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„Unfassbar spektakulär“Leben des frühen Kaufhaus-Erpressers Arno ist Vorlage der neuen Serie „Ich bin Dagobert“

Lesezeit 4 Minuten
Arno (Friedrich Mücke) fälscht 1000 Mark Scheine.

Arno Funke fälscht, gespielt von Friedrich Mücke, 1000 Mark Scheine.

Das Kölner Produktionsteam der Serie beriet Funke persönlich. Ab dem 7. Oktober läuft sie auf RTL Nitro.

Schwerverbrecher, Robin Hood, verzweifelter Desperado oder ein echter Eulenspiegel, der die Staatsmacht aufs Korn nahm? Arno Funke war Ende der Achtziger und Anfang der neunziger Jahre irgendwie alles auf einmal: Er war ein Erpresser, der über Jahre die Gesellschaft der Bundesrepublik in Atem hielt und bombte, ohne dass Menschen dabei zu Schaden kamen. Gleichzeitig war er ein vom Leben Gezeichneter, der keinen Ausweg sah, als ins kriminelle Milieu zu wechseln. Nach seiner Verhaftung und seinem sechsjährigen Gefängnisaufenthalt war er ein Geläuterter, der es als Grafiker und Autor sogar zu einem gewissen Prominentenstatus schaffte.

Ein Kölner Produzenten-Team hat sich der verrückten Lebensgeschichte des Berliners angenommen und daraus eine Serie produziert, welche ab dem 2. Oktober auf dem Streaminganbieter RTL+ zu sehen sein wird. „Ich bin Dagobert“ besteht aus sechs Folgen und beleuchtet den Aufstieg und Fall des berühmten Erpressers Funke, der sich nach der Disney-Figur „Dagobert“ benannte und deutschlandweit bekannt wurde.

Nicht zuletzt ist Funke tatsächlich ein großartiger Mensch, der sich die zweite Chance redlich erarbeitet und verdient hat.
Michael Souvignier, Zeitsprung-Gründer

Serien, die auf tatsächlich geschehenen Kriminalfällen beruhen, sind schon seit einigen Jahren echte Publikumslieblinge. Auch deutsche Kriminalfälle sind auf bekannten Kanälen als ellenlange Serien zu finden, so zum Beispiel die Netflix-Serie „Gladbeck: Das Geiseldrama“. Viele überzeugen mit viel Spannung und noch mehr Spezialeffekten. „Ich bin Dagobert“ wurde von der Kölner „Zeitsprung Pictures GmbH“ produziert und wagt einen anderen, eher psychologischen Ansatz. Arno „Dagobert“ Funke ist nicht der Bösewicht oder Antagonist der Serie, sondern ein depressiver Getriebener, der auf geschickte Weise die Polizei immer wieder narrt und doch eigentlich nur zu sich selbst finden will.

Die drei Zeitsprung-Produzenten Michael Souvignier, Till Derenbach und Dominik Frankowski hatten sich aus verschiedenen Gründen entschieden, die spektakuläre Geschichte des heute 74-Jährigen Funke in deutsche Wohnzimmer zu senden: „Zum einen ist seine Story unfassbar spektakulär und immer noch bekannt – selbst unter Jugendlichen. Zum anderen sind Geschichten und Musik der Achtziger und Neunziger weiterhin sehr beliebt, und nicht zuletzt ist Funke tatsächlich ein großartiger Mensch, der sich die zweite Chance redlich erarbeitet und verdient hat“, betont Zeitsprung-Gründer Michael Souvignier. Arno „Dagobert“ Funke stand dem Team während der Dreharbeiten als Berater zur Seite und ist dem Kölner Team sowie Autor Ronny Schalk tatsächlich ans Herz gewachsen.

Folgerichtig erlebt der Zuschauer den Erpresser Dagobert in der Serie als Ich-Erzähler, welcher zu Beginn schwer depressiv und ohne Halt im Leben seinem Ende entgegentaumelt. Als Kunstlackierer arbeitet er in einer Kfz-Werkstatt - während des Lackierens atmete er jahrelang Lösungsmittel ein, welche womöglich sein psychisches Leiden auslösten. Kurz vor dem Selbstmord entschließt sich Funke, sehr intensiv gespielt von Friedrich Mücke, lieber am Leben zu bleiben. In den kommenden Jahren sind zumeist Karstadt-Filialen sein Erpresser-Ziel: Mit erstaunlichen Methoden schafft er es, die Polizei an der Nase herumzuführen und erpresst zunächst im Jahr 1988 500.000 Mark, mit denen er einen ersten Ausstieg schafft.

Der frühere Kaufhaus-Erpresser „Dagobert“ und heutige Karikaturist Arno Funke zeichnet am 06.01.2013 im Terminal 2 des Flughafens von Frankfurt am Main einem Fan eine Karikatur auf ein Blatt. Er wartet auf den Abflug nach Australien, wo er Teilnehmer des RTL-Dschungelcamps sein wird.

Nach seiner Freilassung wurde Arno Funke für viele zum Promi. Hier trifft er Fans vor seinem Abflug ins Dschungelcamp 2013.

Dass es dabei nicht bleibt, ist natürlich abzusehen, und so erleben die Zuschauer das Auf und Ab eines genialen Verzweifelten, der schon zu Kindestagen manches Dunkle aus seinem Leben vorausahnte und doch niemandem schaden wollte. Seinen eigenen Dämonen steht er in der Serie Auge in Auge gegenüber, und so erschaffen die Zeitsprung-Produzenten das Psychogramm eines komplexen Banditen. Auch in der Serie gibt es jede Menge Zeitsprünge, welche die Spannung jedoch nur befeuern, geschickt umgesetzt von Regisseur Hannu Salonen.

Auf der anderen Seite begleiten wir Kommissar Strack (Misel Maticevic) und die Psychologin Dr. Balas (Sonja Gerhardt), welche mal fieberhaft, mal mit kühlem Kopf die Psychospielchen von Dagobert zu entschlüsseln suchen und welche dem Druck der Öffentlichkeit spürbar standhalten müssen. Bei diesem Katz-und-Maus-Spiel ist die Katze der Verlierer, wie bei Tom und Jerry. Arno Funke steht sich jedoch immer mehr selbst im Weg, was die Serie großartig vermittelt – auch wenn die Dämonen des Dagobert zu sehr an die Marvel-Studios erinnern.

Insgesamt lohnt sich der Blick in die Serie, spätestens ab der zweiten Folge ist der Zuschauer im Netz von Dagobert gefangen. Originale Musik- und Fernsehausschnitte aus den achtziger und neunziger Jahren geben der Serie einen besonderen zeitgeschichtlichen Anstrich, ebenso die typische Optik und Synthie-Musik der Achtziger. Das Ende von Dagobert ist bekannt – er befreite sich nach eigenen Angaben auch durch diese wilden Jahre aus seinen Fesseln und erhielt dank seiner Reue öffentliche Anerkennung. Bis ins Dschungelcamp schaffte es der gealterte Erpresser, bevor er in den späten Jahren seines Lebens zur Ruhe fand und heute mit viel Humor und Sympathie auf sein Leben zurückblickt.


„Ich bin Dagobert“, 6 Folgen, ab Mi., 2.10. auf RTL+ als Stream verfügbar. Zudem ab Mo., 7. Oktober um 20.15 Uhr auf RTL Nitro zu sehen.