Sebastian Streicher ist Schreiner und ständig auf Reise. Er fährt seit einem Jahr die afrikanische Küste entlang und kümmert sich um die Reparaturen auf einem Hospitalschiff der Hilfsorganisation „Mercy Ships“.
„Zeit, etwas für andere zu tun“Kölner fährt mit dem Hospitalschiff „Africa Mercy“ durch die Meere

Sebastian Streicher bei seiner Arbeit auf dem Schiff.
Copyright: Mercy Ships
Der Beruf eines Schreiners verschlägt einen in die eine oder andere Werkstatt, aber doch eher selten auf See. Bei Sebastian Streicher ist das anders. Der Arbeitsplatz des Kölner ist der Ozean. Seine Route führt ihn über Madagaskar nach Südafrika. Allein ist auf seinem Weg durch die Weltmeere aber nicht. Ein großes, multikulturelles Team ist Teil der „Africa Mercy“ der Hilfsorganisation „Mercy Ships“, die über die Meere schippert, um medizinische Versorgung nach Afrika zu bringen. Und mittendrin: Sebastian Streicher, der sich auf dem Schiff um alles kümmert, was repariert oder auf Vordermann gebracht werden muss.
„Zwei Frauen aus meiner Gemeinde erzählten mir damals von einem Kurzeinsatz auf dem Schiff,“ erzählt der 35-Jährige aus Niehl. Als er zusätzlich noch auf einen Facebook-Beitrag stieß, auf dem die Organisation nach Schreinern suchte, sei er überzeugt gewesen. „Mir gefiel der Gedanke, etwas für andere zutun und dabei unter Christen zu leben,“ meint Streicher.

Die „Africa Mercy“ fährt über die Meere, um an den Küsten Afrikas Menschen medizinisch zu versorgen.
Copyright: Mercy Ships
In Afrika war der Ehrenamtler vorher nur als kleines Kind, als er mit seinen Eltern Ägypten erkundete. Auch die ehrenamtliche Arbeit war für ihn neu. Trotzdem habe der Gedanke überwogen, etwas Gutes bewirken zu wollen. Und so landete er auf dem Schiff, zusammen mit einem anderen Schreiner und etwa 380 Leuten an Bord, inklusive der Patienten. Dutzende Nationen treffen hier aufeinander. Gesprochen wird hauptsächlich Englisch, wer Französisch kann, sei aber klar im Vorteil. „Deutsch sprechen wir nur am Sonntag, wenn sich alle Deutschen treffen, um zu quatschen und zusammen zu essen.“ Die Atmosphäre auf dem Schiff sei entspannt und freundlich. „Alle sind sehr neugierig und wollen wissen, woher man kommt, wie lange man bleibt und was man beruflich tut“.
Seine Werkstatt auf dem Schiff ist klein und eng, der andere Schreiner und er passen gerade so herein. Und doch gesellen sich laut ihm oft Mitarbeiter zu den beiden Handwerkern, die selber an Holz interessiert sind und mithelfen wollen. „Zum Glück gibt es hier keine pingeligen Kunden, die sich beschweren, wenn dann mal ein Brett ein paar Millimeter zu kurz ist“, scherzt er. Zurück in Deutschland schreinerte er die meiste Zeit Bühnenbilder für Film- und TV-Studio..

Der Kölner Schreiner arbeitet nun seit einem Jahr ehrenamtlich auf dem Schiff, um anderen zu helfen.
Copyright: Mercy Ships
In seinem neuen Ehrenamt verdiente er lange kein Geld. Im Gegenteil - auf dem Schiff zahlen die Ehrenamtler einen Betrag von rund 400 US-Dollar an die Organisation, um ihre Eigenkosten an Bord zu decken. Vor kurzem verlängerte Streicher seinen Vertrag von einem auf zwei Jahre, dafür bekommt er nun eine kleine finanzielle Beihilfe. „Wenn es mal knapp wird, helfen mir meine Freunde gerne aus, um meine Arbeit zu unterstützen.“Die Fixkosten für die Versicherungen in Deutschland zahlt er weiter zusätzlich.
Vor der Reise, musste Streicher sich umfangreich impfen lassen. Außerdem absolvierte er ein zweiwöchiges Basis-Training, in dem ihm unter anderem die Grundlagen der Ersten Hilfe, das Seerecht und die Feuerwehrbekämpfung an Bord beigebracht wurden. Denn der Schreiner arbeitet nicht nur in seinem handwerklichen Beruf- er hilft auch in der Feuerwehrwache und im Tauchteam des Schiffes aus. Ab und zu darf er sogar unter Aufsicht des Offiziers das Schiff steuern. Langweilig werde ihm also eher selten.

Auf dem Schiff gibt es immer etwas, das repariert werden muss.
Copyright: Mercy Ships
Wegen Überlastung müssen Patienten teils abgelehnt werdenSein Arbeitspensum liegt bei 40 Stunden pro Woche, zuzüglich der Rufbereitschaft für das Feuerteam. Zehn Monate bleibt das Schiff an einem Fleck, dann liegt es für zwei Monate in der Werft. Demnach fährt das Team nur zwei Mal im Jahr für ein paar Tage, das letzte mal von Madagaskar nach Durban, einer Großstadt in Südafrika. „Das Schiff ist von 1980, es muss also auf dem Weg immer etwas repariert werden.“
Bisher laufe alles positiv, manchmal sei es nur schwer, sich von Kollegen zu verabschieden, die das Schiff früher verlassen. Auch sei es immer wieder belastend, wenn man Patienten in Not ablehnen müsse, weil die Kapazitäten des Schiffes voll ausgeschöpft seien. „Am Ende des Tages ist es trotz der traurigen Momente ein besonderes Gefühl, die Hoffnung und Freude in den Augen unserer Patienten zu sehen“, schwärmt er. Wohin es ihn nach der Reise verschlägt, weiß der Streicher noch nicht. Er könne sich aber vorstellen, noch länger auf dem Schiff zu bleiben.
Für ihn ist die Arbeit auf den „Mercy Ships“ etwas, dass er jedem empfehlen kann, der sich ehrenamtlich engagieren möchte. In seinen Worten: „Jemand sagte mal, dass die ‚Africa Mercy‘ wie ein Dorf mit Krankenhaus, voller Christen und Menschen aus aller Welt, ist alle mit dem gemeinsam Grundgedanken, anderen zu helfen. Das klingt doch nett, oder?“