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Jugendkriminalität in KölnImmer mehr Delikte - „Selbst Zwölfjährige sind teilweise schon bewaffnet“

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Tatort Zülpicher Straße: Auf der Partymeile kam es im Juli 2021 zu einem tödlichen Streit unter Heranwachsenden. 

Tatort Zülpicher Straße: Auf der Partymeile kam es im Juli 2021 zu einem tödlichen Streit unter Heranwachsenden.

Schwere Strafdelikte bei Heranwachsenden sorgen gerade bundesweit für Schlagzeilen. Die „Statistik Jugendkriminalität“ zeigt nun auch in Köln eine traurige Entwicklung auf.

Gute Nachrichten, was die Kriminalität in Köln angeht, gibt es derzeit von der Polizei nicht. Die Gesamtkriminalität im Jahr 2022 ist deutlich angestiegen. Nun gab die Behörde die Zahlen bei der Jugendkriminalität bekannt. Und dies sind erneut schlechte Nachrichten. Im Jahr 2022 kam es zu einem starken Anstieg in fast allen Bereichen. Ob Raub, Körperverletzung oder Diebstahl – die Kurve geht nach oben.

Im Detail: Von 46 148 ermittelten Tatverdächtigen waren 9039 jünger als 21 Jahre. Das entspricht einem Anstieg um 1816 (+25,14 Prozent) bei den tatverdächtigen Jugendlichen und Heranwachsenden gegenüber dem Vorjahr. Die Anstiege in den Altersgruppen bis 14 Jahre (+38,41 Prozent) und 14-18 Jahre (+34,39 Prozent) fallen noch deutlicher aus als bei den Heranwachsenden und Erwachsenen.

Auswirkungen der Pandemie nicht der einzige Grund

„Gerade die Gewalt unter Jugendlichen und die kriminelle Karrieren jugendlicher und heranwachsender Intensivtäter bereiten mir Sorgen“, betont Kripochef Michael Esser. Eine wichtige Aufgabe habe in diesem Zusammenhang das Haus des Jugendrechts. „Dort geht es darum, kriminelle Karrieren gar nicht erst entstehen zu lassen und da, wo sich kriminelles Verhalten bereits verfestigt hat, schnell zu handeln“, ergänzte Esser. Der Trend lasse sich alleine mit den polizeilichen Ansätzen weder erklären, noch stoppen. „Der nun sehr starke Anstieg - das Niveau liegt in vielen Bereichen deutlich über dem der Jahre 2018 und 2019 - lässt sich mit den Auswirkungen der Pandemie nicht alleine erklären“, so Esser weiter.

Einen deutlichen Anstieg gab es beispielsweise bei den Körperverletzungsdelikten. Im Jahr 2021 kam es zu 1784 Taten, ein Jahr später sind es 2155 Angriffe – darunter auch Messerangriffe. Beispielsweise hat die Polizei in der Waffenverbotszone in der Innenstadt im Jahr 2022 genau 133 gefährliche Gegenstände sichergestellt, darunter Messer, Totschläger und auch eine Machete.

Diese Waffe trug ein unter Drogen stehender Mann in dem Partyviertel an der Zülpicher Straße mit sich. Im Stadtbezirk Chorweiler gibt es seit einigen Jahren schon die „Arbeitsgruppe Messerkultur“. Vertreterinnen und Vertreter von Vereinen tauschen sich hier aus, Sozialarbeiter und Streetworker. „Die Bereitschaft, verbotene Waffen zu tragen, ist gestiegen. Selbst Zwölfjährige sind teilweise schon bewaffnet“, stellt Streetworker Roman Friedrich fest. Er arbeitet schon seit 2007 im sozialen Brennpunkt der Chorweiler Hochhäuser. Doch die Konsequenzen dafür, ein Messer bei sich zu tragen, seien vielen Jugendlichen nicht bewusst, ist er überzeugt.

Weitere Zahlen: Bei Raubstraftaten kam es im Jahr 2022 zu 418 Taten (Vorjahr: 275). Diebstahl: Jahr 2022: 3339 (2021: 2046). Sexualstraftaten: Jahr 2022: 513 (2021: 351).


Gesamtkriminalität

2022 gab es laut Statistik der Kölner Polizei insgesamt 141 164 Straftaten (Vorjahr: 119 473). Die Behörde ist zuständig für Köln und Leverkusen.

19 Prozent beträgt der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. „Da gab es nichts zu beschönigen. Das ist nicht schön“, sagte Polizeipräsident Falk Schnabel. Ein Grund sei der Wegfall der Corona-Beschränkungen und die Rückkehr ins „normale“ Leben. Allerdings könne dies nicht allein als Grund gelten, so der Behördenleiter. Der Anstieg der Zahlen habe verschiedene Ursachen und sei „nicht nur polizeilich zu erklären“, so Kripochef Michael Esser.

7374 Taschendiebstähle wurden gemeldet (Vorjahr 4703). Ein Grund sei hier der Wegfall der Corona-Beschränkungen. In der vollen Stadt gebe es wieder viele Tatgelegenheiten.