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Kritik von Geflüchteten-InitiativenKölner Gericht stoppt Abschiebung nach 28 Jahren

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Justitia vor blauem Himmel

Abbild der Justitia (Symbolbild)

Köln – Die geplante Abschiebung eines 59-jährigen Mannes aus Algerien, der seit 28 Jahren in Köln lebt, wurde nach einer Maßgabe des Verwaltungsgerichtes in letzter Minute gestoppt. Hocin Ogaci war am Mittwochmorgen von Mitarbeitenden des Kölner Ausländeramtes festgenommen und zum Flughafen in Frankfurt gebracht worden. „Er saß schon im Abschiebebereich, als seine Ausweisung zurückgenommen wurde“, sagte Gemeindereferentin Marianne Arndt, die sich als Mitglied der Ehrenamtsinitiative Mosaik in der Geflüchtetenhilfe engagiert.

Verwaltungsgericht Köln: Abschiebung gestoppt

Das Verwaltungsgericht hatte „einen handwerklichen Fehler in der Abschiebeanordnung der Stadt“ festgestellt, so eine Sprecherin. Außerdem habe der Anwalt des Betroffenen anhand von Fotos glaubhaft gemacht, dass Herr Ogaci in einer Lebensgemeinschaft mit einer EU-Bürgerin aus Litauen lebe. „Das gibt ihm die Möglichkeit, rechtliche Ansprüche auf einen Aufenthaltsstatus geltend zu machen“, so die Sprecherin des Gerichtes.

„Einen Menschen nach 28 Jahren abzuschieben ist menschenverachtend und grotesk“, kritisierte Arndt. Die Prüfung der Identität als Voraussetzung für die Beurteilung einer Bleiberechtsperspektive könne sehr langwierig sein, wenn der Betroffene die Mitarbeit verweigere, teilte die Stadt dazu mit. So habe man im Falle von Herrn Ogaci in allen in Frage kommenden Herkunftsländern Anträge für Passersatzpapiere stellen müssen. „Hieran schließen sich dann seitens der Auslandsvertretungen Prüfungsverfahren in den jeweiligen Staaten an“, so eine Sprecherin.

Ermessensduldung kann erteilt werden

„Bei einer Abschiebung nach so vielen Jahren kann eine Ermessensduldung erteilt werden“, sagt Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat. „Mit dem Abschiebeversuch verstößt das Amt gegen seine im Juni 2021 formulierten Amtsziele, dass bei geduldeten Geflüchteten, die gut integriert sind, alle Ermessensspielräume genutzt werden. Und dass nicht kranke und vulnerable Personen prioritär abgeschoben werden, sondern Straftäter und Integrationsverweigerer.“ „Derzeit werden selbst Menschen die Arbeit haben und gut integriert sind, brutal abgeschoben“, sagte Arndt.

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Eine der durch die Initiative Mosaik begleiteten Geflüchteten arbeite seit zwei Jahren in einer Bäckerei, ihr Mann habe einen Ausbildungsvertrag als Mechatroniker. Er dürfe aber nicht arbeiten, weil er keine Aufenthaltserlaubnis mehr habe. „Beide könnten ihre Arbeit weiter ausüben und bleiben, wenn das Amt sich im Vorgriff an dem geplanten Bundesgesetz orientieren würde. Das machen bereits sechs Bundesländer so. Und das muss in NRW endlich auch passieren.“