Zwei Männer wurden in Köln zu elf und elf Jahren sechs Monaten Haft verurteilt. Ein KI-Gutachten bestätigte die Identität eines Täters.
Prozess in KölnHaftstrafen nach Messer-Attacke vor Döner-Laden
Versuchter Mord und versuchter Totschlag jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, so lautete am Montag das Urteil eines Schwurgerichts am Landgericht gegen zwei Männer (27 und 30). Der 30-Jährige wurde zu elf Jahren Haft, der 27-Jährige zu elf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die beiden Männer am 26. Oktober 2023 vor einem Dönerladen Nähe Chlodwigplatz zunächst einen Mann heimtückisch von hinten mit Reizgas angegriffen und anschließend mit Messern auf diesen eingestochen hatten.
Angefeuert mit „Töte ihn! Töte ihn!“
Als ein Bekannter des Opfers diesem zur Hilfe eilte, stachen die Männer auch auf diesen ein. Dabei soll der 30-Jährige seinen Mittäter mit den Worten: „Töte ihn! Töte ihn!“, angefeuert haben. Hintergrund der Tat war laut der Urteilsbegründung die Mitgliedschaft der beiden Männer in einer „rockerähnlichen christlichen Sekte“ namens „True Life“, wie der Vorsitzende Alexander Fühling ausführte. Da die beiden Opfer Kritiker der Gruppe gewesen seien und sich wiederholt abfällig über Mitglieder und den Gründer geäußert. Kurz vor der Tat hatten die beiden Opfer in einem Onlinevideo gedroht, gegen den Kopf der Gruppe auszupacken, weil in der Gruppe „etwas nicht mit rechten Dingen zugehe“. Das hätten die Angeklagten wiederum zur Kenntnis genommen. „Die Angeklagten beschlossen, die Geschädigte als Hater und Kritiker von ‚True Life‘ auszuschalten“, sagte Fühling. Hierfür seien sie eigens aus der Türkei gemeinsam angereist. Dass die beiden Geschädigten überlebt hätten, hätten diese vor allem Passanten zu verdanken, die Alarm geschlagen hätten, was die Täter vertrieben habe. Die Tat vor dem Dönerladen selbst war aber auch von einer Überwachungskamera gefilmt worden, was für die Kammer ein „unverschämtes Glück“ gewesen sei, so Fühling.
Da die Videos aber nur eine bescheidene Bildqualität aufwiesen, boten sie der Verteidigung einen Angriffspunkt, um die Identität der Angeklagten mit den darauf zu sehenden Täter anzuzweifeln. Um diesen Zweifel zu objektivieren, hatten die Verteidiger des 27-Jährigen eigens einen anthropologischen Gutachter ins Spiel gebracht, der mittels Künstlicher Intelligenz (KI) Identitätsfeststellungen vornimmt. Während das Gutachten in Bezug auf den 27-Jährigen „neutral“ geblieben sei, sei es in Bezug auf den 30-Jährigen zum Bumerang geworden: „Das Gutachten war der Sargnagel in seine Verurteilung“, sagte Fühling. Die Identität des 30-Jährigen sei einwandfrei bewiesen worden. (bks)