Ein 87-jähriger ehemaliger Geistlicher gesteht vor Gericht in Köln, einen Jungen sexuell missbraucht zu haben.
Pozess beginntOrthodoxer Geistlicher gesteht Missbrauch eines Kindes in Köln
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Das Landgericht Köln
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Es sind schwere Vorwürfe, die die Staatsanwaltschaft seit Montag gegen einen 87-jährigen früheren orthodoxen Geistlichen vor dem Landgericht Köln erhebt. Vor mehr als 25 Jahren soll der Mann einen damals neunjährigen Jungen zum Teil schwer sexuell missbraucht haben. Die Taten soll der Mann laut Anklage während seiner Tätigkeit als Diakon und Erzdiakon einer orthodoxen Religionsgemeinschaft in Köln begangen haben, bei der er viel Kontakt zu Kindern und Jugendlichen gehabt habe. „Der Angeklagte nutzte dies unter anderem aus, um seine sexuelle Vorliebe vor allem für männliche Kindern auszuleben“, heißt es in der Anklageschrift.
Prozess gegen Geistlichen: Sechs Übergriffe zur Last gelegt
Insgesamt sechs zum Teil schwere sexuelle Übergriffe legt die Anklagebehörde dem Senior zur Last. Dabei soll er in den Jahren 1999 bis 2003 einen im Februar 1990 geborenen Jungen zum teil massive sexuelle Gewalt angetan haben. Zudem wird der Mann beschuldigt kinder- und jugendpornografische Darstellungen besessen zu haben, die bei einer Durchsuchung seiner Wohnung im Stadtteil Nippes am 26. Juni 2023 von Polizeibeamten sichergestellt worden seien. Ein nach der Anklageverlesung vom Verteidiger des 87-Jährigen angeregtes Rechtsgespräch, lehnte die Vorsitzende Jennifer Otten ab: „Eine förmliche Verständigung bietet sich in dem Fall nicht an.“ Anschließend erklärte der Verteidiger, dass sein Mandant die Tatvorwürfe, wie sie in der Anklage stünden, zutreffend nannte. „Das in der Anklageschrift beschriebene Geschehen hat genauso stattgefunden“, sagte der Verteidiger.
Angeklagter gesteht Missbrauch
Anschließend stand der Angeklagte selbst frank und frei Rede und Antwort. Er schilderte, dass er aus einer nationalsozialistischen Familie stamme, in der Gewalt unter den Eltern aber auch gegenüber den Kindern die Regel gewesen sei. Erste sexuelle Kontakte habe er schon in der Schule zu Gleichaltrigen gehabt, erklärte der 87-Jährige. Religiös sei er als Lutheraner sozialisiert, sei aber auch aufgrund seiner pubertären sexuellen Erlebnisse schon früh mit den lutheranischen Moralvorstellungen in Konflikt geraten, was dann nach seinem Theologiestudium zur Konversion zur Orthodoxie geführt habe.
Durchaus verstörende Aussagen machte der 87-Jährige, als er auf die Taten zu Lasten des als Nebenkläger in dem Prozess auftretenden Opfers zu sprechen kam. Demnach handelt es sich bei dem heute 35-Jährigen um den Sohn eines Freundes des Angeklagten. Bei einem Besuch bei seinem Freund, so der Angeklagte, habe das spätere Opfer sich vor ihm im Garten die Badehose immer wieder heruntergezogen. Der Junge sei erregt gewesen, wie er habe sehen können. „Ah, der will was, da ist was los“, habe er gedacht, so der 87-Jährige. Wenig später habe der Junge zu ihm gesagt: „Jetzt nimm mich“, so der Angeklagte. Und weiter: „Und da ist es passiert.“ Zu weiteren Taten sei es gekommen, „wegen der Lust, meiner und seiner“ gekommen, so der 87-Jährige. Die Vorsitzende hielt es bei der Schilderung kaum auf ihrem Richterstuhl. Sie könne es sich nicht vorstellen, dass Jungs im Alter von neun bis 13 Jahren auf einen älteren Herren zukämen „und sexuellen Kontakt“ fordern, sagte Otten. „Das halte ich für nahezu ausgeschlossen“, so die Vorsitzende weiter. Der Prozess wird fortgesetzt.