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Hilfe für benachteiligte Kinder in Köln„Die Schere zwischen arm und reich geht immer mehr auseinander“

Lesezeit 3 Minuten
Gabriele Gérard-Post schaut in die Kamera. Auf dem Porträt trägt sie ein schwarzes Kleid.

Gabriele Gérard-Post hat 2006 den Verein „Himmel un Ääd“ für benachteiligte Kinder gegründet.

Gabriele Gérard-Post ist die Gründerin des Vereins „Himmel un Ääd“ und unterstützt benachteiligte Kinder. Im Interview spricht sie über Missstände.

Mit dem Verein „Himmel un Ääd“ hilft Gabriele Gérard-Post im Team Kindern aus benachteiligten Familien, zum Beispiel mit einem kostenlosen Mittagessen. Der Verein ist dabei auf ehrenamtliche Unterstützung und Spenden angewiesen. Für ihr Engagement bekam die Kölnerin Gérard-Post 2021 den Bundesverdienstorden durch Oberbürgermeisterin Henriette Reker verliehen.

Frau Gérard-Post, Sie haben bereits 2006 den Verein „Himmel un Ääd“ gegründet, um armen Kindern ein kostenloses Mittagessen anzubieten. War die Not damals auch schon so groß?

Gabriele Gérard-Post: Mein Mann und ich hatten damals zufällig Kontakt zu der Hauptschule am Großen Griechenmarkt. Wir waren geschockt, dass die meisten Kinder ohne Frühstück in den Unterricht kamen und dann auch mittags nix, keine vernünftige Mahlzeit, erhielten. Daraufhin haben wir spontan den Verein gegründet. Der Name sollte Programm sein: „Himmel un Ääd“, ein kölsches Gericht, das satt macht.

Hat sich die Situation in der Gesellschaft fast 16 Jahre später verändert?

Ja, ist es noch schlimmer geworden. Die Schere zwischen arm und reich geht immer mehr auseinander. Nicht jedes fünfte, sondern jedes dritte Kind ist arm. Wir haben bei uns ganz viele Kinder von Alleinerziehenden. Viele leben fast ausschließlich von Bürgergeld und Kindergeld. Hinzuverdienen geht nur schlecht, denn die Arbeitszeiten für Alleinerziehende gehen häufig an den Bedürfnissen der Kinder vorbei. Vor Monatsende sind die Portemonnaies dann häufig leer – Pausenbrote, Mittagessen und Nachhilfe bleiben auf der Strecke.

Sie bieten inzwischen nicht nur Mittagessen, sondern auch Hausaufgaben-Betreuung, Nachhilfe, Berufsbegleitung. Ersetzen Sie die Eltern?

Eltern kann man nicht ersetzen, aber wir geben täglich 90 Kindern ein zweites Zuhause. Die Nachfrage ist groß. Zu den deutschen Kindern sind 2015 viele syrische und vor einem Jahr ukrainische Flüchtlingskinder dazu gekommen. Mir ist es egal, woher sie kommen, weshalb zu Hause nicht gekocht wird, warum die Eltern Einladungen zu Gesprächen nicht wahrnehmen. Ich möchte keinen verurteilen. Wenn man nie genug Geld hatte und da so reingeboren wird, das geht ja manchmal über Generationen, da macht sich oftmals auch eine Lethargie breit. Alle diese Gründe blende ich aus. Ich möchte, dass es den Kindern gut, besser geht.

Sie versorgen täglich 90 Kinder mit kostenlosem Frühstück und Mittagessen und kümmern sich um einen qualifizierten Nachhilfeunterricht. Wie finanzieren Sie das alles?

Wir brauchen im Jahr rund eine halbe Million Euro für Miete, Lebensmittel und Personal. Das eine ist: Ich kann gut Klinken putzen. Aber ohne Golfturnier, ohne Charity-Galas, ohne Netzwerk in die Karnevalsgesellschaften wäre das Ganze allerdings undenkbar. Wie sind auf Spenden angewiesen.

Warum engagieren Sie sich?

Gesellschaft funktioniert nur, wenn man etwas zurückgibt, man kann nicht nur nehmen. Kinderarmut finde ich besonders schlimm. Kinder werden unschuldig in alles hineingeboren, die können für überhaupt nichts auf dieser Welt etwas. Wenn der Bauch voll ist, dann kann man sich auch im Unterricht konzentrieren und besser lernen. Ich möchte damit sagen, dass es mir wichtig ist, dass alle Kinder eine faire Chance bekommen für eine bessere Zukunft.