Die IHK zieht nach dem Versuch der autofreien Deutzer Freiheit eine negative Bilanz. Eine Umfrage unter Händlern und Dienstleistern zeigt einen deutlichen Kundenrückgang.
Bilanz zur Deutzer Freiheit„Dieser Verkehrsversuch ist gescheitert“

Der Verkehrsversuch in der Deutzer Freiheit sorgt im Stadtteil für kontroverse Diskussionen.
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„Dieser Verkehrsversuch ist gescheitert“, stellte „Handelskümmerer“ Hans-Günther Grawe fest. Nach knapp einem halben Jahr Autofreiheit ziehen IHK, IG Deutz und der Verein Veedelsliebe für die Deutzer Freiheit eine negative Bilanz. Grundlage für die Einschätzung ist eine gemeinsam gestartete Umfrage bei den Betrieben an der Geschäftsstraße. Die 25 Fragen beantworteten 62 Einzelhändler, Gastronomen, Ärzte und Apotheken. Mehr als die Hälfte (33) klagte für den Zeitraum seit dem Beginn der Autofreiheit am 10. Juni 2022 bis September über deutlich geringere Kundenbesuche, gut ein Drittel (21) deutlich gesunkene Umsätze.
Von einem „aufgedrückten Lockdown“ zulasten der Kaufleute, die ohnehin schon von der Pandemie und dem zunehmenden Online-Handel gebeutelt sind, spricht IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Uwe Vetterlein. Deshalb würden 80 Prozent der Befragten einen sofortigen Abbruch des Verkehrsversuchs, der noch bis Juni 2023 laufen soll, fordern. „Der Umsatzeinbruch hat weder mit der Pandemie noch mit der Inflation infolge des Ukraine-Kriegs zu tun“, stellte Daniel Wolf von der Interessengemeinschaft der Deutzer Geschäftsleute klar. Das zeigten sowohl Vergleiche mit Geschäftsstraßen in anderen Stadtteilen als auch die Befragungsergebnisse von Dienstleistern und Händlern des unverzichtbaren täglichen Bedarfs wie Lebensmittelgeschäften, Ärzten und Apothekern.
Wir sind in die Planung des Verkehrsversuchs in keiner Weise so einbezogen worden, wie das wünschenswert gewesen wäre.
„Wir sind in die Planung des Verkehrsversuchs in keiner Weise so einbezogen worden, wie das wünschenswert gewesen wäre“, rügte Julian Neumann, Sprecher der Initiative Deutz, die Stadt. Wie Vetterlein, Grawe und Wolf fordert er, dass sich die Verwaltung mit Geschäftsleuten und Anwohnern an einen Tisch setzt und ein Gestaltungskonzept erarbeitet. Was durchaus positiv bewertet wird, ist der Raumgewinn für Außengastronomie und Radverkehr. Noch keinen Lösungsvorschlag hat die Initiative, deren Flyer „Autos weg. Gastro weg“ derzeit überall kleben, für die weggefallenen Parkplätze. Geeignete Ausgleichsflächen sind in der Nähe nicht vorhanden.
Eine Kompromisslösung kann laut Wolf eine Kurzzeitparkregelung werktags während der Öffnungszeiten der Geschäfte sein, da der Großteil der Kundschaft mit dem Auto auf die Deutzer Freiheit fährt, um Einkäufe für den täglichen Bedarf zu erledigen. Der IG-Deutz-Vertreter beobachtet derzeit eine zunehmend aggressive Stimmung, die bereits zu Bedrohungen, Sachbeschädigungen und Beschimpfungen in den sozialen Medien gegen Befürworter der Fußgängerzone geführt habe. Von der Bürgerinitiative „Deutz Autofrei“ war bei der Ergebnispräsentation niemand anwesend.