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Kölner Startup„DeepSkill“ will soziale und emotionale Kompetenzen bei Mitarbeitenden steigern

Lesezeit 4 Minuten
Das Team von DeepSkill mit Gründerin Miriam Mertens (3.v.l.).

Das Team von DeepSkill mit Gründerin Miriam Mertens (3.v.l.).

Das Startup hat eine digitale Plattform entwickelt, die andere Fähigkeiten als Durchsetzungskraft und Dominanz in den Vordergrund rückt: sogenannte Soft Skills.

Fast zwei Drittel der Führungspersönlichkeiten in Deutschland fühlen sich erschöpft. Dies geht aus einer aktuellen Studie des Meinungsforschungsunternehmens Civey hervor. Von den befragten 1000 Führungskräften gaben 62 Prozent an, oft kraftlos zu sein. Junge Führungspersönlichkeiten sind besonders belastet: In der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen gaben Anfang 2024 sogar 72 Prozent an, erschöpft zu sein.

Ein Grund für die Kraftlosigkeit ist die Einzelkämpfermentalität, die in vielen Büros weltweit, vor allem aber in Deutschland, herrscht. In den USA werden Führungskräfte eher geschult – das betont auch die Kölner Unternehmerin Miriam Mertens. Sie hat eine digitale Plattform entwickelt, die andere Fähigkeiten als Durchsetzungskraft oder Dominanz in den Vordergrund rückt: Emotionale Intelligenz und Fähigkeiten, die in deutschen Büros lange Zeit weniger im Fokus standen – sogenannte Soft Skills oder Deep Skills, zum Beispiel Empathie, Kooperationsfähigkeit und mentale Stärke.

DeepSkill: Unternehmerin arbeitete zuvor bei der Telekom in Bonn

Die studierte Betriebswirtin und Fachinformatikerin Mertens arbeitete zuvor als Führungskraft bei der Telekom in Bonn und konnte dort in Sachen Mitarbeiterführung wichtige Erfahrungen sammeln. Sie stellte fest, dass in deutschen Unternehmen oft Teamgeist und Vertrauen in die Mitarbeiter fehle, und dass sich dies negativ auf die Arbeitsmoral auswirke: „Immer wieder fehlt an deutschen Arbeitsplätzen ein unterstützendes und produktives Teamumfeld. Unternehmen sollten daher verstärkt auf Trainings setzen, um die Teamarbeit zu stärken und ihren Erfolg zu sichern.“

Diese Trainings bietet DeepSkill, welches von Unternehmen für ihre Führungskräfte und Mitarbeiter gebucht werden kann. „Ich habe immer wieder festgestellt, dass Berufstätige viel mehr Schulung in den Deep Skills brauchen: Mehr emotionale und soziale Kompetenzen, die uns helfen, mit Herausforderungen zurecht zu kommen. Mir fehlten dafür Trainingsmaßnahmen – das hat mich bewogen, im April 2020 mit meinem Mitgründer Peter Goeke DeepSkill ins Leben zu rufen.“ Die Plattform richte sich vor allem an den Mittelstand in Deutschland, hier sei der Bedarf am Größten.

Menschen haben Stärken, die die KI nicht besitzt

„Wir leben in Zeiten von massiven Veränderungen, die Arbeit verdichtet sich und die Anforderungen an den Mittelstand sind deutlich komplexer geworden. Dazu kommt die Künstliche Intelligenz, welche uns teils überfordert.“ Menschen hätten jedoch entscheidende Stärken, welche die KI nicht besitze - dazu gehörten Empathie und Vertrauensbildung.

Wie wichtig diese Aspekte seien, erlebte Mertens in ihrer Zeit als Beraterin. Die wenigen Projekte, in denen diese Komponenten eine Rolle spielten, waren nach ihren Erfahrungen meist am erfolgreichsten. Der Lernansatz von DeepSkill basiert auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Psychologen Goleman, Mayer und Salovey, die den Begriff der emotionalen Intelligenz geprägt haben. Die Nutzer des Angebots kommen aus der DACH-Region und in der mitlerweile auch aus Ländern in Mittel- und Südeuropa. Verschiedene Investoren, darunter Ex-Lufthansa-Vorstand Bettina Volkens, investierten zuletzt 1,5 Millionen Euro in DeepSkill.

150 freiberufliche Coaches in sieben Sprachen

„Grundsätzlich ist DeepSkill für alle Berufstätigen gedacht“, erläutert Mertens. „Wir haben einen Konfigurator gebaut, in den ich eingebe, welche Kompetenzen ich bei meinen Mitarbeitenden und Führungskräften ausbauen möchte, beispielsweise mehr internationale Kooperation.“ Man kommuniziere mit Trainern und Kollegen – eine Kombi aus Selbstlernen und gemeinsamen Training. Die Interaktion sei dabei immer sehr wichtig. „Wir haben einen Pool an 150 freiberuflichen Coaches in sieben Sprachen. Wir finden für jeden Kunden die richtigen Trainer“, erklärt Mertens. Kostenpunkt von DeepSkill: Zwischen 500 und 5000 Euro im Jahr pro Mitarbeitenden, je nach Konfiguration. Eine zentrale Frage sei: „Wie geht es mir aktuell, wie komme ich mit Veränderungen klar.“ Dann gehe es schnell in Workshops und Partnerarbeiten, Übungen und virtuelle Trainings – jedoch immer mit Praxisbezug und konkreten Beispielen aus der Arbeitswelt. „Anschließend messen wir die Zufriedenheit und evaluieren die Ergebnisse.“ So würden starke und gesunde Teams geschaffen, die sowohl den Umgang mit KI beherrschten als auch lösungsorientiert zusammenarbeiteten.

Wie dringlich die Problematik ist, zeigen weitere aktuelle Statistiken. Eine Gallup Studie hat herausgefunden, dass lediglich 13% der Arbeitnehmenden in Deutschland ein positiv geprägtes Arbeitsumfeld durch Führung erlebten. „Das zeigt, wie wichtig Deep Skills sind und wie viel aufzuholen ist“, betont Miriam Mertens. „Der Perfektionismus darf nicht das Einzige sein, was unsere Arbeitswelt dominiert. Wie Julian Nagelsmann zuletzt betont hat: Wir brauchen mehr Optimismus, Lösungsorientierung und Freude bei der Arbeit – gemeinsam Dinge angehen und auf guter Vertrauensbasis zusammenarbeiten.“