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Abriss statt Sanierung?Kölner Stadtbibliothek „woanders neu bauen ist Schwachsinn“

Lesezeit 3 Minuten
Sanierungsbedürftig ist die Zentralbibliothek.

Abriss oder Sanierung: Die Zentralbibliothek am Neumarkt ist in die Jahre gekommen.

Wird die Stadtbibliothek saniert oder doch abgerissen? In der Debatte geht es vor allem um erneute Preissteigerungen gegenüber der Kostenschätzung von 81,15 Millionen Euro aus Juli 2021.

Der Neumarkt und seine Umgebung – ein neuer zentraler Standort auch für Kultur? Diese Frage stellte der Verein Haus der Architektur Köln in seiner dienstäglichen „Stunde Baukultur“ im hdak-Kubus auf dem Platz Josef-Haubrich-Hof. Ursprünglich wollte die Vorstandsvorsitzende Prof. Christl Drey ihren Impulsvortrag auf das räumliche und kulturelle Potenzial der Innenfläche des nahe gelegenen Neumarkts konzentrieren. Doch an der aktuellen Debatte über Sanierung oder eben Abriss oder Neubau der Zentralbibliothek (die Rundschau berichtete) kam man nun nicht vorbei.

Daher ging es vor allem um diese Standort- und Sanierungsfrage. Als „Prachtstück“ und „versteckten Diamanten“ bezeichnete Drey das Gebäude, was der Grünen-Politiker Roland Schüler später flankierte durch eine Aussage des Münchner Architektur-Professors Stephan Braunfels, die 1979 in Betrieb genommene Zentralbibliothek sei ein gelungenes Beispiel des Übergangs von der Stilepoche der Sichtbeton- zur Glasbauweise.

Vergleich zur Kölner Oper

Von Anfang der Baukultur-Stunde an herrschte kein Zweifel, dass sich die Hdak für den Verbleib der Zentralbibliothek ausspricht. „Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, sie abzureißen und an anderer Stelle neu zu bauen“, erklärte Anton Bausinger. Der Vorsitzende des Fördervereins Stadtbibliothek ist als Bauunternehmer vom Fach. „Ja, es gibt ein paar Risse im Keller“, räumte Bausinger ein. Dass man aber dieses Argument bemühe, um jetzt aus Furcht, die Sanierungskosten könnten wie bei der Oper „davongaloppieren“, über einen neuen Standort im Deutzer Hafen nachzudenken, hält Bausinger für „Schwachsinn.

Der Abriss der Josef-Haubrich-Kunsthalle vor gut 20 Jahren gilt vielen bis heute als Sündenfall der Kölner Kulturpolitik. Mancher Beobachter wettert angesichts der aktuellen Debatte, wie schnell in Köln Kulturdenkmäler zur Disposition gestellt werden. Der Kölner BDA-Vorstand Reinhard Angelis vermisst „jegliche Rationalität“ in der Abriss-Überlegung. „Die Zentralbibliothek ist eine funktionierende Institution an einem sinnvollen Standort“, so der Diplom-Ingenieur. Damit knüpfte Angelis an die Ausführungen von Christl Drey zum „Kulturquartier Agrippaviertel“ an, in dem sich bereits Einrichtungen wie die Karl-Rahner-Akademie, die VHS und das Literaturhaus befinden. Aus hdak-Sicht bietet sich hier die Chance einer Vernetzung von Kulturräumen, die auch auf den Neumarkt ausstrahlt.

Für den mit über 27 000 Quadratmetern größten Platz in Köln hat das Haus der Architektur Neugestaltungsvorschläge, die sich weitgehend mit dem Masterplan für die Kölner Innenstadt decken. Dass demzufolge der allgemeine Autoverkehr künftig nicht mehr um den Platz herumgeführt werden soll, kommt zupass. Für kurzfristig umsetzbar hält das Hadk die Wiederbelebung von Elementen nach historischen Vorbildern. Dazu gehören eine mit Bepflanzung umrahmte, 8600 Quadratmeter große Innenfläche, ein Brunnen an der Westseite zur romanischen Kirche St. Aposteln hin, ein Pavillon in der Ostecke sowie die Gestaltung der nördlichen Randfläche an der Cäcilienstraße und des südlichen Randbereichs, wo sich die Bushaltestellen befinden.

Nachhaltigkeitsdebatte wird vermisst

Ein wenig Ratlosigkeit herrschte, warum Klimaschutz offenbar kaum eine Rolle in Überlegungen zum Abriss oder Neubau der Zentralbibliothek spielten. „Ich vermisse eine Nachhaltigkeitsdebatte vor dem Hintergrund sterbender Innenstädte“, warf eine Besucherin ein. Auch Argwohn, die Stadt wolle sich durch einen Neubau zusätzliche Verwaltungsräume sichern, machte die Runde. „Eine Verwaltung, die dienen soll, nimmt sich wichtiger als die Kultur“, kritisierte eine Besucherin. Andererseits weiß Christl Drey, dass die hdak-Vorschläge im Kulturamt begrüßt werden.