Von genervt bis gelassen reichen die Reaktionen auf die KVB-Baumaßnahme zwischen Neumarkt und Rudolfplatz.
Bis zum 17. OktoberSo reagieren die Kölner auf die KVB-Baumaßnahme in der Innenstadt
Viele der Autos, die sich auf der einen verbliebenen Fahrspur auf der Hahnenstraße im Schneckentempo vorwärtsbewegen, haben auswärtige Kennzeichen. Wer Bescheid weiß und kann, meidet die Großbaustelle zwischen Neumarkt und Rudolfplatz. Noch bis zum 17. Oktober erneuern die KVB dort die Gleise.
Nach dem „Aachener Stern“, wo insgesamt 16 Weichen erneuert werden mussten, ist dies die zweite sehr große Gleisbaumaßnahme der KVB in diesem Jahr. Gestartet ist die Maßnahme, von der die Stadtbahnlinien 1,7 und 9 betroffen sind, am 16. September. Entlang der Hahnenstraße zwischen Neumarkt und Rudolfplatz sowie auf dem Abzweig in den Mauritiussteinweg werden insgesamt sechs Weichen und rund 2.300 Meter Schiene ausgetauscht. „Hierfür müssen 3.750 Quadratmeter Asphaltdecke aufgebrochen sowie später wieder vervollständigt werden. Zudem werden zwei U-Turns sowie eine Kreuzung erneuert“, teilten die KVB mit. Die Weichen in diesem Bereich sind bis zu 27 Jahre alt, die Schienen 25 Jahre. Des Weiteren wird auf rund 150 Quadratmetern die Pflasterung erneuert, unter anderem um ein neues Blindenleitsystem einzubauen.
Gewusel und Gewummer
Ausgehend vom Neumarkt arbeiten sich unzählige Männer und Maschinen Richtung Rudolfplatz vor. Auf den Fahrspuren rechts und links neben dem Gleisbett liegen Baggerschaufeln, neue Gleise, herausgerissene Ummantelungen. Berge von Asphaltplatten, Schotter und Betonstücken türmen sich. Generatoren rattern. Presslufthämmer dröhnen. Arbeiter entfernen Ummantelungen. Eine Baumaschine bearbeitet mit einer Art überdimensionalem Stoßzahn den Beton, ein riesiger Greifer zerrt ein langes Gleisstück empor. Bagger rangieren zwischen den Abfallcontainern.
„Jetzt sind sie bei uns angekommen“, stöhnt Martin Podorf, Inhaber von „Violas' Gewürze & Delikatessen“ an der Hahnenstraße. Sein Geschäft, das direkt neben dem Edel-Italiener „maca_ronni“ liegt, leidet unter der Baustelle. „Die Parkplätze sind weggefallen. Draußen sitzen will keiner mehr. Da steht jetzt meist ein stinkender Dieselgenerator“, sagt Podorf. Zudem würden die großen Baucontainer die Sicht versperren. „Dreck und Chaos“, so fasst Podorf zusammen, was die Baustelle für ihn bedeutet.
„Generell erneuern wir in diesen Jahren sehr umfangreich unser Schienennetz, so wie wir dies kontinuierlich über die Jahre und Jahrzehnte bereits gemacht haben“, sagt KVB-Sprecher Stephan Anemüller und fügt hinzu: „Wir haben die Trennung der Linie 9 wie geplant am Sonntag beenden können und mit der zweiten Bauphase begonnen. Für unsere Fahrgäste und die weiteren Verkehrsteilnehmer läuft alles wie geplant.“
Während die Linie 9 seit Sonntag wieder durchgängig fährt, sind die Linien 1 und 7 noch eingeschränkt. Sie werden an der Baustelle getrennt. Die Fahrten der Linie 1 und 7 enden aus Bensberg oder Zündorf kommend am Neumarkt. Aus Weiden oder Frechen kommend enden sie an der Haltestelle „Universitätsstraße“. Dazwischen verkehren noch bis zum 17. Oktober Ersatzbusse mit der Kennung 101 oder 107.
Kunden reagieren genervt bis gelassen
Dass die Linie 9 wieder planmäßig fährt, hat eine Kundin noch nicht verstanden. „Ich warte auf den 109-er Bus“, erklärt sie. Das ist nicht mehr nötig. Eine Studentin, die normalerweise täglich mit der Linie 1 zwischen Eupener Straße und Deutz pendelt, muss hingegen weiterhin in den Bus umsteigen. „Das kostet mich schon 10 bis 15 Minuten pro Strecke mehr“, sagt sie. Schlimm findet sie das nicht.
„Ich finde es furchtbar. Das kostet uns eine halbe Stunde“, schimpft dagegen eine Junkersdorferin. Zusammen mit ihrem Mann war sie zum Shoppen in der Stadt. Gegen Mittag meldet eine Stimme aus dem Lautsprecher, dass die Busse nicht mehr planmäßig fahren. „Hohes Verkehrsaufkommen“, ist laut Laufschrift der Grund.
Letzte große Maßnahme in diesem Jahr
Ingrid Fingerhut-Funke und ihr Mann Claus, die am Stadtwaldgürtel wohnen, stehen an der Bushaltestelle. Das Ehepaar bleibt entspannt. Normalerweise hätte es die Stadtbahn-Linie 7 genutzt, um in die Innenstadt zu fahren. „Es ist ja dringend notwendig, dass die Gleise erneuert werden. Ich finde das in Ordnung und mit den Einschränkungen können wir leben“, sagt Claus Funke.
Vorbei sein werden die Einschränkungen voraussichtlich kurz nach den Herbstferien am Dienstag, 17. Oktober. Und die KVB haben gute Nachrichten: „Weitere Maßnahmen ähnlicher Größe kommen in diesem Jahr nicht mehr“, sagt Sprecher Anemüller.
Voraussichtlich ab April 2024 werden die Stadtbahn-Linien 13 und 18 wegen der Sanierung der Mülheimer Brücke für mehrere Monate getrennt. Bauarbeiten stehen 2024 auch entlang der Linie 4 im Rechtsrheinischen und entlang der Linie 9 im Geschäftszentrum in Sülz an.
6,4 Millionen Euro etwa investieren die KVB in die gesamte Baumaßnahme rund um den Neumarkt. Sie wurde in das NRW-Förderprogramm zur Erneuerung der kommunalen Schieneninfrastruktur aufgenommen, das auch Bestandteil des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) des Bundes ist. Die Baumaßnahme ist damit mit einem Fördersatz von 60 Prozent (davon 50 Prozent Bund, 10 Prozent Land) durch den Zweckverband go.Rheinland förderfähig.
Ein dritter Bauabschnitt findet, nach einer mehrtägigen Bauunterbrechung, von Sonntag, 29. Oktober, bis in den frühen Morgen des Montags, 30. Oktober, statt. Dabei wird die Umfahrung auf der westlichen Seite des Neumarktes erneuert. Währenddessen ist nochmals eine Trennung aller drei Stadtbahn-Linien 1, 7 und 9 notwendig.