Seit Jahren sorgt die offene Drogenszene auf dem Neumarkt für Ärger und Diskussion. Nun hat eine Studie die Szene auf dem zentralen Platz mitten in Köln analysiert.
DrogenStudie untersucht die Szene auf dem Kölner Neumarkt
„Open Drug Scene Cologne - Survey“ (Offene Drogenstelen Köln - Umfrage), heißt die Untersuchung der Katholischen Hochschule NRW in Aachen, die in Zusammenarbeit mit der Stadt Köln durchgeführt wurde. Ziel ist es dabei gewesen, Daten über die Drogenabhängigen vom Neumarkt zu sammeln.
Immer mehr „Crack“ wird konsumiert
In Köln gibt es bisher keine Daten über Menschen, die regelmäßig auf offener Straße Drogen nehmen. Hinzu kommt, dass immer mehr Kokain von Süchtigen geraucht wird, auch Crack genannt, und die Auswirkungen der Pandemie. „Aus all diesen Gründen haben wir uns dem Thema angenähert“, erklärt Prof. Dr. Daniel Deimel, Professor für klinische Sozialarbeit an der Katholischen Hochschule NRW.
119 „Junkies“ befragt
Erster Teil der Studie sind Szenebefragungen rund um den Neumarkt gewesen. Ende April bis Ende Juni wurden dafür 119 Personen befragt, die dort regelmäßig Drogen konsumieren. Solche Kurz-Interviews gibt es in deutschen Städten selten, nur Frankfurt führt sie regelmäßig alle zwei Jahre durch. Im Durchschnitt waren die Befragten in Köln 42 Jahre alt.
Viele nehmen Herion
,,Bei Szenebefragungen wird vor allem gefragt, welche Substanzen in den letzten 24 Stunden konsumiert wurde'', erklärt Professor Deimel. So kann am besten die aktuelle Situation erfasst werden. Fast 65 % der Befragten gaben an, in den vergangenen 24 Stunden Heroin konsumiert zu haben. Ebenfalls häufig genannt wurden Alkohol und Benzodiazepine, Medikamente die beruhigend wirken und ein hohes Suchtpotenzial haben. Jeder Vierte konsumierte Cannabis. „Von daher kann man sagen, die Szene am Neumarkt ist wie in vielen anderen Städten auch sehr heterogen, man muss da sehr genau hinschauen, was den Substanzkonsum angeht.“
Hoher Grad an Obdachlosigkeit
Das Thema Obdachlosigkeit spielt in den Interviews ebenfalls eine Rolle. Fast ein Drittel der Befragten schläft auf offener Straße, nur jeder Fünfte hat eine eigene Wohnung. Weniger als 10 Prozent sind in Wohnprojekten für Drogenkonsumenten untergebracht.
Die große Gefahr des „Goldenen Schusses“
Wie gefährlich der Drogenkonsum für den Einzelnen werden kann, wird deutlich, wenn es um Überdosierungen geht. Jeder Zweite hat damit Erfahrungen gemacht, ein Drittel mindestens vier Mal. „Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit von Drogenkonsumräumen, denn das sind in erster Linie gesundheitliche Einrichtungen, die Überlebenssicherungen abbilden.“, findet Professor Deimel. Entscheidend ist also vor allem, wie die Stadt auf diese neuen Erkenntnisse reagiert.
Angebote ausweiten
Von der Politik ist sie bereits dazu aufgefordert worden, die Öffnungszeiten des Drogenkonsumraums zu verlängern, was ab dem 1. September passiert. „Wir sind da eher dran gehandicapt, dass wir das entsprechende Personal aktuell nicht in ausreichender Zahl finden“, erklärt Dr. Harald Rau, Beigeordneter für Soziales, Gesundheit und Wohnen. Auch mehr Aufenthaltsräume soll geschaffen werden, wofür bereits nach einer passenden Immobilie gesucht wird. Vorerst öffnet ein Nachtcafé am Hauptbahnhof, dessen Nutzen hoffentlich auch am Neumarkt bemerkbar werden. „Ein möglicher Ausblick macht uns klar, dass wir noch einiges vor uns haben.“