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Kölnbusiness-Chef Manfred Janssen„Wir bauen Brücken und das ist eine zunehmende Herausforderung“

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Für weitere fünf Jahre wurde Manfred Janssen gerade erst als Geschäftsführer von Kölnbusiness bestätigt.

Für weitere fünf Jahre wurde Manfred Janssen gerade erst als Geschäftsführer von Kölnbusiness bestätigt.

Vor fünf Jahren wurde die Wirtschaftsförderung der Stadt ausgegliedert und mit Kölnbusiness in eine GmbH überführt. Geschäftsführer Manfred Janssen im Interview über Vergangenheit und Zukunft.

Wie haben Sie die Anfänge von Kölnbusiness in Erinnerung?

Wir hatten nach dem Ratsbeschluss eine Situation, bei der viel Gestaltungsspielraum vorhanden war. Gewisse Kernaufgaben der Wirtschaftsförderung mussten weitergeführt werden. Aber der Hintergrund der Gründung war ja, dass Themen neu aufgelegt und entwickelt werden sollten. Den Weg sind wir gegangen. Mit einer Organisation, die die extrem flach ist in den Hierarchien.

Was nicht immer einfach sein muss.

Deshalb bedarf es einer absoluten Klarheit, was die Ziele angeht. Jeder Kollegin und jedem Kollegen muss der Rahmen klar sein, in dem sie sich bewegen. Ein schlanker und agiler Aufbau ist auch für die Akquise neuer Mitarbeitender wichtig. Wir waren in weniger als einem Jahr weitestgehend handlungsfähig und sind von einer sehr kleinen Mannschaft auf die Sollstärke von etwa 70 Stellen gewachsen. Die Kunst ist es, Strukturen so weiterzuentwickeln, dass sie nach Jahren noch passen.

Wie haben sich die Themenfelder verändert?

Es geht weiterhin sehr stark um Flächen, um Investitionsentscheidungen, um die Begleitung dieser Entscheidungen und um alles, was verwaltungsseitig damit zusammenhängt. Neu sind die Themenfelder Innovation und Startup-Ökosystem. Wir bauen wir Brücken und das ist aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage eine zunehmende Herausforderung. Wir gehen hier serviceorientiert dran und das kommt gut an. 85 Prozent der Anfragen bearbeiten wir innerhalb von 24 Stunden. Und 74 Prozent unserer Kunden sagen, dass wir sie bei der Problemlösung unterstützt haben.

Können Sie Beispiele nennen?

Es finden interessante Investitionen auch in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld statt, das man leider nicht wegdiskutieren kann. Aber wenn der türkische Pharmakonzern Monrol seine Zentrale nach Köln verlegt oder Miltenyi Biotec – ein ehemaliges Kölner Startup – hierher zurückkommt, sind das natürlich Erfolge für uns und unsere Partner in der Verwaltung. Aber auch die vielen Neugründungen machen uns Mut. Das Kölner KI-Unternehmen DeepL ist beispielsweise über eine Milliarde Euro wert.

Was führt ein Unternehmen nach Köln?

Unter anderem die vielen positiven Kopplungseffekte, wir haben Fachkräfte, eine enge Vernetzung mit den Hochschulen und sind wichtiges europäisches Verkehrszentrum.

Sie haben ein Zentrenmanagement für die Innenstadt ins Leben gerufen. Warum?

Innenstädte wandeln sich, manche veröden. Köln steht noch gut da, doch auch hier ändert sich der Einzelhandel. Innenstädte sind die Visitenkarte einer Stadt. Da braucht es Ansprechpartner und gezielte Angebote für Gewerbetreibende.

Wo sind diese Transformationen sichtbar?

Die Menschen gehen in die Innenstadt, um einzukaufen. Aber nicht nur deswegen. Es geht um ein Gesamtpaket aus Gastronomie, um freizeitorientierte Einrichtungen und Gesundheitsdienstleistungen. Es reicht nicht, wenn wir uns ausschließlich um den Einzelhandel kümmern, das ist ein Ökosystem. Daher fördern wir die Aufenthaltsqualität sowie die Ansiedlung von Mischnutzungen.

Wie sehen Sie die Belange der Kölner Wirtschaft im politischen Raum vertreten?

Sie sind schon prominent vertreten. Aber ein bisschen mehr Prominenz ginge sicher noch. Wir müssen die bestmöglichen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft bereitstellen, damit wir uns andere Dinge leisten können. Es geht nicht darum, Themen gegeneinander auszuspielen, wie etwa Gewerbe und Wohnen. Wir müssen schauen, wie wir unterschiedliche Interessen gemeinsam auf den Weg bringen.

Das Thema Fläche treibt viele Unternehmen um.

Uns auch. Deshalb spreche ich das Thema bei jeder sich bietenden Gelegenheit an. Es ist Baustein von mehreren, aber ein wichtiger Baustein. Aus Sicht der Wirtschaftsförderung würde ich mir wünschen, dass wir im Bereich Gewerbe- und Industrieflächen handlungsfähig bleiben, noch handlungsfähiger werden.

Was hieße das in Zahlen?

In den letzten 15 Jahren sind rund 16 Hektar Gewerbeflächen weggefallen. Im Moment gehen wir davon aus, dass uns in den nächsten 30 Jahren rund 500 Hektar Gewerbefläche fehlen werden. Wir vergeben Flächen an Unternehmen, die mindestens sieben Arbeitsplätze pro 1000 Quadratmeter haben. Im Durchschnitt sind das aber eher zehn. Wir sprechen also bei einem Hektar im Schnitt von 100 Arbeitsplätzen. Übersetzt hieße das, uns fehlt Raum für 50 000 Arbeitsplätze.

500 Hektar Gewerbefläche für Köln scheinen im Moment zumindest utopisch. Kann Köln von Groß-Ansiedelungen im Umland wie Microsoft in Bergheim und Bedburg profitieren?

Ich erwarte auch gar nicht, dass wir diese 500 Hektar erreichen. Das ist in der Tat illusorisch. Aber wenn wir 100 zusätzliche Hektar aktivieren könnten, würde das schon viel helfen. Was das Umland betrifft: Auch dort werden die Flächen weniger. Dennoch ist das Umland für Köln wichtig. Wir brauchen die Rechenleistung, die vor Ort erzeugt wird, und profitieren vom Ausbau der Infrastruktur in unmittelbarer Nähe. Ob diese Rechenzentren in Bedburg oder in Lövenich entstehen, macht für IT-Unternehmen in Köln keinen Unterschied. Ich bin froh über die Microsoft-Entscheidung. Auch in diesem Bereich arbeiten wir mit den Wirtschaftsförderungen in der Region sehr gut zusammen.

Wo sehen Sie Köln in fünf Jahren?

Unternehmen werden sich nachhaltiger und digitaler aufgestellt haben und zu starken Arbeitgebermarken entwickeln. Das ist eine Riesenchance für Köln. Die Stadt als Nukleus für zentrale Einrichtungen und einem innovativen Umfeld. Die Mischung aus Branchenkompetenz, dem Startup-Ökosystem mit 700 Unternehmen, den Hochschulen und dem breiten Marktzugang spielt eine enorme Rolle.

Eine positive Entwicklung?

Wir haben in Köln allerbeste Chancen, in den Zukunftsfeldern auch weiter gut aufgestellt zu sein. Wachstumsbranchen sind die IT, hochqualifizierte Dienstleistungen, Life Sciences, diese Bereiche werden weiterwachsen. Gleichzeitig– haben wir mit jährlich 14 000 Absolventen und 100 000 Studierenden viele Fachkräfte direkt vor der Tür. Und das ist ja nur Köln. Wenn Sie den Radius weiterziehen, ist es noch viel mehr. Das gibt es so in Deutschland in dieser Dichte nirgendwo.


Kölnbusiness

2019 wurde die Kölnbusiness Wirtschaftsförderungs-GmbH auf einen Ratsbeschluss hin gegründet. Hauptamtlicher Geschäftsführer wurde Dr. Manfred Janssen, zuvor Geschäftsführer der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Rheine mbH (EWG). Als nebenamtlicher Geschäftsführer wurde Michael Josipovic bestellt, zu diesem Zeitpunkt kommissarischer Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung. Die Gesellschaft ist eine hundertprozentige Tochter der Stadt Köln, deren Einfluss auf das Unternehmen durch die Gesellschafterversammlung beziehungsweise das Weisungsrecht des Rates gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern gewährleistet ist. Die Verbindung zwischen der KölnBusiness Wirtschaftsförderung und der Verwaltung ist über die Stabsstelle Wirtschaftsförderung mit sieben Mitarbeitenden organisiert. Sie wird von Daniela Scherhag-Godlinski geleitet. 2022 schied Michael Josipovic aus dem Unternehmen aus, seitdem hat Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsdezernent Andree Haack den Posten als nebenamtlicher Geschäftsführer inne. (two)


Der Geschäftsbericht

2023 führte Kölnbusiness erstmals eine Befragung zur Kundenzufriedenheit durch. Demnach waren vier von fünf Unternehmen mit den Services zufrieden und würden das Unternehmen weiterempfehlen. Um die Dienstleistungen weiter auszubauen, wirbt Kölnbusiness aktiv Drittmittel ein. So konnten laut Geschäftsbericht das Citymanagement durch das Bundesförderprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen sowie den Europäischen Sozialfonds eingerichtet werden. Mehr als 500.000 Euro konnte Kölnbusiness zudem über das Gründerstipendium.nrw nach Köln holen. Weitere 516 000 Euro wurden über Messebeteiligungen eingeworben. Insgesamt fanden im vergangenen Jahr 26 branchenspezifische Netzwerkveranstaltungen für die Kölner Wirtschaft statt, darunter Wirtschaftsforen und -dialoge für Unternehmerinnen und Unternehmer in den Veedeln und Stadtbezirken bis hin zu Meetups im Bereich der digitalen Gesundheitswirtschaft. Beratungen zu Fördermitteln, Informationsangebote für Gründungsinteressierte sowie crossmediale Serviceangebote ergänzten laut Unternehmen das Portfolio. Hinzu kommt das Förderprogramm „Kölner Rahmen“, mit dem die städtische Wirtschaftsförderung Projekte in Zukunftsbereichen wie Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit unterstützt. 2023 flossen an 15 Projekte insgesamt 150.000 Euro. Seit 2019 investierte die Writschaftsförderung 3,8 Millionen Euro in das Kölner Startup-Ökosystem. 1,1 Millionen Euro wurden für die Weiterentwicklung von Innenstadt und Veedeln bereitgestellt, unter anderem für verkaufsfördernde Maßnahmen und Werbeaktionen. Auf den Immobilienmessen Mipim und Expo Real wirbt Kölnbusiness auch in diesem Jahr für den Standort Köln und damit um Investitionen. (two)