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Kölner StädtepartnerschaftenWarum mit 23 Partnerstädten noch nicht Schluss sein muss

Lesezeit 4 Minuten
Rund 180 Menschenturmbauer aus Kölns Partnerstadt Barcelona  bauen einen Turm.

Einen Menschenturm bauen die Castellers de la Vila de Gracia aus Kölns Partnerstadt Barcelona. Auch die Stadt Köln setzt bei ihren Partnerstädten immer noch einen drauf.

Köln hat so viele Partnerstädte wie keine andere deutsche Stadt. Die Freundschaft zu Tunis ist eine der längsten: Sie wird 60 Jahre alt.

23 internationale Partnerstädte - mehr kann keine Stadt in Deutschland bieten. Die jüngste ist Dnipro in der Ukraine, die älteste Liverpool in England. Tunis wurde 1964 offizielle Partnerstadt. „Köln nach Tunis bringen und Tunis nach Köln, das ist unsere Aufgabe“, sagt Raouf Khamassi, Vorsitzender des Städtepartnerschaftsvereins Köln-Tunis.

Ein sehr großes Stück Tunis schaffte der Verein 2006 zur Fußball-Weltmeisterschaft nach Köln: einen Couscous-Kocher, der solche Dimensionen hatte, dass er aufs Schiff verladen und mit dem Sattelschlepper transportiert werden musste. Als das Gerät endlich in der Kölner Innenstadt stand, untersagte das Ordnungsamt den Betrieb. „Zu gefährlich“, erinnert sich Khamassi und schmunzelt: „Ich weiß selbst nicht, wie wir dort Couscous hätten einfüllen sollen - mit Leitern?“

Zu Karneval schickt Köln gerne Kölsch nach Tunis

Kleiner sind die Grüße aus Köln, die der Partnerschaftsverein gerne zu Karneval nach Tunis schickt: Pittermännchen, damit es dort bei Veranstaltungen auch „ein echtes Kölsch zu trinken gibt“. Zum 60-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft stellen Künstler und Künstlerinnen aus Köln und Tunis gemeinsam aus. Am Samstag wird es tunesische Spezialitäten auf der Schildergasse vor dem Kaufhof geben. Oberbürgermeisterin Henriette Reker empfängt am 18. Oktober unter anderen den tunesischen Botschafter im Rathaus.

Kölns Partnerstädte

Kölns Partnerstädte

Die Idee zur Städtepartnerschaft entstand, als der damalige tunesische Präsident Habib Bourghiba zum Staatsbesuch in Deutschland war. Er kam unter anderem nach Bonn; der Kölner Oberbürgermeister Theo Burauen knüpfte Kontakte. „Es brauchte damals Mut, mit einer deutschen Stadt Freundschaft zu schließen“, erklärt Raouf Khamassi.

Als Erstes hatte Liverpool diesen Mut, 1952, gerade mal sieben Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Es folgten 1958 auf einen Schlag Lille in Frankreich, Lüttich in Belgien, Esch-sur-Alzette (Luxemburg), Turin (Italien) und Rotterdam (Niederlande). In einer so genannten Ring-Partnerschaft machten sich die beteiligten Städte alle gegenseitig zu Partnerstädten.

1964 folgte dann Tunis - als erste Stadt außerhalb Europas und bis heute einzige Stadt in Afrika. Mittlerweile hat Köln Partnerstädte in aller Welt - von Indianapolis (USA) und Rio de Janeiro (Brasilien) bis Kyoto in Japan. Mit Bethlehem kam 1996 eine weitere Stadt aus dem arabisch-sprachigen Raum dazu. Tel Aviv in Israel hatte die offizielle Freundschaft zu Köln schon 1979 besiegelt.

Jüngste Partnerstadt Kölns: Dnipro in der Ukraine

Vor einigen Jahren hat die Stadt sich auf die Suche nach einer geeigneten Partnerstadt südlich der Sahara begeben. Grand-Bassam im Staat Elfenbeinküste war im Gespräch. Dann ließ der russische Angriff auf die Ukraine das Bedürfnis nach mehr Kontakt in diese Region wachsen: Im August 2024 wurde die ukrainische Stadt Dnipro die 23. und jüngste internationale Partnerstadt Kölns.

Sie wird wahrscheinlich nicht die letzte bleiben. Erst 2023 stellte die Stadt Köln ihr internationales Engagement mit einem überarbeiteten Städtepartnerschaftskonzept auf eine neue Grundlage. „Besonders angesichts der globalen Krisen gewinnt die Kultur der Kooperation, die mit den Städtepartnerschaften praktiziert wird, zunehmend an Bedeutung“, heißt es darin. In Sachen Menschenrechte, aber auch zum Beispiel Klimaschutz versucht die Stadtverwaltung in den Partnerstädten Wissen weiterzugeben.

Raouf Khamassi ist 1968 zum Studium der Betriebswirtschaft aus Tunesien nach Dortmund gekommen. Heute hat er mehrere gastronomische Betriebe, unter anderem das Hotelrestaurant XII Apostel in Köln, und die deutsche Staatsbürgerschaft. Er sieht sich als Mittler zwischen Köln und Tunis. „In Köln wohnen die meisten Tunesier in ganz Deutschland“, meint er, etwa 6000 sind es seines Wissens nach. Wenn tunesische Studenten in Köln einen Job suchen, hilft er ihnen, wenn Deutsche eine Wohnung in Tunesien brauchen, ebenso.

Die Menschen aus Köln und Tunis haben mit der Politik nichts zu tun. Es zählen die zwischenmenschlichen Beziehungen.
Raouf Khamassi, Vorsitzender des Städtepartnerschaftsverein Köln-Tunis

In Tunesien hat sich gerade der autokratische Präsident Kais Saied wiederwählen lassen. Aber: „Die Menschen aus Köln und Tunis haben mit der Politik nichts zu tun. Es zählen die zwischenmenschlichen Beziehungen“, sagt Khamassi. Und die werden von den Bürgervereinen, die jede Städtepartnerschaft abseits der Verwaltungsebene mit Leben füllen, auch in Krisen weiter gepflegt - ob zu Istanbul (Türkei), Wolgograd (Russland) oder Bethlehem und Tel Aviv.

Vor den Sommerferien hat die SPD-Fraktion im Kölner Stadtrat übrigens den Antrag gestellt, eine schottische Städtepartnerstadt zu suchen. Schließlich habe man sich mit den Fußball-Fans, die zur EM angereist waren, so gut verstanden. Das wurde allerdings abgelehnt.