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Was ist überhaupt erlaubt?Ärger in Köln um Sportkurse im Park

Lesezeit 5 Minuten

Outdoor-Fitnesskurse sind beliebt, auch lange vor der Corona-Pandemie.

Die Kölner Stadtordnung verbietet gewerbliche Sportkurse in den Grünflächen.

Es ist ein Dienstagmorgen im leeren Volksgarten, eine Gruppe junger Frauen mit Baby im Tragesystem macht Sport. Doch die Freude ist getrübt. „Im laufenden Kurs wurde unser Kursleiter vom Ordnungsamt verwarnt. Es sei verboten, in öffentlichen Anlagen Sport in der Gruppe anzubieten. Das hat uns entsetzt“, sagt Heidi Bernhard aus dem Vorstand des Vereins „Neue Kölner“. Dessen Elternschule, ansässig am Severinsklösterchen, bietet Geburtsvorbereitung und Präventionskurse für 700 Frauen jährlich an. „Es geht bei unseren Kursen nicht um Bodystyling, sondern um Prävention. Sie sind zertifiziert und werden von den Krankenkassen übernommen. Daher verstehen wir uns nicht als kommerziell“, so Bernhard. 

In Köln sind laut Stadt mehr als 320.000 Menschen in mehr als 640 Sportvereinen aktiv. Hinzu kommen die vielen Kölnerinnen und Kölner, die allein oder in kleineren Gruppen Sport treiben. Egal ob Fitness, Pilates oder Yoga: Wenn es wärmer wird, sieht man etliche Sportkurse auch in den öffentlichen Parks und Grünanlagen. Laut § 24 Abs. 3 der Kölner Stadtordnung sind kommerzielle Sportangebote in öffentlichen Parks und Grünanlagen allerdings verboten. Verhindert werden sollen dadurch Beschädigungen, aber auch eine Überlastung der Flächen.

Verstöße werden mit 35 bis 500 Euro geahndet

Die Stadtverwaltung erreichen regelmäßig Beschwerden über kommerzielle Trainingsangebote, teilt die Stadt auf Nachfrage mit. Eine konkrete Zahl könne man nicht nennen, aber die Gründe: „Die Beschwerdeführenden beklagen, dass sie die Anlagen nicht benutzen können, weil sie von kommerziellen Anbietern belegt werden. Dies gilt auch für in den Grünflächen installierte Outdoor-Sportgeräte“, so eine Sprecherin.

Bis Juli 2024 gab es laut Stadt insgesamt vier Bußgeldbescheide, in denen „mehrere Verstöße eines Anbieters tatmehrheitlich geahndet wurden“, der Sportkurse in öffentlichen Grünflächen ohne Erlaubnis durchgeführt habe. Verstöße werden mit 35 bis 500 Euro geahndet. Genehmigungsfähig seien dagegen Kurse und Sportangebote, die nicht kommerziell sind. Dies seien „insbesondere für die Allgemeinheit bestimmte Angebote von Vereinen oder öffentlichen Trägern“. Sind also von der Krankenkasse bezahlte Gesundheitskurse erlaubt? Wo hört bei Sport die Prävention an und wo hört sie auf? Und sind Eins-zu-Eins Trainingsstunden mit einem Personal-Trainer nicht auch kommerziell? Schon ist man mitten drin in der Verwirrung um das Sportverbot kommerzieller Anbieter in Kölner Parks - das in der Praxis kaum durchgesetzt wird. Der Kölner Verein if (Initiative zur Förderung des Freizeit- und Breitensports e.V.) veranstaltet stadtweit sieben „Outdoor-Bodyfit“-Kurse pro Woche. „Seit fast zehn Jahren hatten wir noch nie Probleme mit dem Ordnungsamt“, heißt es aus dem Vorstand. Vermutlich, weil der eingetragene Verein kein kommerzieller Anbieter sei, heißt es auf Nachfrage bei if. Allerdings bezahlen Sportlerinnen und Sportler auch hier knapp über 20 Euro pro Monat fürs wöchentliche Training.

Größter Anbieter hat 40 Outdoor-Kurse pro Woche

Der wahrscheinlich größte kommerzielle Anbieter ist das „Original Bootcamp“ mit rund 40 Outdoor-Kursen pro Woche an unterschiedlichen Orten in Köln. Wer einmal die Woche trainieren möchte, zahlt für acht Wochen 115 Euro. Aber auch das lässt sich teilweise bei den Krankenkassen erstatten. Gründer und Geschäftsführer Nils Barkhoff bietet die Sportkurse im Freien seit 15 Jahren an, mittlerweile hat er das Konzept aus Köln in mehr als 50 Städte deutschlandweit exportiert. Er kann bestätigen, dass die Sportkurse vom Ordnungsamt weitestgehend geduldet werden. „Wir wurden in den 15 Jahren eine Handvoll Male vom Ordnungsamt verwarnt, und immer nur dann, wenn es eine Beschwerde gab“, sagt der 42-Jährige im Gespräch mit der Rundschau.

Workout mit Baby in der Trage: Die Elternschule am Severinsklösterchen e.V. macht Sport im öffentlichen Raum.

Um das zu vermeiden, gelten für die Trainerinnen und Trainer des „Original Bootcamp“ einige Regeln. „Wir trainieren nur in kleinen Runden mit bis zu zwölf Teilnehmenden, wir nutzen keine Spielplätze oder Trimm-Dich-Geräte“, zählt Nils Barkhoff auf. Wenn Musik abgespielt werde, passe man das den Anwohnern oder Parknutzern an. Insgesamt gehe es um ein gutes Miteinander im Park. „Wir benehmen uns wie Gäste.“

„Wir trainieren nur in kleinen Runden mit bis zu zwölf Teilnehmenden, wir nutzen keine Spielplätze oder Trimm-Dich-Geräte. Wir benehmen uns wie Gäste.
Nils Barkhoff, Gründer und Geschäftsführer des „Original Bootcamp“

In fast 80 Prozent der deutschen Städte werde das Sportverbot für kommerzielle Anbieter ähnlich wie in Köln gehandhabt, so Barkhoff - es werde kaum kontrolliert. Andere Städte, zum Beispiel Rosenheim, stellen Genehmigungen für kommerzielle Anbieter aus. Einzelne Bezirke in Berlin, etwa Friedrichshain-Kreuzberg, erheben eine Gebühr. Für Köln erhofft der „Original Bootcamp“-Gründer sich eine nicht zu komplizierte Lösung. „Wie soll etwa kontrolliert werden, ob jemand mit seinem Personal-Trainer Sport macht? Insgesamt geht es ja darum, dass überhaupt mehr Menschen Sport machen.“

Im vergangenen Sommer beschäftigte sich auch die Politik mit dem Thema. Der Vorschlag: Kommerzielle Angebote sollen gegen Gebühr erlaubt werden. Die Ratsfraktionen von FDP und SPD beantragten gemeinsam eine Änderung der Stadtordnung. Doch der Antrag fand in der Ratssitzung im November keine Mehrheit. Auch in Zukunft dürfen also im Grüngürtel und auf anderen Grünflächen keine kommerziellen Sport- und Fitnesskurse veranstaltet werden. „Wir halten eine Änderung weiterhin für richtig“, sagte SPD-Sprecher Daniel Adler auf Nachfrage. Allerdings müsse man, um das Thema weiter anzustoßen, „bis zur nächsten Gelegenheit warten“ - also mindestens bis zur nächsten Ratsperiode.

Kurse mit Kinderwagen gibt es auch im Trude Herr Park.

Heidi Bernhard von der Elternschule „Neue Kölner“ wünscht sich eine weitere Diskussion in den politischen Gremien, will es aber zunächst draufankommen lassen. „Die Kurse gehen weiter, wir wechseln vermutlich öfter den Ort“, so Bernhard. Für sie zählt vor allem der soziologische Aspekt. „Unser Angebot ist wichtig für die Familien, für die Frauen, die gerade Mütter geworden sind. Es geht um Kontakte und das sich Vernetzen. Das ist etwas ganz grundlegend wichtiges.“


Kölle aktiv

Sie brauchen keine Genehmigung: Die Stadt bietet kostenfreie Bewegungsangebote von Juni bis August. Drei Monate lang laden Kölner Sportvereine im ganzen Stadtgebiet dazu ein, unterschiedlichste Sportarten auszuprobieren. Wöchentlich finden rund 60 fachlich angeleitete Kurse statt. Die Angebote sind inklusiv ausgerichtet, kostenfrei und können ohne vorherige Anmeldung besucht werden.

Im Rahmen der Bewegungsinitiative „Kölle aktiv“ wurden im Stadtgebiet bisher vier interaktive Sport-Boxen mit umfassendem Trainingsequipment aufgestellt. Darin sind unter anderem Fitness- und Yogamatten, Medizinbälle, Battleropes, Kettlebells, Springseile, Pylonen, Blackrolls und Trainingsleitern. Zudem bietet eine Technikschublade die Möglichkeiten, Musik über Bluetooth Musikbox abzuspielen. Die Nutzung ist kostenfrei und nach einmaliger Registrierung in der App „SportBox app and move“ möglich.