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VerkehrswendeWarum die Politik die Fahrradstraße am Kölner Dom als erzwungen bezeichnet

Lesezeit 3 Minuten
Die Komödienstraße in Köln ist nun Einbahnstraße. Die neue Ladezone in der Mitte gleicht derzeit einer Parkbucht mitten auf der Fahrbahn, zahlreiche Auto parken in der Straßenmitte.

Die Komödienstraße in Köln ist nun Einbahnstraße. Die neue Ladezone in der Mitte gleicht derzeit einer Parkbucht mitten auf der Fahrbahn.

Die Stadt setzt die Umgestaltung der Verkehrsführung am Dom um. CDU und FDP kritisieren scharf, dass es keine erneute Abstimmung mit den politischen Gremien gegeben hat.

Egal ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem Auto, überall ist spürbar, dass der Verkehr in Köln im Wandel ist. An dem Thema scheiden sich die Geister, so auch an der Umwandlung der Trankgasse in eine Fahrradstraße. Denn was für die einen die Verkehrswende bedeutet, sehen andere als rein ideologische Verkehrspolitik. Im Rathaus gehen die Meinungen weit auseinander, allen voran bei CDU und Grünen – der nächste Härtetest für das Ratsbündnis.

Die lauteste Kritik kommt von der FDP. Der Fraktionsvorsitzende Ralph Sterck wettert: „Ich bin stinksauer über diesen Handstreich des grün-dominierten Verkehrsdezernats. Eine Baustellenumleitung ohne Baustelle ist ein typisch Kölner Schildbürgerstreich.“

Viele Besucher zur EM 2024 erwartet

Eine Umleitung ohne Baustelle? Der ursprüngliche Plan für die Umwandlung der Trankgasse sah vor, diese während der Baumaßnahmen für den neuen Domsockel einzuführen. Diese sollten eigentlich von 2022 bis 2024 stattfinden. Doch aufgrund des hohen Besucheraufkommens, mit dem die Stadt durch die Fußball-Europameisterschaft 2024 rechnet, wurde die Baumaßnahme, die bereits verzögert war, weiter verschoben.

Da für die Arbeiten für den neuen Domsockel eine Sperrung des Fußwegs zwischen Domtreppe und Domplatte nötig ist, werden die Arbeiten auf nach der EM im nächsten Jahr geschoben. Eine Baustelle mit Provisorien am Dom macht keinen guten Eindruck, wenn internationale Gäste kommen.

Die Grünen wehren sich gegen die Vorwürfe. Lino Hammer, Vorsitzender des Verkehrsausschusses, entgegnet: „Die Zwischenlösung für die Trankgasse wurde am 14. Juni 2022 mehrheitlich beschlossen und ist deshalb kein Schildbürger- oder Handstreich. Der jetzige Beginn der Umgestaltungen wurde am 25. April 2023 per Mitteilung von der Verwaltung im Verkehrsausschuss kommuniziert. Hierzu gab es im Ausschuss keine Kritik oder Anmerkungen.“

Das Verkehrsdezernat bügelt den Beschluss mit einer Mitteilung ab. Ich bin entrüstet.
Teresa de Bellis, verkehrspolitische Sprecherin der CDU Köln

Die CDU ist anderer Meinung. Die verkehrspolitische Sprecherin, Teresa de Bellis, erklärt: „Wir haben eindeutig beschlossen, dass der Verkehrsversuch und die Arbeiten am Domsockel gleichzeitig stattfinden. Das Verkehrsdezernat bügelt den Beschluss mit einer Mitteilung ab. Ich bin entrüstet. Das ist eine erzwungene Verkehrserziehung der Verwaltung.“

Nun gibt es noch keinen neuen Domsockel, aber eine Fahrradstraße am Dom, die gerade aufwendig hergestellt wird – ohne eine erneute Abstimmung im Ausschuss. Und im Gegensatz zur Deutzer Freiheit oder der Venloer Straße ist das kein Verkehrsversuch. Die Stadt nennt es eine Zwischenlösung. Die Autos kommen nicht mehr zurück auf die Trankgasse, sie bleiben nur für die Ausfahrt aus der Tiefgarage und die Anfahrt zum Hotel Excelsior.

Finale Lösung frühestens 2026

Erst wenn der neue Domsockel fertiggestellt ist – bei zwei Jahren Bauzeit und Beginn der Arbeiten im nächsten Jahr also frühestens 2026 – kommt die finale Lösung. Auf Basis der Beobachtungen, die seit Mitte April gemacht werden können.

Dabei war Warten keine Option: Laut Stadt erfolgte die Trennung aufgrund der Kosten. Denn die Arbeiten für Markierungen, Schilder und mehr hatte die Verwaltung nach dem Beschluss bereits an Firmen vergeben. Bei Nichtausführung hätten diese Dienstleister Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 230 180 Euro und 46 Cent.

Mit der sogenannten Zwischenlösung sind die Liberalen nicht einverstanden. Unter anderem würden die Tunnel unter der Bahn, aber auch die Umleitungsstrecke über den Breslauer Platz nicht ausreichen, wenn sich das Verkehrsaufkommen in Richtung Altstadt bei Veranstaltungen in der Philharmonie oder zum Weihnachtsmarkt erhöhe, meint Sterck.

Die Grünen dagegen sind zufrieden. Lino Hammer erklärt: „Eine Umgestaltung von Verkehrsräumen braucht immer eine gewisse Zeit der Umgewöhnung. Im Hinblick auf die EM ist die Fußgängerführung vom Bahnhofsvorplatz bis zum Kardinal-Höffner-Platz ein großer Vorteil. Man sieht schon heute, wie gut der Zebrastreifen und die Wegeführung angenommen werden.“