Rainald Grebe hat viele Berufe. Er ist nicht nur Autor, Dramaturg, Regisseur, Schauspieler, Comedian und Obstbauer, sondern auch Sänger, Pianist und Komponist. Am Mittwoch tritt der 52-.Jährige mit „Die Band“ im Gloria auf.
Interview mit Rainald Grebe„Die Krankheit ist täglich da“
Was für eine Sorte Band ist „Die Band“?
Sehr klassisch, altherrenmäßig, mit Bass, Schlagzeug, Gitarre und Klavier. Es gibt kein DJ-Pult, und es ist auch sehr laut. Es geht um Rock’n’ Roll und Rock, mit deutschen Texten. Es gibt keine großen Themen, sondern all das, was so in meinem Arbeitsspeicher rumgelungert hat – einfach losmachen. In erster Linie dient das Programm dazu, neu anzufangen. Unser Trommler ist während Corona gestorben, wir haben zusammen seit 2005 gespielt. Wir wollten eigentlich aufhören, haben dann aber doch anders entschieden. Das war ein harter Einstieg. Unser neuer Schlagzeuger,Markus Lingner, ist nicht gecastet, wir kannten uns schon vorher. Es wäre schön, wenn wir noch ein bisschen weitermachen könnten, uns unser Gnadenbrot erspielen….
Die Band heißt aber nicht „Die Band“…
Das ist ein Missverständnis, das häufiger vorkommt. Die Band heißt „Die Kapelle der Versöhnung“. Als wir 2005 in Berlin-Mitte angefangen haben, hatten wir tausend Bandnamen auf dem Zettel, aber keiner hat richtig gepasst. Ich habe dann gesagt; ,Ich geh’ mal um den Block.’ Und dann stand ich vor der Kirche der Versöhnung, die stand auf einem Mauerstreifen, war 1985 gesprengt worden und ist aus Holz wieder aufgebaut worden. In der Kirche haben wir tatsächlich mal gespielt, der Pfarrer war ein großer Fan von uns. Der Name hat auch insofern gepasst, weil ich der einzige Wessi in der Band war. Und jetzt immer noch bin.
Könnten Sie sich ein Leben nur als Sänger und Komponist vorstellen?
Am Klavier sitzen, spielen und eigene Texte singen, das ist so’n Ding, das ich schon seit 30, 40 Jahren mache. Aber Pomusik mit Gitarren und Schlagzeug verlangt auch eine andere Musik, eine andere Poesie. Als ich damit angefangen habe, war ich Mitte 30, mitten in einer Rockphase – verspätete Pubertät. Diese Art von Musik hat auch eine andere Dauer. Da kommt dann der Gitarrist und sagt: ,Kannst du mir nicht ‚ne Zeile mehr schreiben? Das passt so nicht zu meinem Riff.‘ Eine zeitlang ging das auf, fast nur Songs zu schreiben, es war gut, zu merken, dass man sich da so voll reinhängen kann. Aber immer nur Musik? Nee. Das wäre mir zu einseitig.
Was steht als Nächstes bei Ihnen an?
Ein großes Konzert Ende Juli auf der Berliner Waldbühne. Meine Gesundheit ist natürlich wieder ein Thema (Anm. d. Red: Aufgrund einer Gefäßerkrankung hatte Rainald Grebe 2021 einen Schlaganfall, auf den bis heute zahlreiche weitere folgten) – das mit Berlin muss ich schaffen! Und danach ausruhen, faktisch eine Woche schlafen. Der Winter wird dann wieder ein Schreibwinter. Ich schreibe ein neues integratives Theaterstück, das nächstes Jahr im „Ramaba Zamba“ Theater in Berlin aufgeführt werden soll, bei dem Menschen mit Down Syndrom mitspielen. Es wird auch wieder Lesungen geben, aus meiner Autobiografie, und ich lese ein Hörspiel. Das Hörspiel habe ich entdeckt als Anti-Podcast-Format, nicht nur immer labern und Minuten totschlagen.
Ordnen Sie ihr Leben der Krankheit unter?
Die Krankheit überlagert halt vieles, sie ist halt täglich da. Im Moment habe ich wieder Hoffnung, ich treffe viele Kranke, diese Solidarität, dass man seine Erfahrungen austauscht, das tut gut. Dadurch, dass man immer wieder von neuem Kraft sammeln muss, ändern sich auch die Tageseinteilung und der Tagesablauf. Nach einem Gespräch brauche ich anschließend erst mal eine Pause. Die Marschrichtung ist eher: weniger ist mehr. Das ist auch eine Lösung, das ist ein Weg, es sind die Wege, die mich interessieren. Was ist Stress? Was ist positiver Stress? Mein Arzt sagt, ich soll arbeiten, aber auf genügend Pausen achten. Das sagt sich so leicht. Aber es ist schwer, sich rauszuziehen, wenn man das früher ganz anders, in einem ganz anderen Tempo gewöhnt war.
Termin
Rainald Grebe: „Die Band“, 5. 7., 20 Uhr, Gloria, Apostelnstr. 11. Das Konzert ist ausverkauft.