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Sommerküche bei Michael Scherz„Es macht Laune, sein eigener Chef zu sein“

Lesezeit 5 Minuten

An der Theke sitzt Michael Scherz in seinem Gasthaus auch schon mal – gerne mit einem Gläschen Absinth.

Köln – Als Michael Scherz vor 14 Jahren in Köln ankam, hatte er noch zehn Euro in der Tasche. Heute führt er auf der Luxemburger Straße das Gasthaus „Scherz“. Bevor es ihn an den Rhein verschlug, hatte er in Cottbus gearbeitet – sein erster Job nach der Ausbildung in seiner Heimat Österreich. „Ich hab da im Sterne-Restaurant gearbeitet. Das war ganz geil, aber Cottbus ist halt Müll“, sagt er. An seine Ankunft dort erinnert er sich so: „Ein blöder Ösi geht nach Cottbus, steigt am Bahnhof aus – überall DVU-Plakate mit: „Arbeit für Deutsche!“. Und ich so: Wo bist du denn jetzt hingefahren?“

Einer seiner Kollegen in der Küche kommt immer mit dem Zug zur Arbeit. „Der hat manchmal ein blaues Auge gehabt, weil den irgendwelche Faschos am Bahnhof verprügelt haben“, erzählt Scherz. „Was ist das denn? Der latente Rassismus bei uns, damit wächst du auf. Aber da hast du keinen Bock zu leben.“ Nach einem halben Jahr ist er wieder weg. „Für die Arbeit hab ich nie einen Cent gesehen.“

Für die Sommerküche hat er ein Baguette mit Rinderzunge, eingelegtem Gemüse und Mayo zubereitet. „Das kann ich mit wenigen Handgriffen machen“, sagt er. „Ich muss mich nicht groß drum kümmern und kann es zwei, drei Tage vorher vorbereiten – das wird jeden Tag leckerer.“ Und wo würde er das Baguette essen? „In Sülz natürlich ausschließlich im Beethovenpark“, sagt er. „Der ist halt total schön. Da hast du nicht diesen verdammten Smog wie am Aachener Weiher und die ganzen Typen mit ihren kleinen Grills von der Tanke.“ Stattdessen viel Platz, um entspannt rumzuliegen. „Es ist halt immer noch Sülz, weißt du? Nur Sülzer Mamis, die den SUV zu Hause haben stehen lassen, mit ihren Birkenstocks rausgehen und ihre Kinder anschreien, sie sollen doch mal BITTE leise sein. Das finde ich total gut.“

Scherz ist Vegetarier – kocht im Gasthaus aber nicht vegetarisch

Und warum gibt es ausgerechnet Zunge? „Weil Zunge und Innereien unser Thema sind – und weil ich das geil finde“, sagt Scherz. In seinem Gasthaus findet sich kein einziges vegetarisches Gericht auf der Karte – obwohl Scherz schon seit Jahren Vegetarier ist. Statt dessen gibt es: Tafelspitzbouillon mit faschiertem Strudel und Grießnockerl, Wiener Schnitzel mit Kartoffel-Gurkensalat oder Bratkartoffeln und Salat, Steirische Schmankerl aus dem Smoker und Gebratenes Herz vom Limousin Rind mit Madeirajus und Selleriepüree.

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Wie kommt es eigentlich, dass er Koch geworden ist? „Ich fand arbeiten schön“, sagt Scherz. Er habe auch mal überlegt, zu studieren. „Aber mein Vater hat immer gesagt: Du bist ein Arbeiterkind, du bleibst ein Arbeiterkind. Und: Was willst du denn?“, erzählt Scherz. „Und ich so: Ja gut, dann geh ich halt arbeiten.“ In Köln arbeitet er erst im Grubers, in der Nähe des Ebertplatzes. Macht 2014 einen eigenen Laden auf der Berrenrather Straße auf. „Es macht halt richtig Laune, sein eigener Chef zu sein“, sagt er. Anfang des Jahres zieht er dann auf die Luxemburger Straße um, weil er mehr Platz braucht. Das bedeutet aber auch mehr Arbeit. Für Scherz kein Problem. „Meine Mom sagt immer, dein Lebensmotte ist halt: Nicht besonders schlau, aber gut drauf“, erzählt er. „Das bringt einen ganz gut durch den Tag in der Gastro.“

Das Gasthaus Scherz, Luxemburger Straße 256, ist Dienstag bis Sonntag von 12 bis 14.30 Uhr und von 18 bis 22.30 Uhr geöffnet. Telefon: 0221- 16929440.

www.scherzrestaurant.de/

Zutaten und Zubereitung

Für drei Personen

Das Baguette:

- 1 Roggenvollkornbaguette

- 10 Fliegergurken (Cornichons, die nicht eingelegt sind)

- 2 Gelbe Beeten (alternativ: Rote Beete)

- 1 Patisson Kürbis (wer keinen Kürbis mag, nimmt Zucchini)

- 1 rote Zwiebel

- 300 Gramm Rinderzunge

- Wurzelgemüse (Karotten, Sellerie etc.)

- Kräuter (nach Belieben)

- Sojasoße (glutenfrei)

- Olivenöl

- Zucker

- Salz

- Pfeffer

- Chiliflocken

Die Mayo:

- 3 gekochte Eier

- 300 Milliliter Rapsöl

- 20 Milliliter Walnussessig (oder einen anderen Essig)

- 1 Löffel grober Senf

- Salz und Pfeffer

- Zucker

- Muskat

- Kräuter (Petersilie, Koriander, Minze)

So sieht Scherz' Baguette aus. Lecker!

Zubereitung

Die Gurken, die Beeten und den Kürbis klein schneiden. Alles in eine Dose und mit Salz, Pfeffer und Chili würzen – Olivenöl und Sojasoße dazu. Dann für ein paar Stunden stehen lassen.

Karotten, Sellerie, Pastinaken oder Wurzelgemüse, auf das man Lust hat, klein schneiden, zusammen mit den Kräutern und der Rinderzunge (die gibt es beim Metzger) in einen Topf geben und bei mittlerer Hitze garen. „Wenn es nicht blubbert, sondern nur so leicht dampft. Dann bist du am Ziel“, witzelt Scherz. Die Rinderzunge ist fertig „ wenn du reinstichst und sie sich weich und zart anfühlt.“ Am Schluss hat man nicht nur wunderbar zartes Fleisch, sondern auch noch eine Rinderbrühe.Wenn Zunge übrig ist, kann die einfach eingefroren werden.

Zwiebeln in der Pfanne anschwitzen und Salz, Pfeffer, Zucker und Essig dazu geben.

Die Zutaten für die Mayo in einen Mixer geben. Durch die gekochten Eier hält sie sich besser. Alles mit Gewürzen und Kräutern nach Belieben abschmecken. Wer kein Koriander mag, kann stattdessen auch andere Kräuter nehmen.

Zunge in dünne Scheiben schneiden. Das Baguette damit und dem Gemüse belegen. Salz, Pfeffer, Chili und Olivenöl drauf. Dann ab in den Park. Mayo erst dort drauf machen.