Die Leiter des „Theater am Bauturm“ spielen und singen jeden Werktag um 14 Uhr für Passantinnen und Passanten – ihre Bühne ist ein Fenster.
Adventskalender mit Live-MusikKölner Theater macht sein Fenster zum Türchen
Ein vorweihnachtlicher Mittwoch auf der Aachener Straße. Die Innen- und Außenplätze der Cafés sind gut gefüllt, Menschen hasten vorüber, Autofahrer kämpfen um den knappen Parkraum. Also alles wie immer - bis sich um Punkt 14 Uhr im ersten Stock der Hausnummer 24-26, wo sich auch das „Theater im Bauturm“ befindet, ein Fenster öffnet und den Blick auf zwei Männer freigibt. Der eine hält eine Gitarre, der andere eine Schellentrommel. Gemeinsam performen sie „All along the Watchtower“ von Bob Dylan.
Trotz des Verkehrslärms auf der Aachener Straße bleibt die Aktion nicht lange unbemerkt. In den umliegenden Häusern öffnen sich erste Fenster, Passanten bleiben stehen. „Wer ist das eigentlich?“, fragt eine ältere Dame. „Die habe ich hier kürzlich schon mal gehört. Sind die berühmt?“
„Berühmt“ im klassischen Sinne trifft es vielleicht nicht. Denen, die sich in Köln aber für Kultur und Theater interessieren, sind die Namen Laurenz Leky, Bernd Schlenkrich und René Michaelsen vermutlich ein Begriff. Seit sie 2016 die Leitung des Theaters übernahmen, machen sie immer wieder durch Einfallsreichtum und besondere Aktionen auf sich aufmerksam, so auch durch den „Bauturm-Adventskalender“.
An jedem Werktag in der Adventszeit, immer um 14 Uhr, stellen sich diejenigen der drei, die gerade da sind, ins Fenster und bieten eine fünfminütige Performance. Das Programm, erzählen sie, entstehe zumeist spontan. „Heute haben Bernd und ich uns um halb zwei zusammengesetzt, ein paar Titel notiert und dann entschieden, wonach uns der Sinn steht“, erzählt Leky.
„Wenn wir zwei alleine spielen, wird es meist etwas Rockiges. Wenn René mit seiner Posaune dabei ist, spielen wir auch gerne Soul.“ Nachdem sie in den Anfangsjahren – der Kalender wurde ebenfalls 2016 ins Leben gerufen – hin und wieder noch mit Gedichten oder Sketchen experimentierten, gibt es mittlerweile nur noch musikalisches: „Das gesprochene Wort zieht nicht, dafür ist es hier einfach zu laut. Es muss schon knallen.“
Fans warten vor dem Fenster
Die Idee kommt gut an. Nicht nur, dass immer wieder Passanten stehenbleiben. In manchen Jahren, erzählen Schlenkrich und Leky, hätten sich richtige Fangruppen gebildet, die pünktlich vor dem Theater standen und, wenn der Vorstellungsbeginn sich einmal verzögerte, lauthals „Fenster auf“ skandierten.
Die Spontanität der Darbietung erlaubt es auch, auf aktuelle Gegebenheiten zu reagieren. Als etwa an besagtem Mittwoch ein SUV-Fahrer eine Zuschauergruppe verdrängt, indem er sämtliche seinen Wagentypus betreffenden Klischees bedient und die Parkregelungen großzügig zu seinen Gunsten umdeutet, lässt Leky es sich nicht nehmen, dies mit einer spontanen Textänderung zu kommentieren.