Viel Gefühl in der Philharmonie: Götz Alsmann und die WDR-Bigband trumpften mit Schlagern aus den 50er Jahren auf.
Kölner PhilharmonieGötz Alsmann poliert Schlager-Preziosen der Fünfziger auf
„Wie könnt man die Qualität eines Kulturvolks besser beurteilen als anhand ihrer Schlagerfestivals?“, scherzte Götz Alsmann. Samt Philharmonie-Publikum tauchte der Entertainer mitten hinein in eine goldene Schlager-Ära. Preziosen der fünfziger Jahre polierte der promovierte Musikwissenschaftler in seiner Show „So schön wie heut“ auf und kramte dabei gerne auch in den Schatzkisten der Jahrzehnte davor, danach und aus Übersee. In der Zeit des Wirtschaftswunders beherbergte der WDR die „Bastelstube“ der größten Hits, erzählte Alsmann. René Carol soll die deutsche Herzschmerzwelle mit „Rote Rosen, rote Lippen, roter Wein“ angekurbelt haben.
Viel Gefühl waberte durch die Philharmonie. Aber wunderbar klangen die eingängigen Melodien und Tanzrhythmen aus aller Welt, so glänzend spielten das WDR-Funkhausorchester und die Bigband unter Leitung von Jochen Neuffer auf. Oft wurde in Worten und instrumental an Gründer Kurt Edelhagen, der den Jazz in der Domstadt salonfähig machte. Wo mancher Schmalz der alten Schlager schon ein bisschen ranzig geworden war, trieb Alsmann das Schmachten noch auf die Spitze. Den Beinen von Dolores machte er ebensolche durch übertrieben spanischen Akzent und rollendes R. Sein Jackett wurde zum Tuch, das den Stier reizt. Wer hätte gedacht, dass Peter René Körner einen umgedichteten Trailer von dem Michael-Jary-Tango „Das machen nur die Beine von Dolores“ in einer Strumpfwerbung sang? „Ja, er hatte eine Vergangenheit vor Kasper und René“, schloss Alsmann eine mögliche Wissenslücke bei denen im Publikum, die mit der Kindersendung aufgewachsen sind.
Ganz Paris träumt von der Liebe
Sängerin Caroline Kiesewetter und Götz Alsmann fanden zusammen in herrlichen Duetten wie dem Paris-Potpourri „Ganz Paris träumt von der Liebe“, „Paris in the Spring“, „C’est magnifique“ und „C’est si bon“. Persiflierte Charme-Einsprengsel von dem Mann mit der markanten Haartolle inklusive. Ebenfalls aus der Kölner Ohrwürmer-„Brutstätte“ kroch „Ich möchte‘ auf deiner Hochzeit tanzen“, wofür aus Sängerin und Sänger kurzfristig Bibi Johns und Paul Kuhn wurden. Gastgeber, Orchester und Sängerin kredenzten zum „Sujet italienische Heimatkunde“ die rote Sonne, die bei Capri versinkt, ließen Chianti-Wein fließen, sagten Rom „arrivederci“ und tanzten Caterina Valentes „Tipi tipi tipso“-Calypso.
Nach Caroline Kiesewetters Darbietung von Evelyn Künnekes Witzlied „Allerdings sprach die Sphinx, rück‘ das Dings mehr nach links“ berlinerte Alsmann eine Anekdote von seiner Begegnung mit der Diva. Er erinnerte sie an den „kleenen“ Erwin Halletz aus dem Trio „Die Optimisten“, zu dem auch Peter Alexander zeitweise gehörte; das hatte eine deutsche Version von „Rock around the clock“ herausgebracht. „Von der Zeitung mit den vier Buchstaben musikwissenschaftlich beschrieben“, lästerte der Musikkomiker und schmiss eine Münze, um zu entscheiden, welche Version er nun auf der Ukulele spielen sollte. „Ich hab‘ noch einen Koffer in Berlin“, nur auf der Ukulele und ernsthaft sentimental vorgetragen, war der schönste und überraschendste Moment, den Götz Alsmann in der Philharmonie hinterließ.