Die Objektdesignerin, Künstlerin und Ausstellungsmacherin holt mit dem Schweißbrenner aus dem starren Material überraschend weiche Seiten heraus.
Ein Herz für EdelstahlKölnerin Hannah Kuhlmann macht Kunst aus Metallrohren
Hannah Kuhlmann hat ein Herz für Edelstahl. Die Objektdesignerin, Künstlerin und Ausstellungsmacherin holt mit dem Schweißbrenner aus dem starren Material überraschend weiche Seiten heraus. Aus hochglänzenden Metallrohren, die eigentlich aus dem Geländerbau stammt, formt, biegt, schleift und fräst die 34-Jährige in ihrer Werkstatt im Keller des Nippeser Mehrfamilienhauses Sammelstücke mit poetischer Note.
„Dann machen wir mal was Feuer“, sagt die zierliche Gestalterin, zieht die Schutzmaske auf und gibt mit dem Brenner Gas. Mit viel Energie, Fantasie und Faszination für das Material verwandelt sich puristischer Stahl in Objekte für Draußen und Drinnen. Aus einem Stück mit zwei Glühlampen an den Enden wird zum Beispiel eine Hängeleuchte, die wie ein stilisierter Regenbogen im Raum schwebt. „Ich mag es, wenn die Leute beim Anblick meiner Objekte ins Assoziieren kommen“, sagt Hannah Kuhlmann. „Ich spiele gerne mit den Kontrasten vom stahlharten Material mit femininen Schwüngen und einer gewissen Zartheit.“
Im Gewölbe unter dem Altbau an der Hartwichstraße 101 entstehen unter anderen Tauben-Wasserbrunnen, Außendusche oder das Sideboard, das sich zur Liege mit lavendelgefüllten Polstern überm Stahlskelett verwandelt. Auseinander gebogene Enden verwandeln sich in Leuchtblüten an der Wand. Verschiedene Objekte inszeniert die Kölnerin in dem ehemaligen Ladenlokal auf dem schwarz-weiß gekachelten Boden wie ein Bühnenbild für ein modernes Theaterstück. „Studio Kuhlmann“ steht auf dem Schaufenster der früheren Käserei der Familie Fritz, jetzt Showroom und Project Space „101PS“.
Ausstellung in Antwerpen
„Gerade hatte ich meine erste Einzelausstellung in Antwerpen“, erzählt die Designerin in ihrer Wohnung, die hinter dem Showroom liegt. Die Einrichtung ist bunt gemischt. Ein Stahltisch trifft in der Küche auf antike Holzstühle und Büffet, selbst gebaute rosa Sitzbank und Kunst an der Wand. Auf der begrünten Hinterhofterrasse stehen ihre Gartenmöbel aus burgunderrot lackiertem Metall, mit Bistroflair der Jahrhundertwende. Ihre Einzelausstellung mit dem Titel „Lucid Dreams“ komponierte sie zum Thema Mittagsschlaf ein bisschen märchenhaft zwischen Wachen und Träumen, mit Leuchten aus Metall mit beruhigenden Edelsteinen wie Bergkristall, deren Formen an Blumen oder Pilze erinnern, und einem Tagesbett mit Daunenpolstern.
Nach ihrem Studium an der Kunstakademie in Maastricht entdeckte Hannah Kuhlmann das Material für sich. „Ich fand immer schon faszinierend, etwas zu verschmelzen. Da ist immer ein bisschen Magie mit im Spiel. Ich möchte den Möbeln Charakter geben.“ Sie entwirft die Stücke an der Schnittstelle zur freien Kunst, produziert und vertreibt die „Collectibles“ selbst in kleinen Auflagen (siehe Infotext) – und liefert sie, wenn's sein muss, auch noch selbst aus.
„Langlebig, nachhaltig, kostbar“
Der Werkstoff aus dem Baumarkt von heute hatte seinen Star-Auftritt in der Ära von „Bauhaus“ & Co. mit wegweisenden Entwürfen von Marcel Breuers Freischwinger über Mies van der Rohe bis Wagenfeld. „Ich mag sehr an diesem Material, dass es langlebig ist, nachhaltig und so kostbar aussieht“, sagt die Jungdesignerin.
Immer wieder neue Ideen entwickelt die Stahlschmiedin auch in Kooperation mit anderen Kreativen. In ihrem Projektraum veranstaltet sie Ausstellungen und Workshops. „Ich finde es sehr wichtig, sich in der Branche auch fächerübergreifend zu vernetzen und auszutauschen “, sagt sie. Gerade nahm die Kölnerin am Designfestival „Salone die Aschau“ teil, es fand auf dem Firmengelände des bekannten Designers Nils Holger Moormann in Bayern statt. Hannah Kuhlmann steuerte eine Aktion bei, schmiedete Nägel und versteckte sie zum Suchen in einem Heuhaufen. Auch für Köln wünscht sie sich „ein frisches, experimentelles Kulturfestival, das die Disziplinen von Kunst und Design und Musik miteinander verbindet“.