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Kölner TheaternachtRund 2500 Gäste entdecken Kölns Bühnen - Kritik an mangelnder Förderung

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Drei Personen schwingen an Seilen um einen Backsteinturm.

Eindrucksvoller Auftakt: Das Flugtheater „Angels Aerials“ an den Türmen des Heizkraftwerks in der Südstadt.

44 Spielstätten nahmen an der 21. Kölner Theaternacht teil. Der Verein der darstellenden Künste fordert mehr Budget für Kultur.

Aufgebläht vom Wind flattern die bodenlangen, weißen Vorhänge im Sturm. Es donnert und blitzt im verdunkelten Metropoltheater. Gespannt fixiert das Publikum die Bühne. Taucht er gleich auf? Dracula selbst bekommen die Leute in diesem kurzen Einblick in das gleichnamige Theaterstück noch nicht zu Gesicht - und das, obwohl die Vorstellung um 1 Uhr eigentlich genau seine Zeit wäre. Die Kölner Theaternacht verband auch in ihrer diesjährigen Ausgabe Nachtschwärmerei und darstellende Kunst. In 44 Spielstätten der Stadt taten sich am Montag bis in die Nacht gleichzeitig fantastische Welten auf. Rund 2.500 Gäste hatten die Qual der Wahl und machten sich auf, um sie zu entdecken. In jedem Veedel gab es etwas zu sehen.

„Die Kölner Szene der darstellenden Künste boomt. Die Theaternacht zeigt das“, freut sich Manuel Moser bei der Eröffnung der Theaternacht im Heizkraftwerk in der Südstadt. Er ist Teil des Vorstands vom Verein der darstellenden Künste, der die Veranstaltung organisiert. In der 21. Ausgabe waren so viele Spielstätten wie noch nie dabei - auch im Rechtsrheinischen. Rund 200 Vorstellungen gab es insgesamt in der Stadt. Darunter nicht nur Theater, sondern auch Tanz, Performance und Zirkus. Mit einem Ticket für 27 Euro konnten Gäste so viele Darstellungen besuchen, wie sie wollten.

Die Kölner Szene der darstellenden Künste boomt. Die Theaternacht zeigt das.
Manuel Moser aus dem Vorstand des Vereins für darstellende Künste

Bei aller Freude über den Zuwachs zur Theaternacht übt Moser jedoch auch Kritik an mangelnder Förderung der Bühnen Kölns. „Sie sind ein Ort der demokratischen Auseinandersetzung“, betont der Schauspieler und Regisseur. „Wir brauchen eine solide Ausstattung der freien Bühne. Wir brauchen eine Erhöhung des Kulturetats!“, fordert er. Erst im August musste die Szene einen Schock verdauen: Die NRW-Landesregierung plant erstmals seit elf Jahren eine deutliche Kürzung ihres Budgets für Kultur. 7,5 Millionen Euro weniger sollen es sein. Endgültig verabschieden will das Land den Entwurf Ende des Jahres.

„Jetzt erst recht“ scheint die Theaternacht zu sagen. Für den spektakulären Start des Abends pilgern die Gäste vor die Kamintürme des Heizkraftwerks am Zugweg. Fasziniert legen sie den Kopf in den Nacken, einige machen es sich auf den Boden vor der vertikalen, 75 Meter hohen Bühne bequem. Das Flugtheater „Angels Aerials“ fliegt an Sicherungsseilen um die Backsteintürme. Wenn sie sich von der Wand abstoßen, wirken sie wie schwerelos. Verträumt schaut das Publikum nach oben.

Zwei Tänzerinnen in blauem Licht und in weißen Oberteilen.

„Modus H2O“ brachte eine moderne Version von Flamenco in die Severinstorburg.

Nur ein paar Ecken weiter hallt ein temperamentvoller Takt aus der Severinstorburg. So gut hat der Parkettboden in dem kleinen, historischen Saal noch nie geklungen: Mit energischen Schritten macht das alternative Flamenco-Duo „Modus H2O“ den Raum zu seinem Instrument. Im Nebel bewegen sich die Tänzerinnen durch blaues Licht. Sie vermischen traditionelle Flamenco-Elemente mit modernem Tanz und elektronischen Klängen. Die Großen sind darin gleichermaßen versunken wie die Kleinen. Immer wieder versuchen Leute erfolglos, noch ein Plätzchen in dem überfüllten Raum zu finden. Lange müssen sie zum Glück nicht warten, die nächste Vorstellung ist schon in einer Stunde.