Schülerinnen und Schüler berichten besonders häufig von Diskriminierungen. Die Beratungsstelle BANDAS will helfen.
Diskriminierung durch LehrerHier finden Schülerinnen und Schüler in Köln Hilfe
Ein Schüler sagt auf einem Kölner Pausenhof zu seinem Freund: „Ich hole meinen Schulranzen.“ Eigentlich ein unverfänglicher Satz. Doch weil er ihn auf Türkisch sagt, wird er von einer Lehrerin getadelt und muss zur Strafe die Schulordnung abschreiben.
Der Junge wendet sich an die Beratungsstelle BANDAS von der AWO Mittelrhein, die Betroffenen von Diskriminierung in der Schule hilft. Referentin Madalena Bothe berichtet im Gespräch mit der Rundschau von dem Fall. „Er kam zu uns, weil er das Gefühl hatte, da stimmt was nicht.“ Die Beraterin konnte das nur bestätigen: „Das ist Rassismus.“
Auch wenn die Schulordnung vorschreibe, auf dem Schulgelände dürfe nur Deutsch gesprochen werden: „Alle Studien zeigen, dass Mehrsprachigkeit anerkannt werden sollte“. Für den Unterricht könne man sich auf eine Sprache einigen, aber wenn die Kinder auf dem Schulhof das Gefühl bekämen, ihre Muttersprache sei falsch, sei das nicht gut für die Identitätsbildung.
Genau diese Haltung wollte BANDAS der Schule vermitteln, wurde aber mehrmals abgeblockt, so dass die Mitarbeiter sogar die Bezirksregierung einschalteten. Die, so Madalena Bothe, habe dann der Schule vermittelt, dass sie die Mehrsprachigkeit der Schüler und Schülerinnen nicht abstrafen dürfe.
Sepzialisiert auf Diskriminierung in Schulen
Ein Beispiel aus der Praxis der Antidiskriminierungsberatungsstellen der Freien Wohlfahrtspflege NRW, die sich im Netzwerk ada.nrw zusammengeschlossen haben. BANDAS, die Kölner Beratungsstelle an der Amsterdamer Straße, hat sich auf die Diskriminierung in Schulen spezialisiert. Dort tut Beratung besonders Not, denn die meisten der Fälle, die die Beratungen in NRW 2023 erreichten, kamen aus Schulen.
Das sagt der ada-Jahresbericht, der am Mittwoch bei der AWO Mittelrhein in Chorweiler vorgestellt wurde. Am häufigsten berichteten Menschen, die in die 42 Beratungsstellen landesweit kamen, von Diskriminierungen im Bildungsbereich, und davon der weitaus größte Teil in Schulen. In fast 70 Prozent der Fälle waren Lehrkräfte oder Betreuungspersonal für die Diskriminierung verantwortlich.
Das kann Madalena Bothe aus ihrer Arbeit bestätigen: In den meisten Beratungsfällen seien es die Lehrkräfte, die diskriminierten. Und das sei für die Betroffenen noch schlimmer, als wenn es die Gleichaltrigen sind. „Wenn Lehrer und Lehrerinnen diskriminieren, ist die Ohnmacht viel größer“, ebenso wie die Angst vor Konsequenzen, wenn man sich Hilfe sucht. Im Fall des türkisch sprechenden Schülers hatte der zum Beispiel große Sorge, bei seinem anstehenden Realschulabschluss schlechter benotet zu werden.
Die meisten Diskriminierungen sind rassistisch
Rassismus nahm 2023 bei den Beratungen des ada-Netzwerks mit 72,8 Prozent den größten Anteil ein. Fast die Hälfte dieser rassistischen Diskriminierungen war antimuslimisch motiviert. Von Antisemitismus wurde in 5,2 Prozent berichtet. „Der 7. Oktober hat alle Dämme gerissen,“ sagt Micha Neumann von einer Beratungsstelle in Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde Dortmund bei der Vorstellung des Berichts.
Den Tag des Überfalls der Hamas auf das israelische Grenzgebiet empfindet auch Malika Mansouri vom Kompetenzverbund Antimuslimischer Rassismus als Zäsur: „Seit dem 7. Oktober stellen wir einen Anstieg von Diskriminierung in allen Lebensbereichen fest.“
Aus ihrer Beratungspraxis für Schülerinnen und Schüler kann Madalena Bothe das nicht bestätigen: „Antisemitische und antimuslimische Vorfälle gab es vor und nach dem 7. Oktober.“ Die Schulen treibe im Moment eher anderes um: „In Köln ist Queerfeindlichkeit gerade ein Riesenthema.“