Der „Lange Tag mit jüdischer Musik“ in Köln zeigte die Vielfalt jüdischer Kultur durch Konzerte, Straßentheater und Musicals. Die vielen Gäste sprechen, darunter viele aus der Politik, für den Erfolg.
„Der Hass ist keine Meinung“Kölner Festival feiert jüdische Musik – Viele Konzerte und lange Schlangen
Der Sänger leiert, gerät ins Trudeln und – schläft ein. Mordechaj Tauber, Gemeindekantor der Synagogen-Gemeinde Köln, kolportierte die musikalischen Mühlen, in ein Sänger im Gottesdienst schon einmal geraten kann, hübsch süffisant. Und zwar beim Auftaktkonzert des „langen Tages mit jüdischer Musik“, zu dem die Synagogen-Gemeinde und das Forum für Kultur und Dialog in die Synagoge an der Roonstraße eingeladen hatten. Stadtweit konnten alle gratis vom Musical über Straßentheater bis zum Abschlusskonzert zu vorgerückter Stunde im Dom wunderbare Facetten der jüdischen Kultur erleben.
Der Humor, so zeigten es Tauber und seine Kantorenkollegen Baruch Chauskin aus Osnabrück und Yonatan Amrani aus Nürnberg, gehört unbedingt dazu. Aber auch die leisen und innigen Töne wie in „Mimkomcha“ (Der ewige Wunsch nach Jeruschalajim) aus der Schabbatliturgie oder im jiddischen Lied „Mamale“, eine Hommage an die Mutter. Mancher zeichnete sich alles direkt auf dem Smartphone auf. Begleitet wurden die Kantoren von Pianist Roman Salyutov.
Jeder eingeladen: „Halleluja — Lieder und Gebete aus der Synagoge“
„Jüdische Musik scheint für viele Menschen etwas Exotisches zu sein“, sagte Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und Vorstandsmitglied der Kölner Synagogen-Gemeinde. Am „Langen Tag mit Jüdischer Musik“ könne sich jeder einen Eindruck verschaffen, was das jüdische Leben ausmache, daher seien auch alle eingeladen worden.
Unter dem Titel „Halleluja — Lieder und Gebete aus der Synagoge“ reichte der Bogen vom Glaubensbekenntnis „Schma Israel“ (Höre Israel) vom ukrainischen Komponisten Leib Glantz bis zum „Halleluja“ des kanadischen Sängers Leonard Cohen.
„Hass ist keine Meinung“: Hohe Gäste auf Landes- und Bundespolitik
Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, griff am Nachmittag mit seinem Trio dann selbst zur Violine, um unter anderem Stücke von Felix Mendelssohn-Bartholdy und der Kölner Komponierenden Maria Herz und Jacques Offenbach zu spielen. Sein Plädoyer, Musik als universale Sprache der Menschheit zu verstehen, kam gut an. Spontanen Applaus gaben ihm die Besucher der Synagoge für seine Mahnung „Hass ist keine Meinung.“
Nathanel Liminski, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Medien, freute sich, dass Teile des Festivals auch in den NRW-Tag zum Geburtstag des Landes einbezogen waren.
Der Schirmherr des Shalom-Festivals sah darin die Chance, dass nicht nur manch musikalisches Kleinod zu Gehör kam, sondern „alle ein Zeichen setzen, dass das jüdische Leben das Land prägt“. Und: „Antisemitismus will trennen und aussondern. Dagegen müssen wir kämpfen und ein Signal der Verständigung setzen.“
Voller Erfolg: Lange Schlangen, große Resonanz
Die Vorstandsvorsitzende des Forums für Kultur und Dialog, Claudia Hessel, wertete die große Resonanz auf das Festival als großen Erfolg. Eine Schlange bis auf die Straße habe sich bei der Schabatt-Feier mit Jonathan Kligler, dem Rabbiner von Woodstock in der Comedia gebildet.
Gestern gab es allein 40 Kurzkonzerte vom Museum, über die Kirche bis hin zum Filmforum. Zum Abschluss gibt es am Donnerstag, 19 Uhr, einen jüdischen Kulturdialog im Stiftertsaal des Wallraf-Richartz-Museums. Zu hören sind Shai Terry (Gesang) und das Maiburg Ensemble. Der Eintritt ist frei.