Ihre Hautfarbe musste die Kölnerin Joceline Altevogt bereits zur Kindergartenzeit den anderen erklären. „Milch und Kaffee ergeben zusammen Milchkaffee“, lautete das notdürftige Beispiel, das sie als Kind auf der angestrengten Suche nach einer Erklärung oft genutzt habe, um verstanden zu werden.

Die heute 31-Jährige hat deutsche und angolanische Wurzeln. Sie hatte dunklere Haut als die meisten der Kinder - und dunklere Haut als ihre weiße Mutter. Dass sie eine andere Hautfarbe haben konnte als ihre Mama, war für viele Kinder neu und deshalb erstmal unverständlich. „Wenn man immer erklären muss, warum man so aussieht, wie man aussieht, ist das nicht leicht“, erklärt sie. „Ich hätte es schöner gefunden, wenn man mich einfach nimmt, wie ich bin, damit ich mich fühlen kann, wie alle anderen auch.“

Mit ihrem Verlag „Nalingi“ will Altevogt erreichen, dass Kinder möglichst früh erfahren, wie unterschiedlich Menschen aussehen. Vier Kinderbücher hat der Verlag bereits herausgegeben. Alle von ihnen sind bunt illustriert und bilden auch Kinder aus der Schwarzen Community ab. Als Autorin ist Altevogt maßgeblich an den Texten zweier Bücher beteiligt. „Ziel meines Verlags ist es, Sichtbarkeit für Menschen zu schaffen, die sonst nicht so stark in Büchern repräsentiert sind. Ich glaube, wenn Kinder von Anfang an sehen, wie unterschiedlich die Gesellschaft ist, wird das für sie zur Normalität.“

Die Kölnerin ist Mutter einer fast zweijährigen Tochter. Ihr erstes Buch begann sie schon zu schreiben, bevor sie schwanger wurde. Der Gedanke an ihr zukünftiges Kind motivierte sie. „Möchte ich, dass mein Kind in eine Erklärposition kommt? Oder möchte ich, dass es genauso gesehen wird, wie alle anderen auch?“, habe Altevogt sich gefragt.

So entstand das Kinderbuch „Die Farbe der Haut mit allen Sinnen“: Freunde und Familien mit unterschiedlichen Hautfarben spielen im Park. Zwei Vögel beobachten sie und fragen sich, was es mit ihren Unterschieden auf sich hat. „Die Farbe der Haut ist wie der Duft von Blumen, so unterschiedlich. Sie riechen alle anders, mal streng, mal stark, mal ganz fein und lieblich. Und all die tollen kleinen bunten Pflänzchen bilden erst zusammen die schönsten Kränzchen“, heißt es im Hautfarben-Buch.

Geeignet ist das Buch für Kinder ab vier Jahren. Es sei rein positiv formuliert und stelle die Gleichwertigkeit aller Hautfarben dar. „Gerade für Kitas ist das Buch sehr beliebt“, sagt die Kölnerin. „Kinder, die sich vorher kaum in Bücher wiedergefunden haben, haben sich darin gesehen. Und die haben sich total gefreut.“ Das passende Malbuch bietet der Verlag zusammen mit Buntstiften in allen Hautfarben an.

Fußballerin Eunice Beckmann: Buch über ihr Leben soll Kinder inspirieren

Prominente Unterstützung bekommt der Verlag durch die Ex-FC-Spielerin Eunice Beckmann, die aktuell beim FC Viktoria Berlin unter Vertrag ist. Ihre bewegende Geschichte auf dem Weg zur Profifußballerin durfte Altvogt für das Buch „Trau dich zu träumen“ aufschreiben. Die beiden kennen sich seit ihrer Grundschulzeit in Wuppertal.

Beckmann ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, ihre Eltern haben Wurzeln in Ghana. „Dass sie eine Person of Colour ist, spielt in dem Buch nicht die Hauptrolle“, erklärt Altevogt. „Eunice ist einfach eine Frau, die es zu großen Teilen aus eigener Kraft geschafft hat, sich hinter ihren Traum zu klemmen und jemand zu werden.“ Ihre Geschichte soll nun das Selbstbewusstsein aller Kinder stärken.

Die Familie der Fußballerin habe nicht viele Mittel gehabt. „Wenn beide Elternteile eingewandert sind, machen oft beide nicht die bestbezahltesten Jobs oder Jobs, die ihnen viel Zeit lassen.“ Bei jedem Spiel am Rand zu stehen, um das Kind anzufeuern oder es zum Training zu fahren, sei oft nicht möglich. Eunice sei meistens von anderen Eltern mitgenommen worden.

Wie kraftspendend die Geschichte der Bundesliga-Spielerin sein kann, habe Altevogt von einer Frau gehört, die mit geflüchteten Jugendlichen arbeitet. Nach einer erfolglosen Jobmesse sei die Gruppe frustriert gewesen. „Als sie ‚Trau dich zu träumen‘ gelesen haben, waren sie wieder motiviert, weil sie sich in Eunice wiedergefunden haben“, freut sich die Autorin.

Als sie selbst ein Kind war, habe sie kaum deutsche Figuren aus Film, Fernsehen oder Bücher gehabt, mit denen sie sich identifizieren konnte. „Man fühlt sich erstmal nicht zugehörig und als würde etwas mit einem nicht stimmen, weil man sich selbst nicht wiederfindet.“ In anderen Ländern tue sich da gerade sehr viel. Es gebe zum Beispiel auch mal Disney-Prinzessinnen, die nicht weiß sind.

Hierzulande seien seltener auch Hauptrollen mit unterschiedlichen Hautfarben zu sehen. Viele Kinder greifen deshalb auf die US-amerikanische, französische oder britische Kultur zurück. Altevogts Bücher sollen dazu beitragen, dass es auch im Deutschsprachigen einen Teil vielfältige Figuren gibt: „Weil ich mich als Deutsche identifiziere, möchte ich mich auch in Deutschland repräsentiert fühlen. Deshalb schreibe ich als Deutsche Bücher für Kinder aller Hautfarben.“

Bücher von „Nalingi“

Bücher des Verlags Nalingi können in allen Kölner Buchhandlungen bestellt werden. Sie sind auch auf der Website des Verlags erhältlich. Die Bücher kosten zwischen rund 21 und 24 Euro. Das Hautfarben-Malbuch gibt es für rund 10 Euro.