AboAbonnieren

Diskussion um PlatzWarum der Kölner Neumarkt keine Zeit mehr zu verlieren hat

Lesezeit 3 Minuten
Viele Interessierte folgten der Einladung der IG Neumarkt.

Viele Interessierte folgten der Einladung der IG Neumarkt. Im Pavillon führten (v.l.) Annett Polster (Stadtmarketing, Florian Köhler (IG Neumarkt) und Christl Drey (Haus der Architektur) die Diskussion.

Anlieger, Anwohner und Interessierte diskutierten mit der IG Neumarkt, dem Kulturmanagement der Stadt und weitere Akteuren über Vergangenheit, Gegenwart und eine mögliche Zukunft für den Neumarkt und den Josef-Haubrich-Platz.

„Packen wir es gemeinsam weiter an!“ Mit einem eindeutigen Appell hatte die Interessengemeinschaft (IG) Neumarkt zu einem öffentlichen Austausch über den zentralen Platz aufgerufen. So eindringlich, wie dies klingt, ist es wohl auch um den Neumarkt und den angrenzenden Josef-Haubrich-Hof bestellt. Die Angst vor der Verwahrlosung der beiden Plätze, die zu den Drogen-Hotspots der Stadt gehören, geht weiterhin um.

Die Idee der Stadt sieht anders aus: Seit Jahren gibt es Bestrebungen, dass der Neumarkt als Veranstaltungsort zum Verweilen einlädt. Der Bau des Brunnens ist ein Schritt, die Sommeraktion „Nimm Platz“, die im gelben Kulturpavillon noch bis Ende des Monats Veranstaltungen anbietet (siehe Infotext) ein weiterer. Auch neue Fußgängerüberwege plant die Stadt. Das sind allerdings alles kleine Schritte.

Emotionale Debatte

Beim Diskussionsabend am Dienstag wurden daher Stimmen laut, auch größere geplante Veränderungen wie Gastronomie und Toiletten endlich zu forcieren. Was das Tempo angeht, äußerten sich Verantwortliche von Politik, Stadtmarketing und Kultur im Pavillon jedoch auf sehr unterschiedliche Weise. Christl Drey (Haus der Architektur Köln), Guido Köhler (IG Neumarkt), Annett Polster (Stadtmarketing Köln) sowie Nadine Müseler und Hermann Koch vom Kulturamt über diskutierten über die Möglichkeiten der Umgestaltung. Auch viele Zuhörer schalteten sich emotional in die Debatte mit ein.

Christl Drey erklärte: „Die Verkehrswende am Neumarkt wird demnächst mehr Kulturfläche bringen, diese muss aber nachhaltig gestaltet werden.“ Das Haus der Architektur sei regelmäßig in Kontakt mit dem Kulturdezernat: „Es liegt jetzt an uns Verantwortlichen, wir brauchen zunächst öffentliche Toiletten und Ausweichflächen auf dem Neumarkt.“ Für die Toiletten gebe es bereits eine Zusage. Die Stadt solle mit dem Neumarkt ein Trittbrett auch für die Nutzung des Josef-Haubrich-Hofs ermöglichen, mehr Räume schaffen und Bäume pflanzen.

Warum sollen wir nochmal jahrelang warten, damit der Neumarkt lebenswerter wird?
Gertrude Helm

Die frühere Stadtplanerin Gertrude Helm stellte fest: „Warum sollen wir nochmal jahrelang warten, damit der Neumarkt lebenswerter wird? Wir brauchen jetzt ein Städtebauförderprogramm und die Verkehrsplanung darf dies nicht aufhalten.“ Drey konterte: „Wir verlieren die großen Ideen nicht aus dem Auge, müssen aber auch gleichzeitig kleinschrittig vorgehen. Die Verkehrswende am Neumarkt zur Gestaltung der Ost-West-Achse kommt in drei bis fünf Jahren, mit dieser Zeit müssen wir zunächst leben.“

Guido Köhler von der IG Neumarkt setzte auch den Josef-Haubrich-Hof in den Fokus: Man könne hier mit einfachen Mitteln Kultur und Kunst stattfinden lassen und den weißen Kubus erhalten. Zum Beispiel durch das Projizieren von Filmen an die Wand des Würfels. Konzerte oder Kunstwettbewerbe seien ebenfalls erwünscht. Köhler sagt: „Wir müssen den Platz den Menschen zurückgeben, denn dafür ist er gemacht.“ Der frühere Vorsitzende der IG erklärte zudem: „Die fest installierten Toiletten werden definitiv kommen, eine Gastronomie ist von allen Seiten gewünscht.“

Perspektive eines lebenswerten Platzes

Innenstadt-Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) musste bei dem Thema zugeben: „Vor 50 Jahren war das hier ein wunderschöner Platz, der jedoch hemmungslos kommerzialisiert wurde. Nun braucht es Geld und politische Beschlüsse, um diese Dinge schnellstmöglich umzusetzen.“

Was also ist die Perspektive von Neumarkt und Haubrich-Hof? „Events und Sitzgelegenheiten, man kann so viel erproben“, erklärte Hermann Koch. Für ihn ist der Neumarkt „ein Labor – wir brauchen den Weg der kleinen Schritte und nähern uns einem tollen, lebenswerten Platz an. Wenn wir Haubrich-Hof und Neumarkt zusammen denken wollen, müssen wir viele kleine Würfe machen und dabei den großen Wurf nicht aus den Augen verlieren.“

Wir sollten für jene bauen, die hier bleiben möchten und gerne in Köln leben.
Jürgen Keimer

Jürgen Keimer vom Haus der Architektur konstatierte: „Die Kölner haben sich ihre Plätze stehlen lassen. Mein Appell an die Verkehrsplaner ist, dass man weniger für die Menschen bauen sollte, die durch Köln fahren oder die Stadt verlassen. Wir sollten für jene bauen, die hier bleiben möchten und gerne in Köln leben.“