Seit acht Monaten ist die Wohnung einer alleinerziehenden Mutter in der unbewohnbar. Die Toilette wurde herausgerissen, es gibt keine Heizung mehr, sie lebt mit ihrem Sohn in einer Notwohnung. Gegen „Vermieter-Vandalismus“ richtet sich eine Demo in der Südstadt.
Toilette herausgerissen, Heizung abgestelltKölner demonstrieren gegen „Vermieter-Vandalismus“
In der Wand neben der Wohnungstür von Pia Kagelmacher klafft ein Loch, so groß wie zwei Kinderfäuste. Vom Hausflur aus kann jeder ins Innere sehen, in das, was einmal das Bad der 42-Jährigen und das ihres zehnjährigen Sohnes war. Der Raum hat keine Toilette mehr, und auch die Badewanne wurde herausgerissen. Der Putz ist von den Wänden geschlagen, nur zwei Lagen Kacheln, weiß und dunkelgrün, kleben in einer Ecke noch an der Wand.
Seit März sehe ihre Wohnung so aus, sagt die Alleinerziehende. Sie steht im größeren Zimmer der 48-Quadratmeter-Wohnung, der Wohnraum hat auch eine Küchenzeile. Das zweite Zimmer gehört ihrem Sohn Lennart (Name geändert). Auch hier klaffen Löcher in den Wänden, Spielzeug, Plüschtiere und Bett sind mit Mörtel bedeckt, an den Wänden ist Schimmel sichtbar. Seit 2018 lebe sie in der ersten Etage des schmalem Hauses Im Ferkulum 8 in der Kölner Südstadt. Bis März habe sie Miete gezahlt, die sie nach anhaltenden Problemen mit Heizung und Warmwasser auf 350 gemindert habe. Es habe keine Kündigung gegeben. Jetzt ist sie die letzte Mieterin, alle anderen Etagen stehen leer.
Rund 40 Menschen protestieren gegen Vorgehen des Vermieters
Im März habe man ihr die Sanierung des Badezimmers in Aussicht gestellt, und auch, die seit Monaten bestehenden Probleme mit Heizung und Warmwasser zu beheben. Sie habe dem Hausverwalter deshalb einen ihrer Schlüssel ausgehändigt. „Als wir zwei Tage später in unsere Wohnung zurückwollten, sah es so aus“, sagt die 42-Jährige und deutet auf den Schutt, der einmal ein gefliester Badezimmerboden war.
Rund 40 Menschen protestierten gestern auf den Bürgersteigen der schmalen Südstadtgasse gegen das Vorgehen des Vermieters, darunter auch Bezirksbürgermeister Andreas Hupke und der langjährige Südstadtpfarrer Hans Mörtter. Vor dem Wohnhaus reckt sich eine drei Meter große „Mietenstopp-Hand“ gen Himmel. „Die Wohnungen werden zuerst gezielt unbewohnbar gemacht, um sie dann zu sanieren und viel teurer neu zu vermieten“, kritisiert Kalle Gerigk.
Während sich im Bad von Pia Kagelmacher seit Monaten nichts verändert, wurden im Hausflur neue Fenster mit Doppelverglasung eingebaut. Gegen den Eigentümer laufe eine Mängelbeseitigungsklage, so Gerigk. Der müsse eigentlich für den Zeitraum der Sanierung eine Ersatzwohnung zur Verfügung stellen.
Mithilfe des Jugendamtes hat die Alleinerziehende eine Ersatzwohnung gefunden, knapp 40 Quadratmeter groß. Wie lange sie in der eigentlich nur für den Übergangsphasen gedachten Wohnung bleiben könnten, sei ungewiss. „Das meiste unserer Sachen ist noch hier, dafür ist in der kleineren Wohnung gar kein Platz.“
Bezirksbürgermeister will sich einsetzen
Der Hausbesitzer war am Donnerstagnachmittag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Der Stadtverwaltung ist der Fall bekannt. Sie teilte auf Anfrage mit: „Nach dem Ergebnis der aktuellen Begutachtung weist die Wohnung erhebliche Mängel auf, die weit über das hinausgehen, was bei der letzten Ortsbesichtigung festgestellt worden war. Der Eigentümer des Objektes wurde zu den aktuell getroffenen Feststellungen in dieser Wohnung sowie zu den leerstehenden Wohnungen um schriftliche Stellungnahme gebeten. Eine Antwort liegt noch nicht vor.“
Außerdem lägen dem Amt für Wohnungswesen Hinweise vor, dass die umfassenden Sanierungsarbeiten ohne eine möglicherweise erforderliche Baugenehmigung vorgenommen worden seien. Dies werde zurzeit geprüft.
Bezirksbürgermeister Andreas Hupke will das Thema nicht auf sich beruhen lassen, sondern auf der Januarsitzung der BV Innenstadt zur Sprache bringen, denn Pia Kagelmacher und Lennart würden sehr gerne in ihre alte Wohnung zurück. „Hier geht Lennart in die Schule, hier hat er seine Freunde.“ Sie stehen im Hauseingang, die 42-Jährige wischt sich aufkommende Tränen aus den Augenwinkeln. „Wir haben einen regulären Mietvertrag. Unsere Wohnung muss nur wieder bewohnbar gemacht werden.“