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Interview

„Mein Hauptmedium ist das Staunen“
Mentalist Thorsten Havener im Interview

Lesezeit 5 Minuten
Thorsten Havener bei seinem Programm „Gedankenleser“

Thorsten Havener bei seinem Programm "Gedankenleser"

Der Mentalist Thorsten Havener, der sich selbst auch „Körpersprachendolmetscher“ oder „Gedankenleser“ nennt, tritt Anfang Juni in Köln auf.

Mithilfe welcher Körpersprache-Basics kann ich mein Gegenüber lesen?

Grundsätzlich ist unsere Körpersprache ein Zusammenspiel zwischen öffnen und schließen. Das ist die absolute Grundlage. Das Öffnen ist ein Lockerlassen oder ein Zeigen der Handflächen. Im Gesicht ist das Öffnen immer eine Bewegung nach oben. Das kann ein Lächeln sein oder eine Augenbraue, die nach oben gezogen wird. Das bedeutet immer, derjenige ist bereit, Informationen aufzunehmen. Ein Schließen der Körpersprache hingegen, das kann ein Zurücklehnen sein oder Bewegungen nach unten im Gesicht. Augen, die kleiner werden, ein Mund der sich schließt oder Mundwinkel, die nach unten gehen. All das bedeutet eine negative Emotion bezüglich dessen, worüber gerade gesprochen wird.

Und das soll ich alles lesen? Oder besser manches nicht?

Und bevor man anfängt, die Körpersprache anderer zu analysieren, oder wie ich es nenne „Körpersprachendolmetscher“ zu werden, sollte man wissen, dass es immer um die Veränderung des Gegenübers geht. Es geht nicht darum, jede gesehene Geste für sich zu interpretieren, sondern es geht immer darum zu schauen: In welcher Verfassung nehme ich das gerade auf? Bin ich gerade gestresst oder genervt, projiziere ich das automatisch auf die Situation. Der zweite Schritt ist die Veränderung meines Gegenübers. Wann verändert derjenige seine Körpersprache? Als Drittes kommt dann erst die Bedeutung. Was hat das unter diesen Bedingungen, in diesem Kontext zu bedeuten?

Also macht die eigene Verfassung einen Unterschied darin, wie man jemanden liest?

Ja, wir schaffen es nur sehr schwer, neutral zu beobachten. Es kommt jemand rein, den man mag. Schon ist man nicht mehr neutral. Es kommt jemand rein, den man nicht mag, dann ist man nicht mehr neutral. Dieses Mögen oder Nicht-Mögen und der eigene Stress entscheiden maßgeblich, wie wir wahrnehmen.

Sie geben auch Tipps zur Persönlichkeitsentwicklung. Inwiefern hängen Körpersprache und Persönlichkeitsentwicklung zusammen?

Grundsätzlich ist das ja die äußere Handlung. Das, was ich denke, wird sich darauf auswirken, was ich fühle. Das, was ich fühle, wird sich in meinem Verhalten äußern. Heißt: Körpersprache ist ein Ausdruck unserer Emotionen. Emotion ist im Zusammenspiel mit anderen Menschen einfach ein ganz wichtiger Schlüssel. Paul Watzlawick, ein großer Kommunikationsforscher, hat gesagt: In jeder Aussage gibt es zwei Ebenen. Einmal die Inhaltsebene und die Emotionsebene. Die Inhaltsebene ist, was gesprochen wird und die Emotionsebene, ist das, was dabei an Gefühlen mit ausgedrückt wird. Eine echte Lösung findet zuerst auf der Emotionsebene statt. Damit kommen wir jetzt zur Persönlichkeit eines Menschen. Als Beispiel: Ein zielstrebiger Mensch, der schnell ans Ziel kommen will und weiß, was er will oder vielleicht den Anspruch hat, andere zu führen, der wird auch dementsprechend gehen. Wenn jemand also mit großen Schritten direkt auf mich zukommt, da weiß ich, das ist eine zielstrebige Person, die will schnell zum Punkt kommen. Da brauche ich nicht lange Smalltalk führen. Von daher lässt sich natürlich ganz klar, durch Verhalten ablesen, was für eine Persönlichkeit jemand hat.

Also soll man dieses Verhalten für eine Persönlichkeitsentwicklung auf sich selbst beziehen?

Da ist mein Ansatz weniger, dass ich Gesten erkläre und sage: „Mache die Geste um selbstsicher zu wirken“. Davon halte ich nicht viel. Antrainierte Gesten wirken nun mal nicht authentisch, sondern aufgesetzt. Meine Herangehensweise ist eher, über die Persönlichkeit zu gehen. Herauszufinden, was bin ich für ein Persönlichkeits-Typ und wie wirke ich? Was ist der richtige Gedanke, den ich haben sollte? Denn die innere Haltung ist die äußere Handlung. Bei Menschen, die wirklich gut sind in dem, was sie tun, es aber nicht gerne vor anderen vortragen, ist es viel klüger sich vorzustellen, dass es richtig gut laufen wird. Wenn man mit diesem Gedanken im Kopf raus geht, dann folgt die passende Körpersprache automatisch. Bei mir ist es also eher ein Mentaltraining. Aus diesem Mentaltraining heraus entsteht dann automatisch die richtige Körpersprache. Also nicht vorgeben, selbstsicher zu sein, sondern wirklich Selbstsicherheit üben.

Wie kam es, dass sie auch Unternehmenscoaching anbieten?

Vor 30 Jahren habe ich angefangen, Menschen auf der Bühne als Mentalist zu unterhalten und zu inspirieren. Früher hat man dazu auch „Gedankenleser“ gesagt. Heißt, ich habe mich in die Geheimnisse des menschlichen Geistes eingearbeitet und die dann in einem unterhaltsamen Abendprogramm gezeigt. Das haben auch viele Geschäftsleute gesehen, die dann auf mich zugekommen sind und wollten, dass ich mal einen Workshop für ihre Firma mache. So ist es zustande gekommen, dass ich neben meiner Tätigkeit als Mentalist auch in die Business-Themen eingestiegen bin. Inzwischen mache ich die eine Hälfte als Mentalist auf der Bühne, die andere Hälfte gestalte ich als Redner für Konzerne oder Firmenevents.

Am Dienstag treten sie mit ihrem Programm „Gedankenleser“ im Gloria auf. Worauf kann sich das Publikum gefasst machen?

In aller Linie erwartet die Zuschauer gute Unterhaltung. Das Ziel des Abends ist es, die Menschen zwei Stunden in meine Welt zu entführen, wo es uns einfach mal gut geht. Ich mache das allerdings nicht wie ein Comedian, dass ich die Leute nur zum Lachen bringe, denn mein Hauptmedium ist das Staunen. Ich zeige meine Erkenntnisse aber nicht nur, ich lüfte auch kleine Teile des Vorhangs und zeige, woran ich das erkannt habe. Was mir an dem aktuellen Programm so viel Spaß macht ist, dass ich nicht weiß, was passieren wird. Denn das Publikum entscheidet, wie der Abend ablaufen wird. Auf der Bühne stehen zehn Kisten, die sind durchnummeriert und in jeder Kiste ist ein anderes Experiment von mir. Das Publikum entscheidet dann, welche fünf Kisten geöffnet werden sollen. Und das ist der Abend, den ich zeige.

Sind ihre Zuschauer denn offen für ihre Experimente, wenn sie live auf der Bühne gelesen werden?

Ja, die machen alle immer super mit. Und in Köln ja sowieso. Ich war schon oft in Köln und bin auch oft im Gloria aufgetreten. Ich freue mich da schon sehr drauf, denn der Kölner und ich, das passt offensichtlich sehr.

Thorsten Havener - Gedankenleser, Dienstag, 4. Juni, 20 Uhr, Gloria, Apostelnstraße, Karten:42,45 Euro