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Kölner Steb-Vorständin im Interview„Wir werden eine moderate Gebührenerhebung erleben“

Lesezeit 4 Minuten
Ulrike Franzke steht auf einer Treppe.

Ulrike Franzke: Die Vorständin der Stadtentwässerungsbetriebe Köln im Gespräch mit der Rundschau.

Die Stadtentwässerungsbetriebe (Steb) kämpfen mit Materialmangel und Kostensteigerungen. Ab 2024 könnte die Energiekrise auch in diesem Bereich ihren Tribut fordern. Ein Interview mit Steb-Chefin Ulrike Franzke.

Sie führen nun seit rund anderthalb Jahre die Geschicke der Steb Köln. Sie sind in stürmischen Zeiten gestartet. Das kann man wohl sagen.

Das erste Jahr war geprägt von der Hochwasserkatastrophe. Auch wenn wir in Köln nicht so extreme Zerstörungen oder den Verlust von Menschenleben zu beklagen hatten, sind dennoch etliche Stadtteile betroffen gewesen. Mit den Folgen beschäftigen wir uns noch jetzt. Auch der Überfall auf die Ukraine ist für uns ein Thema. Wir haben eine Partnerschaft mit einem ukrainischen Wasser- und Abwasserunternehmen, pflegen einen intensiven fachlichen Austausch. Nach Ausbruch des Krieges stand für uns sofort fest: Wir helfen. Wir haben beispielsweise Notstromaggregate, Pumpen, einen Kran und Sandsäcke aus unserem Bestand abgegeben. Eine direkte Folge war natürlich auch für uns die Energiekrise.

Das klingt nach permanentem Krisenmodus.

Nein, nicht nur. Unser Tagesgeschäft ist ja zu alledem weitergelaufen. Gerade in Hinblick auf die Energiekrise war es von Vorteil, dass wir bei der Energieversorgung frühzeitig auf ein größtmögliches Maß an Unabhängigkeit hingearbeitet haben. Darauf aufbauend konnten wir unsere Co-Fermentation zur Gasgewinnung in 2022 nochmals ausbauen. Ein wichtiges Projekt, das wir abschließen konnten, war: Der Umbau zweier Plätze in Eil zu multifunktionalen Flächen. Bei Schönwetter bieten diese Plätze nun eine hohe Aufenthaltsqualität. Bei Starkregen können sie durch ihre vertiefte Lage Wasser aufnehmen. Bei solchen Maßnahmen gegen Überschwemmungen müssen wir in Zusammenarbeit mit der Stadt sicherlich noch mehr Fahrt aufnehmen. In Eil haben wir aber schon mal gezeigt, dass es geht. Um zu verdeutlichen, wie aktiv wir trotz aller Krisen geblieben sind: Wir hatten in den Vorjahren im Schnitt ein Investitionsvolumen von rund 50 Millionen Euro im Jahr. Das haben wir 2022 auf 65 Millionen Euro erhöht. Und in den kommen Jahren werden wir dieses Volumen nochmals steigern, unter anderem steht eine Reihe von Großprojekten an.

Eines dieser Großprojekte ist der Bau einen Dükers aus dem Linksrheinischen ins rechtsrheinische Stammheim. Also eine Abwasserrohrverbindung unter dem Rhein hin zum Großklärwerk. Eigentlich wollten Sie bei diesem Projekt schon weiter sein.

Die Arbeiten zur Verlegung von Versorgungsleitungen im linksrheinischen Uferbereich sind nun weitestgehend abgeschlossen. Eine Schule im Baustellenbereich ist bereits umgezogen. Die Ausschreibungen für die Baugruben und den Rohrvortrieb stehen kurz vor der Veröffentlichung. Für den Zeitraum Spätsommer oder Herbstanfang planen wir den Start der sichtbaren Arbeiten für den Rohrvortrieb. Ein Fertigstellungsdatum für das Projekt können wir in diesem frühen Stadium aber noch nicht absehen.

Ein Thema, dass Betriebe in dieser Zeit besonders bewegt, ist die Materialmangel. Wie steht es darum bei Ihnen?

Den Mangel bekommen wir an einigen Stellen schon sehr stark zu spüren. Wenn die StEB Köln Materialien bestellen, bei denen wir einst mit einem halben oder einem Jahr Vorlauf planen konnten, müssen wir heute mit einer Lieferzeit von bis zu zwei Jahren rechnen. Das hat aber auch damit zu tun, dass wir in vielen Bereichen Ersatzteile benötigen, die es nicht von der Stange gibt, sondern die erst auf Bestellung gefertigt werden. Das hat natürlich Konsequenzen für unsere Planungen: Was legen wir uns vermehrt auf Lager, was müssen wir auf Vorrat bestellen, wo arbeiten wir mehr als bisher auf Verschleiß?

Ein Mangel sorgte besonders für Schlagzeilen: Eisensalze, die sogenannten Fällmittel, mit denen in Klärwerken Phosphate aus dem Abwasser gelöst werden, sind nur noch erschwert und zu deutlich höheren Preisen zu beziehen. Es gab sogar Überlegungen, die Phosphat-Grenzwerte für die Einbringung in den Rhein zu erhöhen. Wie ist dabei die Entwicklung?

Wir haben das große Glück, dass unser Lieferant noch eine Lagerstätte in Finnland ausfindig machen konnte. Das dortige Material war eigentlich nicht für die Verwendung vorgesehen. Wir setzen es zurzeit ein und prüfen es auf seine Wirksamkeit. Wir hoffen aber trotzdem, dass im Frühjahr wieder die Produktion anläuft und wir unser Regelprodukt beziehen können. Jedenfalls empfangen wir diesbezüglich positive Signale.

Also ist die Gefahr höherer Phosphatwerte für den Rhein gebannt?

Gebannt würde ich nicht sagen, aber unter Kontrolle.

Materialengpässe, Energiepreise, Klimawandel – bisher konnten sie trotz dieser Herausforderungen die Gebühren stabil halten. Wie lange gelingt das noch?

Wir werden in den kommenden Jahren eine moderate Gebührenerhebung erleben. Das konnten wir für 2023 noch verhindern. Doch unsere Prognosen zeigen, dass sich auf Dauer die allgemeine Preisentwicklung auch in den Gebühren niederschlagen wird.