500 ArbeitsschritteHeribert Bünnagel baut und repariert Streichinstrumente in Köln

Eine echte Bünnagel-Geige von Heribert Bünnagel ist rötlich-braun lackiert.
Copyright: Nabil Hanano
- Heribert Bünnagel baut und repariert Streichinstrumente – in hunderten Arbeitsschritten.
- Sein Betrieb hat in Köln eine lange Tradition. Wir haben uns das besondere Unternehmen einmal genauer angesehen.
Köln – So etwas macht man nur einmal im Leben: Verzierungen mit winzigen Punkten. Ranken ziehen sich ineinander verschlungen über die ganze Seite. Die Schnecke ist kunstvoll ausgeschnitzt. „Das war mein Meisterstück“, sagt Heribert Bünnagel (71). Die Gambe – eine sechssaitige „Kniegeige“ – bewahrt er sicher verpackt in seiner Werkstatt auf.
Eigentlich hatte er das Instrument verkauft, aber es kam zu ihm zurück: „Vor ein paar Jahren rief die Frau des Besitzers an. Ihr Mann war verstorben und sie hat mir die Gambe geschenkt.“Seit 1975 ist er Geigenbaumeister, wie auch sein Vater, der den Betrieb 1929 gegründet hat. Ein anderer Beruf kam für ihn nie in Frage. „Ich bin in einer Geigenwerkstatt groß geworden. Da war mir das Handwerk vertrauter als irgendetwas anderes.“

Kunstvolle Verzierungen..
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Wie lange er an den Motiven auf der Gambe gearbeitet hat? Es waren ungezählte Stunden, „abends am Esstisch“, erinnert sich Heribert Bünnagel. „Wenn man einmal anfängt, kann man fast nicht mehr aufhören.“ Es ist insgesamt eine ruhige Tätigkeit. An der Breite Str. 99, zwischen einem Briefmarkengeschäft und einem Schmuckhändler, gibt es Dutzende Instrumente – Geigen in verschiedenen Größen, Bratschen, Celli.
Durch das gekippte Fenster sind nur die Geräusche der Geschäftsstraße zu hören, unterbrochen von einem gelegentlichen „Pling“. In der Werkstatt repariert Geigenbaumeister Bennedikt Klein (32) gerade ein Cello, nun müssen die Seiten über den neu geschnitzen Steg gespannt werden.
Hölzer und Werkzeuge im Krieg ausgelagert
Heribert Bünnagel kann Geige spielen, „aber nur im Amateurbereich“, wie er sagt. Er ist der Geigenbauer, ein anderer der Musiker. Meistens bleiben die beiden über ein ganzes Leben miteinander verbunden. 500 Arbeitsschritte sind notwendig, um eine Geige in Wochen oder Monaten zu fertigen. In der Werkstatt stapeln sich die Hölzer in Regalen, heutzutage wird vor allem Fichten- und Ahornholz verwendet.

Das Geschäft heute mit Verena Bünnagel.
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Die Werkzeuge stecken geordnet in Wandhaltern, vieles stammt noch vom Firmengründer Josef Bünnagel. 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, wurde sein Geschäft ausgebombt. Wertvolle Hölzer und Werkzeuge blieben dem Familienbetrieb trotzdem erhalten: Josef Bünnagel hatte sie zuvor in Kisten verpackt und an einen befreundeten Instrumentenhändler im Vogtland geschickt. Dort überstanden sie die Zeit in Erdbunkern und kamen anschließend nach Köln zurück. Das Geschäft konnte wieder aufgebaut werden.
Reparatur und Restaurierung der Instrumente
Ein Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der Reparatur und Restaurierung der Instrumente. Eine Geige, die in einer Meisterwerkstatt gefertigt wurde, kostet mehrere tausend Euro. Dafür kann sie über Generationen gespielt werden. Eine 350 Jahre alte Bratsche aus seinem Privatbesitz hat Heribert Bünnagel kürzlich an ein Museum in Sachsen abgegeben. Die berühmten Stradivari-Geigen, die zum Beispiel von Anne-Sophie Mutter oder David Garrett gespielt werden, sind 300 Jahre alt.
Jeder Geigenbauer hat seine Charakteristiken. Heribert Bünnagel stimmt eine seiner Geigen, dreht vorsichtig die schwarzen Wirbel. Der rötlich-braune Lack ist leicht schattiert, die Schnecke kunstvoll geschwungen, das Instrument makellos. Sollte es irgendwann Schaden nehmen – der Geigenbauer wird ihn wahrscheinlich richten können. Wie bei den beiden Studenten, die in Streit geraten waren: „Sie brachten die Geige in Stückchen in einer Plastiktüte“, sagt Heribert Bünnagel.

So sah das Geschäft früher einmal aus.
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„Es war wie ein Puzzle.“ Er konnte es zusammensetzen. „Und es hieß, die Geige würde besser klingen als vorher.“ Oder wie bei dem Musiker, der mit seinem Cello-Kasten in einem Paternoster hängen blieb. „Er hat mir den Kasten hingestellt und ist erst mal ein paar Schnäpschen trinken gegangen.“ Der Hals war gebrochen, aber auch auf dem Cello konnte nach der Reparatur wieder gespielt werden.
Familienbetrieb in dritter Generation
Oft wird gesagt, dass Instrumente eine Seele haben. Für Heribert Bünnagel ist das keine Frage. „Ein neues Instrument ist fast wie ein Kind“, sagt er. Man habe so viel reingesteckt, eine handwerkliche Höchstleistung vollbracht. „Wenn dann die Saiten aufgespannt werden und eine Geige zum ersten Mal erklingt – das ist ein erhabenes Gefühl.“
Demnächst will der Geigenbauer kürzer treten. Seit einigen Jahren ist seine Tochter Verena mit im Geschäft. Heribert Bünnagel möchte Zeit mit den Enkeln verbringen. Und ein Hobby hat er auch noch, natürlich eines mit einer langen Tradition: Wie schon sein Vater ist er Mitglied bei den Roten Funken.
Geigenbau Bünnagel, Breite Str. 99, Telefon 0221/2576331, geöffnet montags bis freitags 9 bis 13 Uhr und 14 bis 18 Uhr, samstags 10 bis 15 Uhr. geigenbau-buennagel.com