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Ein Kamerafilm, zwei WeltenDas Kölner Fotokunstprojekt „Beyond Borders“ schlägt Brücken zwischen Kulturen

Lesezeit 3 Minuten
Ela Mergels vor ihren Lieblingswerken Israel/Sri Lanka, USA/Mexiko und USA/Iran (v. l. n. r.) in dem Atelier „Odo’s Art Space“.

Ela Mergels vor ihren Lieblingswerken Israel/Sri Lanka, USA/Mexiko und USA/Iran (v. l. n. r.) in dem Atelier „Odo’s Art Space“.

Ein Netzwerk aus Mittelsleuten übergibt die Kamera an Einheimische in aller Welt und sorgt dafür, dass sie immer wieder zurück in die Kölner Südstadt gelangt.

Für die Kölnerin Ela Mergels war es höchste Zeit, die Perspektive zu wechseln. „Ich will keinen Touri-Blick, sondern nur einen Einheimischen-Blick“, betont die Künstlerin. Deshalb begann sie vor rund zehn Jahren damit, eine alte Analogkamera an Einheimische aus aller Welt zu schicken – mit einer einzigen Bitte: „Fotografiere, was dir wichtig ist im Leben“. Daraus entstanden ist das Kunst- und Modeprojekt „Beyond Borders“. Noch bis zum 24. November kann man die Prachtstücke des Projekts in einer Ausstellung in „Odo’s Art Space“ begutachten, dem neuen Atelier von Künstler Odo Rumpf im Belgischen Viertel.

Die Doppelbelichtung mit Fotos aus Russland und der Ukraine.

Die Doppelbelichtung mit Fotos aus Russland und der Ukraine.

Die Kamera hat bereits 43 Länder und alle Kontinente bereist. „Da ist noch Luft nach oben“, sagt Mergels entschlossen. Gerade sei die Kamera in Island gewesen und bald ginge es auf die Philippinen. Ein Netzwerk aus Mittelsleuten übergibt die Kamera an Einheimische und sorgt dafür, dass sie immer wieder zurück in die Kölner Südstadt gelangt, wo Ela Mergels lebt. Wenn die Kamera zurückkommt, spult die 55-Jährige den Film zurück und legt ihn erneut ein – ohne sich die Bilder vorher anzusehen. Dann beginnt die Kamera eine neue Reise, und der Film wird ein zweites Mal belichtet.

Ausstellung „Beyond Borders“ in Köln: „Surreale Zwischenwelten“

Durch diese Doppelbelichtung verschmelzen die Aufnahmen zweier Fremder zu einem einzigen Bild. Die Künstlerin beschreibt die ästhetische Wirkung der Bilder als „etwas zwischen filmisch und malerisch“. Diese „surrealen Zwischenwelten“ erzählen Geschichten, die von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen gemeinsam geschaffen werden. So verschmilzt beispielsweise eine Tänzerin aus Singapur mit einer mexikanischen Wüstenlandschaft. „Es ist ein weltumspannendes Fotokunstprojekt, das Menschen verbindet und ein Zeichen gegen die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung setzt“, fasst Mergels zusammen.

Kunstprjekt Beyond Borders

Die Künstlerin hat nur begrenzten Einfluss auf die entstehenden Bilder. Sie kennt in der Regel weder die Fotografierenden noch deren Geschichten. „Die Fotos müssen für sich allein sprechen“, betont sie. Deshalb verzichtet sie bewusst auf eine nachträgliche Bearbeitung. Ihren Einfluss beschränkt Mergels auf die Auswahl der Länder, die auf einem Film kombiniert werden. Diese Entscheidungen sind oft gesellschaftspolitisch motiviert. Besonders brisante Beispiele sind Länderkombinationen wie USA/Iran oder Ukraine/Russland.

Kunst auf Secondhand-Kleidung

Ein geplanter Film sollte Aufnahmen aus Israel und Palästina vereinen. Doch versehentlich kombinierte Mergels Israel mit Sri Lanka. Diese unerwartete Kombination brachte jedoch einen der größten Erfolge des Projekts hervor: „Der Cowboy“, eine Doppelbelichtung aus diesem Film, wurde zum Aushängeschild von „Beyond Borders“. Das Werk wurde 2023 auf der renommierten Art Miami“ ausgestellt und mit einem Preis ausgezeichnet. Es zeigt einen Mann mit Cowboyhut, der in einer verschmolzenen Himmels- und Palmenlandschaft positioniert ist. Sonnenschirme lassen einen Strand erahnen. Ob der Cowboy aus Sri Lanka oder Israel kommt, lässt sich nur mutmaßen - eine Rolle spielt es aber nicht wirklich.

In den vergangenen Jahren hat sich das Projekt auch auf die Mode ausgeweitet. Mergels überträgt kleine Stoffversionen der Doppelbelichtungen auf hochwertige Secondhand-Kleidung. „Es sind schon echte Sahnestückchen dabei, die zum tragbaren Kunstwerk aufgewertet werden“, sagt sie. Zuletzt habe sie einen Armani-Mantel verkauft. Das Aufnähen erfolgt in einer Schneiderei in der Kölner Südstadt, um lokal und umweltfreundlich zu produzieren. „Alles wird auf der linken Seite aufgenäht, weil es ein Herzensprojekt ist“, erklärt die Künstlerin.

Sowohl Bilder als auch Mode können online erworben werden. Die Bilder liegen preislich bei 1600 bis 3500 Euro. Die Mode liegt preislich bei 29 bis 150 Euro.