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Kündigung des FußverkehrbeauftragenFußgänger-Lobby kritisiert die Stadt Köln scharf

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Im Bereich Heumarkt verunglückte im Sommer 2023 ein Fußgänger tödlich im Straßenverkehr.

Im Bereich Heumarkt verunglückte im Sommer 2023 ein Fußgänger tödlich im Straßenverkehr.

Die Kölner Ortsgruppe von Fuss e.V. bemängelt die Diskrepanz zwischen Anschein und Wirklichkeit in der Behandlung des Fußverkehrs durch das Mobilitätsdezernat.

Es sei nicht weniger als peinlich, dass Nico Rathmann nach nur zwei Jahren die Stadtverwaltung bereits wieder verlasse. Die Kündigung des ersten Kölner Fußverkehrbeauftragten, über die die Rundschau exklusiv berichtete, nimmt die Kölner Ortsgruppe des Lobbyverbandes Fuss e.V. zum Anlass, mit deutlichen Worten den Umgang des Mobilitätsdezernates mit dem Thema Fußverkehr zu kritisieren.

„Er hatte keine Entscheidungskompetenzen, kein Budget, kein Team, nur eine Beratungsfunktion, die oft genug keine oder nicht die angemessene Resonanz fand. Jedoch eine hohe Präsenz in der Öffentlichkeit, die der Bevölkerung Kölns das Signal gab: Es tut sich etwas für den Fußverkehr in Köln.“ Für Anne Grose, Sprecherin von Fuss e.V Köln, ist es eben diese Diskrepanz zwischen Anschein und Wirklichkeit, die Nico Rathman dazu gebracht habe, lieber in die Bonner Verwaltung zu wechseln, um sich dort in einem mehrköpfigen Team dem Thema Schulwegsicherheit anzunehmen.

Ob sich nach der holprigen und der letztendlich nicht gelungenen Besetzung der aktuellen Stelle fachlich gut qualifiziertes Personal bewirbt, ist fraglich
Anne Grose, Fuss e.V.

Und nach Informationen der Rundschau war es nicht zuletzt auch die ungleiche Gewichtung zwischen den Themen Rad- und Fußverkehr, die dem Fußverkehrbeauftragten den Eindruck vermittelten, sein Themenfeld bekomme nicht die gebührende Aufmerksamkeit. Denn der Fahrradbeauftragte der Stadt hat sehr wohl die Entscheidungsgewalt, die Rathmann nicht zugeteilt wurde. So konnte der Fahrradbeauftragte kraft seines Amtes entscheiden, wie breit Radwege zu sein haben und wie viel dann noch für den Fußweg überbleibt.

Nico Rathmann hat gekündigt

Nico Rathmann hat gekündigt

Für Grose eine fatales Ungleichgewicht in den Zuständigkeiten. „13 Fußgänger und Fußgängerinnen sind im Jahr 2023 im Kölner Straßenverkehr zu Tode gekommen – überwiegend Menschen im Alter von über 60 Jahren“, mahnt sie. In vielen Fällen werde „Selbstverschulden“ als Unfallursache angegeben. Dagegen wehrt sich die Fuss-Lobbyistin vehement. Und macht das unter anderem an einem Unfall im Sommer vergangenen Jahres im Bereich des Heumarktes fest.

Dort stieg ein Fußgänger vor dem dortigen Hotel über eine Kettenabsperrung und überquerte die Straße im Kurvenbereich auf direktem Wege, wobei er von einem heraneilendem SUV erfasst und tödlich verletzt wurde. Auf den ersten Blick Leichtsinn. Doch für Grose die Konsequenz aus einer kruden Führung der Fußgänger am Heumarkt: „Wenn Fußgängerinnen und Fußgänger von der Hotelseite aus zur Platzfläche möchten, müssen sie mehrere Straßen mit unterschiedlichen Ampelphasen queren, was gegenüber einer direkten Verbindung ein großer Umweg mit viel Wartezeit bedeutet.“ Derartige Orte gebe es viele in Köln, so Grose weiter. „Und es ist nicht verwunderlich, dass Köln sich zum wiederholten Male auf dem letzten Platz bei einer Befragung in 16 großen Städten Deutschlands zum Sicherheitsgefühl von Fußgängerinnen und Fußgängern wiederfindet.“

Die Stadtverwaltung hatte auf Nachfrage der Rundschau angekündigt, die Neuausschreibung der Stelle des Fußverkehrsbeauftragten werde vorbereitet. Doch die Sprecherin von Fuss e.V. hat wenig Hoffnung, dass es in Kürze zu einer Neueinstellung kommt. „Mit Nico Rathmann geht ein erfahrener Fußverkehrsfachmann, der nicht so leicht zu ersetzen sein wird. Das Fachpersonal ist knapp, Verkehrsplanungsagenturen konkurrieren mit den Kommunen um Fachleute. Zudem ist der Markt überschaubar, man kennt sich untereinander. Ob sich nach der holprigen und der letztendlich nicht gelungenen Besetzung der aktuellen Stelle fachlich gut qualifiziertes Personal bewirbt, ist fraglich.“

Mehr Aufmerksamkeit für Fußverkehr

Nach dieser Entwicklung hat Grose nun klare Erwartungen an die Verwaltung: „Wir fordern auch für Köln ein Team von Fachleuten für den Fußverkehr, mit Entscheidungskompetenz und eigenem Budget. Die Politik muss endlich dem Fußverkehr – neben dem Auto- und neben dem Radverkehr – angemessene Aufmerksamkeit widmen“, kritisiert sie mit Blick unter anderem auf Düsseldorf und München, wo der Fußverkehr Teamarbeit mit Entscheidungsbefugnis sei.