Umbau statt Abriss: Nicht nur um die Klimaneutralität Kölns bis 2023 erreichen zu können, sondern auch aus städtebaulicher Sicht setzt sich eine neue Initiative für die Nutzung alter Gebäude ein.
Fürs Klima und StadtbildKölner Initiative setzt sich für Umbau statt Abriss ein
Heidelberg gilt heute als eine der schönsten Städte Deutschlands. Malerische Altstadt, Neckarpanorama, Schloss. Das war nicht immer so. In Folge des französischen Erbfolgekrieges massiv zerstört, wurde es Ende des 17. Jahrhunderts mehr oder weniger aus einem Guss wieder aufgebaut. Weitgehend schmuck- und schnörkellos aus dem hier üblichen Sandstein, das mittelalterliche Straßennetz etwas begradigt und an praktische Bedürfnisse angepasst. Was das Ganze mit Köln zu tun hat?
Colonia Claudia Ara Agrippinensium ging es nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges nicht viel anders. Dom und Rheinpanorama konnte der Krieg nichts anhaben, der Rest musste möglichst schnell und bedarfsgerecht wieder aufgebaut werden. Auch hier hielt man sich weitgehend ans mittelalterliche Straßenraster, die Bauten selbst waren eher zweckmäßig und aus dem hergestellt, was eben gerade da war.
Viele Chancen im Altbestand
Aber gerade darin liegen auch Chancen, ist die neu gegründete „Initiative Umbau“ aus Köln überzeugt. In 50 Jahren sind die Nachkriegsbauten die neue Altstadt. Doch die werden immer öfter niedergelegt, um Platz für Neues zu schaffen. Der Initiative geht es im Kern zwar nicht vorrangig um architektonische Ensembles und erst recht nicht um eine bestimmte Epoche, sondern um eine nachhaltigere Stadtentwicklung, die - wo immer es geht - auf Erhalt und Sanierung setzt, statt auf Abriss, Stichwort „Graue Energie“. Wenn dabei aber das ein oder andere hässliche Entlein mitsamt seiner Umgebung eine zweite Chance im neuen Gewand bekommt, umso besser.
„Wir appellieren weniger an die Bauwirtschaft als an die Stadtgesellschaft“, erklärt Yasemin Utku, Professorin für Städtebau. Die stetig wachsende Gruppe aus Architektinnen und Architekten, Stadtplanern, Künstlern, Lehrenden, Studierenden und vor allem Bürgerinnen und Bürgern will einen Diskurs über einen umweltbewussten, sozial gerechten und kulturell wertschätzenden Umgang mit dem Baubestand der Stadt eröffnen. Dabei geht es natürlich nicht nur um die 50er und 60er Jahre, sondern bis in die Moderne hinein: „Wie schnell das gehen kann, zeigt die Diskussion um die Stadtbibliothek“, mahnt Utku an.
Weniger Ressourcenverbrauch, weniger Immissionen
90 Prozent aller Ressourcen, 55 Prozent aller Abfälle und 40 Prozent aller Immissionen in Deutschland gingen laut einer Studie der Bundesstiftung Baukultur in den gesamten Bausektor, erklärt Initiativen-Gründungsmitglied Conrad Risch. Wobei bei den Immissionen der laufende Betrieb mit eingerechnet sei. Höchste Zeit also, ein Umdenken einzuleiten: Vor allem ausgehend vom selbsterklärten Ziel der Stadt Köln, bis 2035 klimaneutral werden zu wollen. Hier ist die Bestandssanierung ausdrücklich als ein wichtiger Baustein aufgeführt. Merken könne man davon allerdings viel zu wenig, ist man bei der Initiative überzeugt.
In einem Offenen Brief an den Stadtvorstand um Oberbürgermeisterin Henriette Reker heißt es: „Wir wundern uns über das Schicksal vieler Gebäude der öffentlichen Hand und zahlreicher weiterer Bauten. So sind die Diskussionen um den Abbruch des Justizzentrums, des Campus Deutz, vieler städtischer Schulen und der erwogene Abbruch der Kölner Zentralbibliothek nicht mit den Zielen der Klimaneutralität und den Leitbildern der Stadtentwicklung vereinbar. (...) Der Neubau kann und soll nur eine Ausnahme sein.“
Dass gerade energetische Sanierungen oder Großprojekte nicht mal eben so auf den neuesten Stand zu bringen sind, darüber ist man sich bei der „Initiative Umbau“ durchaus im Klaren. Doch in der Fachwelt sei das Thema längst angekommen und auch weitgehend unstrittig, sagt Utku. Es gelte nun, diesen Diskurs auch in die breite Öffentlichkeit zu bringen. „Da ist in erster Linie die öffentliche Hand als Vorreiterin und auch als Bauherrin gefragt“, mahnt sie. Gerade im dringend nötigen Schulbau gebe es reichlich Möglichkeiten. Als Beispiel nennt die Initiative die GGS Antwerpener Straße, deren Altbestand als „gefährdet“ gilt. Die Oper mit ihren speziellen Erfordernissen und entsprechenden Kosten sei dagegen kein typisches Beispiel: Das sei eigentlich ein Neubau in altem Gewand.
Wer sich selbst ein Bild von den Ideen der Initiative Umbau machen will, ist am Montag, 28. August, um 19 Uhr in die Karl Rahner Akademie an der Jabachstraße 8 eingeladen. Dort werden Mitglieder der Initiative mit Vertretern der Kommunalpolitik diskutieren und sind für Fragen aus der Bürgerschaft offen.