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„Kein Penthouse, kein Sportwagen“Peter Heerdt führt am Bonner Wall einen Familienbetrieb in zweiter Generation

Lesezeit 4 Minuten
Der Eigentümer Peter Heerdt sitzt auf einer Couch in seinem Laden am Bonner Wall.

Peter Heerdt in seinem Kölner Einrichtungshaus

Vom Gardinenladen zum Showroom für Interieur: Peter Heerdt führt in der Kölner Südstadt ein Traditionsgeschäft.

Die Familie Heerdt ist seit Generationen dem Handwerk treu geblieben: „Ich bin Raumausstatter, mein Vater war Polsterer und Dekorateur, mein Großvater als Sattler und Polsterer bei den Köln-Bonner Eisenbahnen für die Erneuerung der Ledersitze zuständig“, erzählt Peter Heerdt, der Eigentümer des gleichnamigen Familienunternehmens, das vor über 60 Jahren in Wesseling gegründet wurde und mittlerweile auch in Köln ansässig ist. „Schon mein Urgroßvater arbeitete als Gerber in der damaligen Lederfabrik in Wesseling in der Branche.“

Sein Vater Holger machte sich 1962 mit seiner Frau Gertrud, die er bei der Ausbildung in Rodenkirchen kennengelernt hatte, mit einer Polsterwerkstatt selbstständig. Fünf Jahre später eröffneten die beiden ein kleines Geschäft für Gardinen und Teppichböden auf der Ringstraße in Wesseling, das schnell zur Adresse für schönes Wohnen wurde. Die Auftragslage war gut, das Ehepaar Heerdt hatte bald einen Lehrling und zwei Mitarbeiterinnen als Verstärkung in der Nähstube.

Eine Schaufensterfront

Die Schaufensterfront des ersten Gardinenladens Heerdt an der ehemaligen Ringstraße in Wesseling

„Meine Schwester und ich sind mit Gardinen, Polsternägeln und schöner Tischwäsche groß geworden. Die berufliche Zukunft lag nahe: Mit 16 habe ich die Ausbildung zum Raumausstatter begonnen, mit 21 hatte ich die Meisterprüfung und mit 24 hat mein Vater mir den Betrieb überlassen“, erinnert sich der 56-Jährige, der den Betrieb in den nachfolgenden Jahren sukzessive ausgebaut und die Produktpalette ausgeweitet hat. Neben Gardinen und Rollos kann der Kunde bei Peter Heerdt jetzt seine Inneneinrichtung von A bis Z aus einer Hand bekommen.

Der Gardinenladen in Wesseling in den 70er-Jahren.

Der Gardinenladen in Wesseling in den 70er-Jahren, hinter der Theke steht Gertrud Heerdt

„Der Weg vom Raumausstatter zum Interieur-Designer war mit viel Selbstdisziplin und Fleiß, mit einer Sechs-, manchmal auch Sieben-Tage-Woche verbunden und immer mit der Meile mehr, die ich und meine Mitarbeiter bereit waren und sind, für die Firma zu gehen.“

Polstergeschäft zieht von Wesseling an den Bonner Wall

Im Jahre 2010 wagte der Wesselinger, der auch Kunden am Lago Maggiore, auf Mallorca und Ibiza hat, den Schritt nach Köln und bezog 750 Quadratmeter am Bonner Wall – in einen Showroom über zwei Etagen mit Ware im Wert von 1,5 Millionen Euro, der jedes Jahr nach den neuesten internationalen Einrichtungstrends umgestaltet wird.

Auch das Stammgeschäft in Wesseling existiert noch, dort befindet sich neben Näherei und Polsterei die Planungsabteilung mit modernster digitaler Technik. Die Möbel können eins zu eins in die Kundenräume projiziert und die neue Einrichtung so visualisiert werden. Stoffe, Lampen, Sofas kann der Kunde in seinem Wohnzimmer so realitätsnah sehen, als ob er bereits darin wohnen würde.

Neben Stoffmöbeln gehören mittlerweile verschiedene Stücke zur Einrichtungspalette.

Neben Stoffmöbeln gehören mittlerweile verschiedene Stücke zur Einrichtungspalette.

„Ich bin ein sparsamer Mensch, habe noch nie einen Kredit aufgenommen. Ich wohne nicht in einem Penthouse und fahre keinen Sportwagen. Aber Digitalisierung ist die Zukunft, auf dem Gebiet muss man investieren“, erklärt der Unternehmer, der seit über drei Jahrzehnten den elterlichen Betrieb mit inzwischen 65 Mitarbeitern leitet und 2007 als „Innenarchitekt des Jahres“ ausgezeichnet wurde, seine Firmenphilosophie.

Stammkunden sichern das Geschäft

Der Erfolg von Traditionsfirmen messe sich am Stammkunden. Aber die Loyalität der Kunden sei nicht mehr wie früher. „Die Leute lassen sich beraten und kaufen dann im Netz. Das ist eine Gefahr für den Einzelhandel und Grund für viele Insolvenzen und Leerstände. Es kommt darauf an, Kunden zu binden, indem man kostenlosen Service rund um das Produkt auch über Jahre anbietet und für Probleme immer eine Lösung anbieten kann“, sagt Heerdt.

Die Pandemie hat dem Geschäft nicht geschadet, im Gegenteil: Polsterei und Näherei erlebten eine Renaissance, denn viele Menschen fokussierten sich in Krisenzeiten auf das eigene Nest, auf ein schönes Zuhause und ließen Opas Sessel neu aufpolstern.

In diesem Sommer merkte der Einrichter am Bonner Wall aber, dass die Menschen beim Kaufen eher zurückhaltend sind und nicht mehr spontan mal eben einen Sessel oder eine Lampe kaufen. Die potenziellen Kunden sorgten sich vor allem um Heizung, Dämmung und Solaranlagen. Das mache auch Handwerksbetrieben und Dienstleistern in anderen Branchen zu schaffen, so Peter Heerdt, der das Geschäft seiner Eltern unbedingt erhalten und an seine Töchter weitervererben möchte.


Familienbetriebe

Familienunternehmen waren lange die tragende Säule der deutschen Wirtschaft, doch der Markt verändert sich. Nur jeder dritte Familienbetrieb in Deutschland wird auch in der zweiten Generation weitergeführt. In der dritten Generation sind es laut einer Studie der Unternehmensberatung Frankfurt School Student Consulting gerade noch zwölf Prozent. Nur wer investiert und modernisiert, kann sich auf dem Markt behaupten und hat Chancen, den Familienbetrieb erfolgreich an die nächste Generation zu vererben. Der Kölner Inneneinrichter Peter Heerdt gehört dazu.