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Standort soll erhalten bleibenBald keine Pfarrstelle mehr – Was passiert mit der Lutherkirche in Köln?

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Außenansicht des Turms der Lutherkirche

Die Zukunft der Lutherkirche ist unklar.

Die Evangelische Gemeinde Köln macht aus fünf Pfarrstandorten drei. Das betrifft auch die Lutherkirche. Konkrete Pläne gibt es noch nicht.

Bevor alle Wege nach Rom führen, führen sie in der Kölner Südstadt zur Lutherkirche. Das zeigt ein Blick auf die Karte, aber auch in den Kalender. „Wenn es Probleme gibt, trifft sich die Südstadt in der Lutherkirche und wir überlegen“, sagt Hans Mörtter, der jahrelang Pfarrer der evangelischen Kirche war. Er bezeichnet sie als „das Herz der Südstadt.“ An dem es demnächst einen Eingriff geben wird.

Die Lutherkirche ist eine von fünf Kirchen der Evangelischen Gemeinde Köln, die den Großteil der Innenstadt umfasst und die in den kommenden Jahren vor mehrere Aufgaben gestellt wird: Mitgliederschwund durch Wegzug und Austritt, weniger Einnahmen durch Kirchensteuern. Und ab 2027 wird es für fünf Kirchen nur noch drei Pfarrerinnen und Pfarrer geben. Die Evangelische Gemeinde Köln musste handeln – und hat ein Zukunftskonzept erstellt.

Thomaskirche und Lutherkirche: Schwerpunkt auf diakonischer Arbeit

Ihre fünf Standorte in der Innenstadt möchte sie behalten. Eine Pfarrstelle mit Gottesdienst wird es künftig aber nur noch an drei Kirchen geben: an der Christus- und Antoniterkirche, wo Neubauten mit noch laufenden Krediten finanziert wurden, sowie an der denkmalgeschützten Kartäuserkirche. An der Thomas- und der Lutherkirche, beides Standorte mit „schwieriger Bausubstanz“, wie Kirchmeister Matthias Kämper sagt, möchte man den Schwerpunkt auf diakonische Arbeit legen.

„Kirche wird von außen vor allem über die Diakonie wahrgenommen“, sagt Matthias Bonhoeffer, Pfarrer und Vorsitzender des Presbyteriums. An der Thomaskirche soll Infrastruktur für betreutes Wohnen sowie ein „multifunktionaler“ Gemeinderaum entstehen. An der Lutherkirche wird über Hospizarbeit nachgedacht, für die Kultur sollen es weiterhin Räume geben, soziale Projekte wie das Menschensinfonieorchester sollen fortgeführt werden. Konkrete Pläne gibt es noch nicht.

Erhalt, Umbau, Abriss: Evangelische Gemeinde geht offen in die Zukunftsplanungen

„Wir haben jedes Denkverbot im Hinblick auf den Kirchraum aufgelöst“, sagt Bonhoeffer. Vom großteiligen Erhalt des Kirchgebäudes über einen Umbau bis hin zum Abriss – nur der Turm der Lutherkirche steht unter Denkmalschutz – setzt die Gemeinde ihren Überlegungen keine Grenzen. „Das ist neu und macht aktuell auch ein Stück weit den Aufschrei aus bei den Menschen, die mit diesen Räumen wichtige Lebensabschnitte verbinden. Das ist verständlicherweise sehr emotional“, weiß Bonhoeffer. Auch Hans Mörtter ist emotional mit der Lutherkirche verbunden. Mit dem Verein Südstadt Leben ist er noch immer für die Kulturveranstaltungen vor Ort verantwortlich. Aus seiner Sicht ist ein Abriss ein No-Go.

Mörtter wünscht sich, dass die Kirche die Lösung ihrer Aufgaben offensiver angeht. Als Beispiel nennt er „die Fixierung auf Pfarrstellen und Pfarrpersonen“. Zu denken, dass nur da, wo ein Pfarrer oder eine Pfarrerin ist, richtig Kirche sein könne, sei falsch. Auch Menschen im Ehrenamt oder Pfarrer im Ruhestand könnten Aufgaben übernehmen. Für die Evangelische Gemeinde arbeiten neben 63 hauptamtlichen Mitarbeitern knapp 500 Ehrenamtliche. Aber: „Wir können die Aufgaben nicht alle an das Ehrenamt weitergeben“, sagt Matthias Kämper, selbst Ehrenamtler. Die Organisation, das „Grundgerüst unserer Angebote muss professionell abgedeckt sein.“

Es gibt mehr als einen Weg, die offensichtlichen Probleme der Kirche anzugehen. Die Evangelische Gemeinde möchte an Thomas- und Lutherkirche durch diakonische Arbeit präsent bleiben, das Gemeindeleben durch Chöre, Jugendarbeit und andere Aktionen aufrechterhalten und neugestalten. Natürlich erleichtert das Schaffen von Wohnraum auch die finanzielle Situation. Mörtter hingegen wünscht sich den Erhalt der Pfarrstellen durch flexibles Engagement von Ehrenamtlichen. „Wir wissen, wo der Eisberg liegt. Und wir sind nicht die Titanic. Ständige Kürzungen führen aber zum Auffahren auf den Eisberg. Weil es zu wenig Präsenz gibt, und dann ist man irgendwann weg.“

2025 soll die Gemeinde in die Planung einbezogen werden

Eine solche Prognose für Thomas- und Lutherkirche ist sicherlich verfrüht. Anfang 2025 möchte die Evangelische Gemeinde ihre Gemeindemitglieder aktiv in die Zukunftsplanungen einbeziehen. „Wir wollen die Lutherkirche neu gestalten. Dort sind Menschen, es ist ein lebendiger Ort. Und da setze ich drauf: Dass wir vor Ort Menschen haben, die mit uns die Zukunft gestalten“, sagt Bonhoeffer.

Hans Mörtter weist jedoch darauf hin, dass es nicht nur Gläubige sind, die die Lutherkirche zu einem lebendigen Ort machen. „Viele Leute, die nicht in der Kirche sind, sind dem Ort sehr verbunden: inhaltlich, ehrenamtlich und auch spendenmäßig. Die gehören alle mit dazu, die müssen auch mit einbezogen werden, eine Chance zum Mitdenken haben.“