christian Miller, der hier in der Wache Kalk vor einer Reihe Einsatzfahrzeugen steht.

Hofft auf neues Personal: Feuerwehrchef Dr. Christian Miller.

Das neue Dienstzeitmodell soll die Attraktivität des Feuerwehrdienstes deutlich steigern. Bevor Dr. Christian Miller 2019 die Leitung der Kölner Feuerwehr übernahm, war die Stimmung äußerst angespannt. Sogar ein Mediationsverfahren war eingeleitet worden, um die Wogen zu glätten. Im Zuge des Brandschutzbedarfsplans hat die Feuerwehr voriges Jahr den Personalbedarf neu berechnet. Das Ergebnis: Derzeit sind 300 Stellen unbesetzt. In die neue Rechnung wurden nun auch Teilzeit, Elternzeit und Krankenquoten einbezogen. Für die Testphase hat die Feuerwehr bewusst die Wache in Ostheim ausgewählt, weil die Einsatzzahlen hier im städtischen Durchschnitt liegen. In der Innenstadtwache in der Agrippastraße liegen die Rettungsdiensteinsätze am höchsten, hier muss das Personal nach zwölf Stunden in den Brandschutz wechseln.

Einzelfall in Deutschland

„Es gab schnell die Erkenntnis, dass dort eine 24-Stunden-Schicht im Rettungsdienst nicht möglich ist. Wir wollen deshalb nachsteuern und die Einsatzbelastung durch zusätzliche Fahrzeuge reduzieren“ erklärt Feuerwehrchef Miller. Denn auch in der Innenstadt sollten die Mitarbeitenden „von den Vorteilen des neuen Systems profitieren.“ Hier erschwert die räumliche Enge der baufälligen Wache den Arbeitsalltag. Der Neubau ist bereits beschlossen.

Ein vergleichbares Dienstmodell gibt es bei den Feuerwehren in ganz Deutschland nicht, „das ist einzigartig“, freut sich Miller. Weil es an Vorbildern fehlte, suchte die Stadt Köln wissenschaftliche Beratung und fand sie bei Professor Thomas Langhoff an der Hochschule Niederrhein.

Drei Jahre lang begleitete er mit einem Team die Feuerwehr. Auch ein Mediziner der Stadt Köln war in dem Verfahren beteiligt, um in Sachen Arbeitsschutz zu beraten. „Letztlich hat sich damit die komplette Dienstplangestaltung geändert“, resümiert Daniel Richmann. Im Einsatzdienst der Kölner Feuerwehr arbeiten etwa 900 Menschen.


Interview mit Dr. Christian Miller (47), Direktor der Kölner Feuerwehr.

Als Sie Ihren Job 2019 in Köln begonnen haben, war die Stimmung bei der Feuerwehr eher schlecht. Die Arbeitsbelastung war das entscheidende Thema. Wo lagen die Probleme?

Die Zwölf-Stunden-Schicht im Rettungsdienst war 2011 in Köln eingeführt worden, um eine Entlastung der Mitarbeitenden zu erreichen. Diese haben aber verdeutlicht, dass die wechselnden Tag- und Nachtschichten, die häufigeren Anfahrten zum Dienst und die Vereinbarkeit mit dem Privatleben zu einer deutlich höheren Belastung geführt haben. Was man sich erhofft hat, ist somit nicht eingetreten.

Die Folge waren Abgänge und eine große Personalknappheit. Können Sie schon Entwarnung geben?

Es ist noch zu früh, um eine abschließende Bilanz zu ziehen. Wir stellen aber fest, dass die Zahl der ungeplanten Wechsel von Mitarbeitenden zurückgegangen ist. Gleichzeitig haben die Anfragen externer Feuerwehrleute, die nach Köln wollen, deutlich zugenommen. Allein im vergangenen Monat konnten wir sechs externe Einstellungen vornehmen, das ist eine tolle Entwicklung im Vergleich zu den vergangenen Monaten. Man kann vorsichtig feststellen, dass der 24-Stunden-Dienst im Rettungsdienst eine Situation schafft, die für viele Menschen von Vorteil ist. Hierdurch kommt ein Attraktivitätsplus zustande. Ich hoffe sehr, dass dieser Trend anhält.

Wie aufwändig war die Entwicklung des neuen Dienstmodells?

Seit 2018 hat uns das Projekt beschäftigt. Es gab Schulungen für etwa 250 Mitabeitende, die mit der Erstellung von Dienstplänen befasst sind. Wir hatten anfangs eine Arbeitsgruppe gegründet, in der Mitarbeitende aus verschiedensten Wachen und Abteilungen mitgewirkt haben. Es handelt sich um ein Projekt von der Basis für die Basis. Außerdem sind aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse eingeflossen, weil wir drei Jahre lang von Professor Thomas Langhoff und seinem Team der Hochschule Niederrhein begleitet worden sind. Das Ziel war es, ein attraktives Dienstmodell und den Gesundheitsschutz der Bevölkerung miteinander zu vereinbaren. So ist das Projekt im Jahr 2018 entstanden.

Die Feuerwehr ist unterbesetzt, zuletzt mussten oft Schichten umverteilt werden, wodurch Überstunden entstanden sind.

Das ist ein Teufelskreis. Wir waren unterbesetzt, die Mitarbeitenden mussten Schichten auffangen. Wir merken, wir sind attraktiv mit dem neuen Dienstmodell. Nun haben wieder Menschen Lust bei der Feuerwehr Köln zu arbeiten. Außerdem haben viele Mitarbeitende den Wechsel von Tages- und Nachtdiensten als sehr belastend empfunden. Voriges Jahr haben wir den Personalbedarf neu berechnen lassen. Wir brauchen eine Aufstockung des Personals. Erst dann wird das neue Dienstmodell seine volle Wirkung entfalten.

Gab es schon Anrufe von Kolleginnen und Kollegen aus anderen Städten, die jetzt sehr aufmerksam und interessiert nach Köln schauen?

Ja, die hat es tatsächlich gegeben. Das Thema Personalknappheit und Attraktivität der Arbeitsbedingungen ist für alle Feuerwehren interessant. Unser Projekt hat durchaus Beachtung in der Fachwelt gefunden.