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Bewahrer der silbernen KugelKölner ist Experte für Flipper-Automaten

Lesezeit 4 Minuten
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Heribert Eiden steht auch gern mal am Flipperautomaten, wie hier in der Red Fox Bar von Marcus Sárkány (hinten). 

Köln-Südstadt – Im Jahr 1975 war die Rockoper „Tommy“ ein Kassenschlager in den Kinos. Sie erzählt von einem taubblinden Jungen, der dank mystischer Fähigkeiten zu einer Art Messias aufsteigt. Tommys Ruhm gründet sich unter anderem auf sein sagenhaftes Spiel am Flipperautomaten. Der Song „Pinball Wizard“ ist Rockgeschichte.

Vielleicht kein Zufall, dass in eben diesem Jahr Heribert Eiden von einem Freund seinen ersten Flipperautomaten geschenkt bekam. 13 Jahre war er da alt. „Es war das Modell College Queens“, erinnert er sich. Für Heribert Eiden war es der Startschuss zu einer bis heute währenden Faszination für die Maschinen, ihre Technik und vor allem ihre manchmal schon an Kunst grenzende Gestaltung.

Zunächst aber war der junge Heribert einfach nur angetan vom Spiel mit der rollenden Stahlkugel, die möglichst lange daran gehindert werden soll, wieder im Inneren des Spielgeräts zu verschwinden. Eine Herausforderung, denn es gilt auf allerlei Zielscheiben und Löchern, Schleusen und rotierenden Türchen fleißig Punkte zu sammeln, um je nach Höhe eine zusätzliche Kugel oder gar ein Freispiel zu bekommen. Und das alles auf bunten Feldern voll blinkender Lämpchen und einer irren Geräuschkulisse: „Pling, pling, ratter, ratter, blurp!“

Die Blütezeit der Automaten

Die Siebziger und Achtziger Jahre waren die Blütezeit der Automaten. Ein Flipper gehörte wie ein Münzautomat und eine Musikbox zu einer richtigen Kneipe. „Wenn wir als junge Leute in eine neue Kneipe gingen, galt der erste Blick dem Flipper“, erzählt der 58-Jährige, der in der Südstadt lebt. Beim zweiten Blick war meist schon klar, ob man mit dem Gerät Spaß haben würde oder nicht. „Jeder hatte da seine Vorlieben. Die einen mochten Williams mehr, die anderen Bally oder Gottlieb.“

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Bumper sorgen für die typische Geräuschkulisse eines Flipper-Automaten. Sie machen Krach und bringen Punkte.

Spätestens jetzt gerät Eiden ins Fachsimpeln. Williams, Bally und Gottlieb gehörten mit der Firma Stern zu den größten Herstellern der auch „pinball machines“ genannten Geräte. Nach Chicago, dem Mekka der Pinball-Fabrikation, zog es Eiden, als er Ende der 1980er Jahre über die Spielleidenschaft hinaus die inneren und äußeren Werte der Geräte zum Gegenstand seines Hobbys gemacht hatte. Er wollte wissen, wie aus einem einst simplen Murmelspiel nach 1945 ein Teil des Alltagslebens von Millionen Menschen und vor allem der Popkultur werden konnte.

Ein Buch über die Geschichte des Flippers

„Ich wollte ein Buch über die Geschichte des Flippers schreiben. Vor allem interessierten mich die Frontscheiben mit ihren vielfältigen Motiven“, erzählt Eiden, der heute als selbstständiger PR-Journalist arbeitet. Eiden nahm Kontakt auf zu Dick Bueschel, dem amerikanischen Autor eines Flipper-Buches. Dieser stellte ihn in namhaften Unternehmen den Konstrukteuren und Gestaltern der Geräte vor. Die Amerikaner waren begeistert vom Interesse des jungen Mannes aus Germany und halfen, wo sie konnten.

Unsere Serie, Ihr Hobby

Freizeitforscher sind der festen Überzeugung, dass die Corona-Pandemie neue Hobbys hervorbringen und das klassische Hobby wiederbeleben könnte. Haben auch Sie eine Leidenschaft, von der Sie erzählen möchten? Schreiben Sie eine E-Mail an:ksta-stadtteile@dumont.de

Vor 30 Jahren erschien das Buch „Flipperscheiben – ein Kunst-, Kult- und Sammlerbuch“. Es zeigt die oft schrillen Szenerien aus Show, Sport, Pop, Film und Fernsehen. Etliche der im Buch abgebildeten Scheiben konnte Eiden in seine Sammlung aufnehmen. Die umfasste auch einige Flipper-Automaten. Bis vor ein paar Jahren sorgte er mit den Geräten bei Straßenfesten in der Severinstraße oder der Spielmannsgasse für eine kleine Attraktion und Einnahmen für wohltätige Zwecke.

Kölner betreibt Website für Flipper-Fans

Wenn man ihn heute treffen möchte, um in passender Umgebung über das ausgefallene Hobby zu sprechen, gibt es nur wenige Orte. Die „Red Fox Bar“ an der Klarastraße in Ehrenfeld ist so einer. Hier hat Marcus Sárkány, Jahrgang 1986, einen Mix aus Kneipe und Spielhalle geschaffen. Unter den Flipper-Automaten sind alte Schätze und sogar eine echte Rarität. „Da steht tatsächlich eine Marilyn“, sagt Heribert Eiden. Der 1988 gebaute Automat zeigt auf der Frontscheibe einen Taxifahrer, der von einer skurrilen Gruppe Mitfahrwilliger herbeigewunken wird: Dracula, Santa Claus, Gorbatschow und Marilyn.

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Eine "Marilyn" auf dem "Taxi"-Flipperautomaten ist eine Rarität. Das Motiv wurde wegen rechtlicher Probleme kurz nach Produktionsstart geändert.

Hersteller Williams musste die Blondine aber aufgrund rechtlicher Bedenken wegen der Ähnlichkeit mit Marilyn Monroe ändern. „Man ersetzte sie durch eine Brünette, die den Namen Lola bekam“, berichtet Eiden. Die wenigen „Marilyns“ wurden nach Europa verkauft.

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Inzwischen hat Eiden seine Leidenschaft aus gesundheitlichen Gründen zurückgefahren. Mit „Coloniamat.de“ betreibt er aber eine Website, die die Welt der Flipper allen Fans online zugänglich macht. Gerne hilft er Sammlern mit Rat oder auch schon mal mit der Kopie eines alten Original-Schaltplanes. Seine Faszination für Flipper wird aber fast nur noch von der Babyboomer-Generation geteilt. „Wenn die Kinder aus dem Haus sind und plötzlich Platz und Geld da ist, um sich so eine Art Man Cave, also Männerhöhle einzurichten“, sagt Eiden.