Auf der lit.Cologne gibt Bestsellerautor Bernhard Schlink Einblick in seinen neuen Roman, in dem er die Themen Sterblichkeit und Liebe behandelt.
„Das späte Leben“Bernhard Schlink spricht auf der lit.Cologne über seine jüngste Veröffentlichung
„Ein paar Orte aufsuchen, ein paar Leute treffen. So Sachen halt.“ Nüchtern wie sein Schreibstil antwortete Bernhard Schlink im WDR-Funkhaus auf die Frage von Moderatorin Gisela Steinhauer, was er unternehmen würde, wenn er nur noch kurze Zeit zu leben hätte. Der Bestsellerautor las im Rahmen der lit.Cologne aus seinem neuen Roman „Das späte Leben“. Das schlanke (240 Seiten), schnörkellose Werk erzählt von dem 76-jährigen Martin, der mit seiner 30 Jahre jüngeren Frau Ulla und dem fünfjährigen David ein erfülltes Leben führt – bis er erfährt, dass er nur noch wenige Monate zu leben hat.
Durch die niederschmetternde Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs gerät sein Leben vollkommen aus den Fugen, und Martin sieht sich mit existenziellen Fragen konfrontiert: Was kann, was darf er seiner Familie mitgeben? Was bleibt ihnen als Geschenk, und was wird ihnen zur Last? Er muss lernen, loszulassen und er muss sich letzten Überraschungen und Herausforderungen des späten Lebens stellen. In Briefen an seinen Sohn in älteren Jahren will er nicht zuletzt seine Erkenntnisse über die Liebe hinterlassen: „Liebe macht blind, sagt man. Sie macht blind nicht dafür wie der andere ist, sondern wie er werden wird. Der blind Liebende sieht den uninteressierten anderen nicht interessiert, den unzuverlässigen nicht zuverlässig, den abweisenden nicht zugewandt. Aber er meint, das Interesse, die Zuverlässigkeit, die Zuwendung würde kommen, wenn er sich anstrengt, um den anderen wirbt und ihm die Augen dafür öffnet, dass er, der Liebende, für den anderen der Richtige ist. Der Blinde will den anderen das Sehen lehren!“
Nach der Lesung gab der bald 80-jährige Schriftsteller im Gespräch mit Gisela Steinhauer auch Persönliches preis. An das Leben mit vier Geschwistern im elterlichen protestantischen Pfarrhaus hege er gute Erinnerungen. Sonntags habe man nach dem Abendessen in der Bibel gelesen. „Am stärksten hat mich das Buch der Könige mit seinem Sex and Crime interessiert.“ Gefallen habe er auch an der regelmäßigen Hausmusik gefunden. „Ich spiele bis heute gerne die Querflöte von damals. Erst kürzlich habe ich sie restaurieren lassen.“
Sein Vater habe ihm sein Wissen über Dogmatik und damit auch Nützliches für die Juristerei vermittelt. Prägend sei auch die mütterliche Leidenschaft für Pädagogik gewesen. Ein Satz sei für ihn zur politischen Leitlinie geworden: „In einer Demokratie muss man alles Komplexe erklären können.“ Stark beeinflusst hätten ihn auch die vielen Aufenthalte in den USA. Bis heute pendelt Schlink zwischen New York und Berlin. 2016 hat das SPD-Mitglied Wahlkampf für Hillary Clinton gemacht. „Ich bin mit einer Freundin in einer weniger bürgerlichen Gegend von Tür zu Tür gezogen.“ Was erwartet er von einer erneuten Präsidentschaft Trumps? „Nichts Gutes“. Schlink zufolge gibt es in den USA ein allgemein schwächer werdendes Interesse an Europa. „Konsens ist, dass sich die Europäer selber um ihre Verteidigung kümmern sollen.“